Österreich verzeichnete letztes Jahr einer der stärksten Anstiege bei den Unternehmensinsolvenzen in Europa. Diese Aufholjagd scheint beendet zu sein. In der aktuellen Insolvenzprognose des Kreditversicherers Acredia und Allianz Trade wird für dieses Jahr ein Anstieg von rund 11 Prozent in Österreich erwartet, das entspricht 5.310 Firmenpleiten. Ein Trend, der sich auch 2024 fortsetzen dürfte, hier gehen die Fachleute von plus vier Prozent aus.
„Das Abbremsen der Insolvenzdynamik deckt sich mit den Signalen, die wir von der Wirtschaft bekommen. Die Lieferkettenproblematik hat sich zuletzt entspannt und die Inflation sinkt langsam. Dennoch rechnen viele Unternehmen mit sinkenden Margen. Besonders die hohen Energiepreise und der enge Finanzmarkt sorgen für Kopfzerbrechen“, erklärt Gudrun Meierschitz, Vorständin bei Acredia.
Bestimmte Branchen in Gefahr
Steigenden Kosten des Wareneinsatzes und der Löhne belasten die Profitabilität der Unternehmen zusätzlich. Besonders gefährdet sind das Bau- und Baunebengewerbe, der Handel sowie die Tourismusbranche.
„Speziell Unternehmen mit hohen Lagerbeständen ächzen unter den Kosten, die durch die Kapitalbindung entstehen. Zudem droht kapitalschwachen Unternehmen angesichts des Marathons bei der Zinswende die Luft auszugehen“, analysiert Gudrun Meierschitz.
Neuerlicher weltweiter Schub
Während die Insolvenzdynamik in Österreich abnimmt, steigt sie weltweit an. Nach einem Plus von 17 Prozent im letzten Jahr, wird für 2023 ein weltweiter Zuwachs von 21 Prozent bei den Firmenpleiten erwartet.
Damit liegt das weltweit prognostizierte Insolvenzniveau 2023 noch unter dem Wert von 2019 (-5 Prozent vs. 2019). Österreich hingegen wird voraussichtlich darüber liegen (+6 Prozent vs. 2019). Nach einem weiteren Schub um plus vier Prozent, im Jahr 2024, sollte sich dann auch das globale Insolvenzgeschehen weitgehend normalisiert haben.
Europa stärker betroffen
In Europa ist der Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen mit rund plus 24 Prozent ausgeprägter als im weltweiten Durchschnitt. Das liegt vor allem an den stark steigenden Zahlen in den Niederlanden (+52 Prozent), Frankreich (+41 Prozent), Irland (+30 Prozent) und Italien (+25 Prozent).
Viele europäische Länder überschreiten das Vorkrisenniveau bereits 2023 deutlich, allen voran Spanien (+75 Prozent gegenüber 2019), Großbritannien (+29 Prozent vs. 2019), Dänemark, Irland und die Schweiz (+18 Prozent vs. 2019) sowie Frankreich (+15 Prozent vs. 2019).
„Österreich steht im europäischen Vergleich gut da. Der Anstieg bei den Firmenpleiten dürfte dieses Jahr niedriger ausfallen als zuletzt. Allerdings hat sich die Insolvenzdynamik inzwischen an das weltweite Geschehen angeglichen. Ein Grund zur Panik ist es nicht – ein Anlass zur Vorsicht und zu einem noch sorgfältigeren Debitoren- und Liquiditätsmanagement allerdings schon“, konstatiert Gudrun Meierschitz abschließend.
Mehr Infos zur Studie finden Sie hier