September ist in vielen Wiener Unternehmen Ausbildungsbeginn für neue Lehrlinge. Erfreulich dabei: Heuer gibt es mit 3.948 Lehrlingen im ersten Lehrjahr um knapp 10% mehr Lehranfänger in den Unternehmen als zum selben Zeitpunkt 2021. Wien ist damit wieder auf dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019.
„Dass die Wiener Betriebe trotz der schwierigen letzten Jahre und ungeachtet der vielen wirtschaftlichen Unsicherheiten an der Nachwuchsausbildung festhalten, stimmt zuversichtlich. Gute Mitarbeiter:innen mit einer fundierten fachlichen Ausbildung sind und bleiben das wertvollste Potenzial für jedes Unternehmen – etwa im Handel, wo Kompetenz und Auftreten der Mitarbeiter:innen den Eindruck bei den Kunden entscheidend prägen“, sagt Margarete Gumprecht, Obfrau des Wiener Handels.
Die meisten Lehranfänger gibt es im Gewerbe und Handwerk (1.277), gefolgt vom Handel (832). Gestiegen ist auch die Gesamtzahl der Lehrlinge: In allen Lehrjahren und Branchen bilden Wiens Betriebe derzeit 12.306 Nachwuchskräfte aus, das sind um 1,7% mehr als vor einem Jahr und ein Anstieg von 2% gegenüber 2019.
Erwachsenen-Stipendium gefordert
Ausbildungsarbeit ist der wirksamste Weg, um den steigenden Fachkräftebedarf decken zu können. Praktisch alle Branchen klagen schon jetzt über Fachkräftemangel, eine weitere Verschärfung wird befürchtet. Umso wichtiger ist es, die Lehre weiter zu stärken, betont Gumprecht. „Die Lehre muss attraktiver werden für Jugendliche, aber auch für die Betriebe. Sie muss als attraktiver Berufseinstieg wahrgenommen werden, der tolle Karrierechancen eröffnet – und nicht als letzte Option bei der Wahl der Ausbildung.“
Um die Lehre auch für Berufsumsteiger oder Ältere interessanter zu machen, fordert die Wirtschaftskammer Wien ein Stipendium für Erwachsene, die erstmals eine Lehre beginnen. Damit könnten ältere Lehrlinge weiter finanziell auf eigenen Beinen stehen. Das normale Lehrlingsgehalt ist dafür nicht konzipiert. Konkret soll das Lehrlingsgehalt auf das Mindestkollektivvertragsentgelt der jeweiligen Branche aufgestockt werden – finanziert aus den Mitteln des Fachkräftestipendiums.
Anreize setzen
Auch für die Betriebe müssen weitere Anreize gesetzt werden, Lehrlinge auszubilden. Die Wirtschaftskammer Wien macht sich einerseits für eine Refundierung der Kommunalsteuer auf Lehrverhältnisse stark. Andererseits muss auch die Bürokratie im Zusammenhang mit Lehrverhältnissen reduziert werden, etwa durch eine Vereinfachung der Auflösungsbestimmungen, die gerade kleine und mittlere Unternehmen als formalistisch und kompliziert empfinden. Weiters sollen Lehrverhältnisse für statistische Meldepflichten, die ab einer bestimmten Beschäftigtenzahl schlagend werden, nicht berücksichtigt werden.