Reindustrialisierung als strategischer Fokus westlicher Unternehmen

Mehr als 50% der Betriebe haben Teile ihrer Produktion ins Inland oder in nahegelegene Länder verlagert.
© Capgemini / Wael Magdy
Reindustrialisierung als strategischer Fokus westlicher Unternehmen
Aiman Ezzat, Chief Executive Officer (CEO) von Capgemini.

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Große Unternehmen in den USA und Europa schärfen derzeit mit Nachdruck ihre Strategien zur Reindustrialisierung. Die Umgestaltung globaler Lieferketten und Produktionskapazitäten, einschließlich einem Zurückholen beziehungsweise „Nearshoring“ der Produktion sowie Diversifizierung, spielt dabei eine wichtigere strategische Rolle als kurzfristige Rentabilität.

© Capgemini Research Institute 2025

Fast 60 Prozent der globalen Führungskräfte wollen ihre Bemühungen trotz höherer Kosten fortsetzen und die meisten Unternehmen (65 %) reduzieren ihre Abhängigkeit von chinesischen Produkten. Stattdessen planen sie, in den nächsten drei Jahren in „Friendshoring“ zu investieren, um die Risiken in ihren Lieferketten zu reduzieren.

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„Nach Jahrzehnten der Globalisierung erleben wir derzeit eine Phase der Reindustrialisierung. Unternehmen reduzieren Risiken und diversifizieren ihre Produktion wie auch Lieferketten durch ein „Friendshoring“, um wieder näher an die Absatzmärkte zu kommen. Die Komplexität und Kosten, die mit der Neuorganisation von Lieferketten verbunden sind, werden dabei nicht unterschätzt. Unternehmen tätigen die Investitionen jedoch, um besser auf das unvorhersehbare makroökonomische Umfeld zu reagieren und um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Einen Vorteil bietet dabei die Nutzung moderner Technologie. In einer sich verändernden globalen Landschaft ist die regionale Zusammenarbeit mit Lieferanten, Technologieanbietern und politischen Entscheidungsträgern zentral für den Aufbau eines widerstandsfähigen, adaptierbaren Produktionsökosystems“, erörtert Aiman Ezzat, Chief Executive Officer (CEO) von Capgemini.

Zölle und Druck auf Lieferketten forcieren Reindustrialisierung

Laut der Studie des Capgemini Research Institute, „The Resurgence of Manufacturing: Reindustrialization Strategies in Europe and the US“, die im Jänner 2025 durchgeführt wurde, bringen die Marktturbulenzen große europäische und US-amerikanische Unternehmen dazu, ihre Pläne zur Diversifizierung ihrer Produktion und Lieferketten schneller umzusetzen: Zwei Drittel verfolgen aktiv eine Strategie zur Reindustrialisierung oder erstellen diese gerade – gegenüber 59 Prozent im Jahr 2024.

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Als Haupttreiber der Reindustrialisierung werden die Resilienz der Lieferkette, geopolitische Risiken und der Wunsch, näher bei den Kunden zu sein, genannt. Den Druck auf die Lieferkette gibt dabei die überwältigende Mehrheit (95 %) der Führungskräfte als Grund an, ein signifikanter Anstieg gegenüber 69 Prozent im Jahr 2024. Der Wunsch, näher bei den Kunden zu sein, wird erstmals genannt und belegt den zweiten Platz (92 %).

Steigende Zölle verschärfen die Herausforderungen in der Lieferkette weiter, was 93 Prozent der Führungskräfte veranlasst, Bedenken hinsichtlich ihrer Auswirkungen zu äußern. Unternehmen betrachten eine Reindustrialisierung zunehmend als strategische Antwort auf die geopolitischen Entwicklungen – insbesondere gilt das für die Herstellung von Batterien beziehungsweise Energiespeichern, Automobilen und Telekommunikation – wobei mehr als die Hälfte der Führungskräfte über alle Länder hinweg angibt, dass Zölle ihre Bemühungen um Reshoring und Reindustrialisierung beschleunigen.

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Führungskräfte sind sich der Komplexität und der Kosten der Reindustrialisierung bewusst. Mehr als sechs von zehn (62 %) erwarten in den nächsten drei Jahren steigende Kapitalkosten. Gleichzeitig gehen aber die Hälfte innerhalb desselben Zeitraums dank mehr Nähe zu den Kunden von sinkenden Logistik- und Lieferkettenkosten aus. Fast zwei Drittel sehen die inländische Verfügbarkeit von Fachkräften als Herausforderung – damit ist gegenüber 2024 keine Verbesserung eingetreten.

Nearshore- und Friendshore-Produktion

Über das vergangene Jahr hinweg haben Unternehmen aus verschiedenen Branchen ihre Strategie zur Verlagerung ihrer Produktion und Lieferkette intensiviert, wobei mehr als die Hälfte (56 %) entweder Nearshoring betrieben oder Reshoring und Nearshoring ihrer Produktion kombiniert haben.

Im vergangenen Jahr lag der Wert noch bei 42 Prozent. Dieser Trend wird voraussichtlich anhalten. In den nächsten drei Jahren soll Onshore-Produktion 48 Prozent (plus 7 Prozentpunkte) der gesamten Produktionskapazität ausmachen, 24 Prozent (plus 2 Prozentpunkte) der gesamten Produktion würde „Nearshore“ stattfinden.

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Laut der Studie des Capgemini Research Instituts wird „Friendshoring“, also die Produktion beziehungsweise die Beschaffung aus Ländern, die als politisch oder wirtschaftlich befreundet gelten, für die meisten Organisationen (73 %) eine wichtige Option sein.

Diese Form soll in den nächsten drei Jahren 41 Prozent der gesamten Produktionskapazität ausmachen, gegenüber 37 Prozent im Jahr 2024. Mehr als acht von zehn (82 %) Führungskräften planen dabei, die Abhängigkeit der Lieferkette von China zu reduzieren, ein signifikanter Anstieg gegenüber 58 Prozent im Jahr 2024. Die befragten Organisationen wollen Beschaffung und Produktion stattdessen eher nach Nordamerika, Großbritannien, Mexiko, Vietnam, Indien und Nordafrika verlagern.

Moderne Technik beschleunigt Reindustrialisierung, fördert Innovation und senkt Kosten

Die meisten Unternehmen (62 %) konzentrieren sich darauf, ihre Produktionsstätten mit intelligenter und fortschrittlicher Technologie aufzurüsten. Mehr als die Hälfte von ihnen hat dadurch im Zuge ihrer Bemühungen zur Reindustrialisierung über 20 Prozent an Kosteneinsparungen realisiert.

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Eine große Mehrheit (84 %) plant weiter in fortschrittliche Fertigungstechnologien zu investieren, um die Kosten noch stärker zu senken.

Mehr als sechs von zehn Unternehmen wollen die Reindustrialisierung in den nächsten drei Jahren mithilfe von KI, maschinellem Lernen sowie Daten und Analytik vorantreiben. Ebenso spielen aufkommende Technologien wie Gen AI und 5G/Edge Computing, Blockchain und digitale Zwillinge sowie nicht zuletzt auch Quantentechnologien eine Rolle.

Die Befragten konstatieren der Reindustrialisierung einen positiven Effekt in Sachen Nachhaltigkeit. Fast drei Viertel (73 %) der Unternehmen erwarten, dass der Wandel hin zu nachhaltigen und umweltfreundlichen Produktionsprozessen verstärkt wird, ein signifikanter Anstieg gegenüber 56 Prozent im Jahr 2024.

Nähere Informationen zur vollständigen Studie finden Sie hier.

https://www.capgemini.com

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