Die Deutsche Handelskammer in Österreich (DHK) feierte ein besonderes Jubiläum: 50 Jahre Matinee sowie 70 Jahre seit der Wiedergründung der Kammer im Jahr 1955. Der Festredner und Vorstandsvorsitzende der BMW AG forderte, im doppelten Jubiläumsjahr, mehr „Offenheit“ in technologischen Bereichen und gestärkten Innovationsgeist.
Neben seine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender ist Oliver Zipse Honorarprofessor an der TU München und stellvertretender Vorsitzender des Senats der Fraunhofer-Gesellschaft. In seiner Rede sprach er über die wirtschaftliche Verbundenheit zwischen Österreich und Deutschland, die Zukunft der Mobilität und die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit.
Für den Manager, der auch in internationalen Führungsfunktionen in Großbritannien und Südafrika tätig war, sind Technologieoffenheit, Wirtschaftswachstum und freie Märkte Voraussetzungen, um eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung voranzutreiben.
Technologieoffenheit
Obwohl BMW einer der weltweit größten Hersteller vollelektrischer Fahrzeuge ist, warnt Oliver Zipse vor möglichen Trugschlüssen:
„E-Mobilität, als singuläre Technologie, führt in die Sackgasse. Technologieoffenheit ist der einzig ökonomisch sinnvolle Weg bis weit in die 2030er-Jahre hinein. Klimaschutz, Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit müssen Hand in Hand gehen. Dies haben die regierenden Parteien in Österreich und Deutschland, aber auch die EU erkannt. Denn etwas zu verbieten ist leicht. Dabei garantiert ein Verbot noch lange nicht, dass sich etwas zum Besseren verändert.“
Viel wichtiger sei zu hinterfragen, was nötig ist, um definierte Ziele zu erreichen – etwa geringere CO2-Emissionen.
Wachstum für Wohlstand
Immer mehr Menschen stellen die Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums infrage. Für den langjährigen BMW-Manager ist Wirtschaftswachstum dagegen der einzige Garant für Wohlstand, für Steuereinnahmen, soziale Gerechtigkeit und die Finanzierbarkeit unserer Sozial- und Rentensysteme.
Wer Wachstum bremst, bremse auch den technologischen, ökologischen und geopolitischen Fortschritt. Wenn sich Europa bei Schlüsselindustrien abhängen lässt, verliert es auch seine Gestaltungsfreiheit.

„Wir dürfen nicht nur Konsumenten fremder Technologien sein – wir müssen wieder zu Pionieren werden“, erklärt Oliver Zipse.
Gastgeber und DHK Präsident Hans Dieter Pötsch sprach in seiner Rede dieselbe Thematik an:
„Wollen wir ein Kontinent der Innovation und Produktion bleiben – oder Konsummarkt fremder Technologien werden? Europa muss jetzt eine umfassende Transformation gestalten: ökologisch nachhaltig, wirtschaftlich tragfähig und geopolitisch klug. Im Innovationswettbewerb mit den USA und China dürfen wir nicht ins Hintertreffen geraten.“
Der DHK Präsident sprach in diesem Zusammenhang auch von der politischen Instabilität in vielen europäischen Ländern, die immer auch den Zustand der Gesellschaft reflektiere. Für eine positive wirtschaftliche Entwicklung sind aber stabile gesellschaftliche und politische Systeme notwendig. Dafür lohne es sich, tagtäglich Überzeugungsarbeit zu leisten.
Auch der scheidende Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer sprach angesichts der vielen Herausforderungen unserer Zeit davon, „jetzt die Ärmel hochzukrempeln, sich mit Selbstvertrauen auf unser Können und unsere Innovationskraft, unsere Kreativität und unseren Fleiß zu besinnen.“
Kräfte bündeln
Wirtschaftliche Verflechtungen zwischen den Staaten werden immer häufiger als Druckmittel zur Durchsetzung politischer Interessen missbraucht. Das betrifft die Automobilindustrie oft besonders hart.
Laut Oliver Zipse beeinträchtige Protektionismus aber nicht nur das Wirtschaftswachstum, sondern auch die Investitionssicherheit und Innovationskraft. Eine „Jeder-gegen-jeden-Mentalität“ kenne am Ende nur Verlierer. Oliver Zipse spricht sich deshalb für europäische Volkswirtschaften aus, die ihre Kräfte bündeln, „für offenen Handel, stabile Wertschöpfungsketten und eine gemeinsame technologische Souveränität“.
Salzburgs Vizebürgermeister Florian Kreibich lieferte abschließend eindrucksvolle Zahlen zum Handel zwischen Österreich und Deutschland, die für ihn das Ergebnis funktionierender Wirtschaftsbeziehungen sowie der Arbeit von Netzwerken wie die DHK in Österreich sind.