Im Frühjahr 2020 hatte noch jeder gehofft, dass es bei einer Viruswelle bleiben wird und die damit verbundenen Einschränkungen nur von kurzer Dauer sein werden. Etwas mehr als ein Jahr später ist die Ausnahmesituation leider zum Alltag geworden.
Am Beispiel der BE-WO Wohnbau- und Grundstücksverwertungsgesellschaft mbH erläuterte Geschäftsführer Andreas Mairitsch, wie sehr sich die letzten Monate auf das Verhalten der Kunden ausgewirkt haben. „Der Trend, dass Immobilien bei Investoren als sichere Kapitalanlage gesehen werden, ist nach wie vor ungebrochen und im Bereich Eigenheim verlagert sich der Trend momentan stark an den Stadtrand oder noch weiter raus ins Grüne. Trotz Pandemie dürfen wir Themen wie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung nicht vergessen. Das Pariser Klimaabkommen hat nach wie vor Gültigkeit – und das gilt es, umzusetzen.“
Der Bau als Motor der Wirtschaft
Aus der Sicht der Landesinnung Bau Steiermark stellte Landesinnungsmeister Alexander Pongratz Überlegungen dazu an, wie sich der Bau seit dem Frühjahr 2020 entwickelt hat. „Ziemlich genau vor einem Jahr sind wir am Bau von einer Hochkonjunktur direkt mit Vollbremsung in den Stillstand gekommen. Dank der Sozialpartner konnten wir das aber einigermaßen gut abfangen“, so Pongratz. „Womit wir allerdings weiterhin kämpfen, ist der Fachkräftemangel. Wir bekommen kaum gute Mitarbeiter, die aber dringend gebraucht werden.“
Als Gastronomin und Geschäftsführerin des renommierten Steirerecks kommt Birgit Reitbauer aus einer Branche, die von der Pandemie besonders hart getroffen wurde: „Die Krise hat uns aufgezeigt, dass wir in der heimischen Gastronomie viel selbstbewusster werden müssen. Unsere Arbeit hat einen Wert und ist vor allem viel wert!“
Dennoch war es für die Gastronomin aus Überzeugung und ihren Mann keine Option, den Kopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil, es wurden große Pläne geschmiedet und in die Tat umgesetzt: Am Pogusch wachsen derzeit vier einmalige Baumhäuser, die ebenso energieautark sein werden wie in Zukunft der gesamte Betrieb. „Die sogenannten Berts freuen sich auf ihre ersten Nächtigungsgäste!“
Recycling von Beton beschleunigt die Kreislaufwirtschaft
In einem aktuellen Bericht hat die Altstoff Recycling Austria (ARA) die wichtigsten „Stellhebel“ zur Förderung geschlossener Kreisläufe aufgelistet: den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, forciertes Recycling, die Wiederverwendung von Bauten und Baustoffen bei Infrastruktur-Erhaltungsmaßnahmen sowie eine deutliche Verbesserung des Recyclings in den Herkunftsländern. Damit ließe sich die Zirkularität der heimischen Volkswirtschaft auf mehr als 37 Prozent vervierfachen. Dies zeigt die Bedeutung des Bau- und Infrastrukturbereichs für das Recycling und für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft deutlich auf.
Für den Baustoff Beton gibt es eine beinahe 100%-ige Kreislaufwirtschaft. In Österreich fallen jährlich rund drei Millionen Tonnen Altbeton an. Davon werden bereits mehr als 97 Prozent stofflich wiederverwertet. Altbeton ist ein begehrter Rohstoff und wird für lose Schüttungen im Unterbau eingesetzt und aufgearbeitet für die Herstellung von neuem Beton verwendet, mit dem Vorteil, primäre Rohstoffe wie Kies, Sande etc. einsparen zu können. Um eine perfekte Kreislaufwirtschaft im Bereich Beton zu erzielen, ist eine Verwendung von Altbeton ausschließlich für die Herstellung von neuem Beton, Recyclingbeton, anzustreben.
Vertreter der Betonwirtschaft beziffern das Einsparungspotenzial an natürlichen Rohstoffen durch die Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen im Beton mit zehn bis 15 Prozent. Erhöht werden könnte diese Quote, wenn mehr qualitativ hochwertiges Recycling-Material zur Verfügung stehen würde. Die heimische Betonbranche hat in den letzten Jahren bereits zahlreiche Maßnahmen zur Förderung von kreislauffähigem Bauen gesetzt: Fortschritte gab es vor allem bei der Weiterentwicklung der Betonrezepturen sowie in der technischen Entwicklung der Nassaufbereitung von rezyklierten Materialien. Dank dieser Innovationen ist rezykliertes Material als Ersatz für natürliche Gesteinskörnungen heute in der gleichen Qualität verfügbar wie Naturmaterialien. Die Aufbereitung des Materials erfolgt selten direkt auf der Baustelle, sondern aufgrund des erforderlichen Aufwandes häufiger in zentralen Aufbereitungsanlagen, die sich auf die Herstellung von Recycling-Gesteinskörnungen für Beton spezialisiert haben.
100 Prozent Qualität bei null Prozent Abfall
Ungeachtet der Fortschritte in der Baustoffbranche gibt es Nachholbedarf aufseiten öffentlicher wie privater Auftraggeber sowie Infrastruktur-Betreiber. „Gerade bei öffentlichen Ausschreibungen wäre es ein Leichtes, den Einsatz von Recycling-Material durch konkrete Fördermaßnahmen zu forcieren“, meint etwa Franz Denk, Geschäftsführer von Wopfinger Transportbeton, einem Recycling-Pionier der ersten Stunde. Als Vorbild nennt Denk das Schweizer System, das zwar kantonsweise Abstufungen kennt, jedoch die Kreislauffähigkeit der verwendeten Materialien in Ausschreibungen fix integriert hat. Als Vertreter eines Baustoffunternehmens, das sich auf den fach- und umweltgerechten Einsatz von Baurestmassen spezialisiert hat, wünsche er sich mehr Offenheit für neue Technologien und eine höhere Umsetzungsgeschwindigkeit in der Bauwirtschaft. „Um zirkuläres Bauen in Österreich voranzubringen, müssen wir Recyclingbeton in den Köpfen und Herzen von Bauträgern besser verankern“, ist Denk überzeugt.
Seit 2018 ist in Österreich eine neue Betonnorm in Kraft, mit der eine EU-Norm als Grundlage für den Ausbau kreislauffähiger Bauweisen umgesetzt wird. Sie bietet die Möglichkeit, aufbereiteten „Altbeton“ im Hoch- und Tiefbau zu verwenden. „Je sortenreiner das aufgebrochene Baumaterial, umso größer ist das Einsparungspotenzial an natürlicher Gesteinskörnung und umso höherwertiger der Recyclingbeton“, erläutert Christoph Ressler, Geschäftsführer des Güteverbandes Transportbeton (GVTB). Die neuen technischen Möglichkeiten für den Einsatz eines jahrhundertealten, bewährten Baustoffes sind daher so vielfältig wie noch nie zuvor. Dank neuester Verfahren bei der Materialaufbereitung können Störstoffe bei rezyklierten Gesteinskörnungen besser entfernt und damit höhere Qualitäten von Beton produziert werden. Die Verwendung von Recyclingbeton ist nicht auf die Anwendung im Innenbereich beschränkt. Auch im Außenbereich kann dieser Baustoff eingesetzt werden, wenn die verwendete rezyklierte Gesteinskörnung eine entsprechende Qualität aufweist.
Aktuelle Beispiele für zirkuläres Bauen mit Recyclingbeton
1) Wohnprojekt am Wienerberg (Wien-Favoriten): Das Gebäude des ehemaligen Coca-Cola-Werkes im zehnten Wiener Gemeindebezirk wurde rückgebaut, statt eines kompletten Abrisses wurden wesentliche Teile für den Neubau des Biotope City Quartiers an gleicher Stelle wiederverwertet. Insgesamt integrierten die beteiligten Firmen 30.000 m³ Sekundärmaterial beim Bau. Davon wurden anteilig 16.000 m³ Baumaterial gebrochen, gesiebt, klassifiziert und wiederverwendet, um Schüttmaterial und Gesteinskörnung für neuen Beton zu gewinnen.
2) Neue Volksschule in Anif (Salzburg): Bereits im Herbst vergangenen Jahres wurde das mehr als 50 Jahre alte Schulgebäude in Anif abgerissen. Dabei wurden – neben dem Holzdachstuhl – erstmals 1.600 Tonnen Beton für das Recycling-Projekt der Salzburg Wohnbau gewonnen. Die neue Volksschule wird neben einer Turnhalle auch ein überdachtes Freideck erhalten, welches das „Lernen im grünen Klassenzimmer“ ermöglicht. Weiters läuft bei Salzburg Wohnbau ein Forschungsprojekt zum Thema „Erhöhung der Recyclingquote bei Abbruchmaterial“ mit Schwerpunkt auf Recyclingbeton. Kooperationspartner sind dabei die Universität Salzburg, die Fachhochschule Salzburg, Deisl-Beton, Steiner-Bau sowie die Bautechnische Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg. Ziel ist es, bei Neubauten einen Anteil von Recyclingbeton bis 70 Prozent zu ermöglichen.
3) Wohnprojekt des Vereins GeWoZu in Waidhofen an der Ybbs (NÖ): Nicht nebeneinander, sondern gemeinsam und generationenübergreifend unter einem Dach leben – das ist die Grundidee des Wohnprojekts des Vereins GeWoZu (Gemeinschaftliches Wohnen – die Zukunft), dem sich zwölf Parteien verschrieben haben. Um bei diesem gemeinschaftlichen Wohnprojekt leistbaren und nachhaltigen Wohnraum zu schaffen, verlangte der Bauherr dezidiert nachhaltige Baumaterialien. Bei einem Gesamtvolumen von über 650 m3 Beton wurden ca. 250 m3 Recyclingbeton „Ökobeton“ von Wopfinger verbaut, sprich überall dort, wo es bautechnisch möglich war.
Bauchemie: Rohstoffengpässe bereiten Sorge
Aktuell verzeichnet die Bauchemie drastische Preiserhöhungen bei vielen Rohstoffen, die für die Herstellung von bauchemischen Produkten notwendig sind. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits bleiben viele Produkte in Asien, wo der konjunkturelle Aufschwung nach dem Corona-Schock als erstes eingesetzt hat. Andererseits kommt es aufgrund von mehreren Force Majeur Meldungen (Höhere Gewalt) einiger Schlüsselrohstoffhersteller für Kunstharzprodukte zu einer massiven Verknappung der Versorgungslage in ganz Europa. Speziell Epoxidharz-Produkte, aber auch andere Kunstharze sind davon betroffen. Mittlerweile sind nur noch Grundmengen von weniger als 30 Prozent des üblichen Volumens in Europa verfügbar. Teilweise kommt es bereits zu Totalausfällen in der Rohstoffverfügbarkeit und damit zu drastisch verlängerten Lieferzeiten oder gar Stornierungen. Erschwerend kommt hinzu, dass mittlerweile auch andere petro-basierte Grundstoffe nicht mehr lieferbar sind.
Die Unternehmen der Bauchemie sind dazu gezwungen, die extremen Steigerungen der Rohstoffpreise zu akzeptieren, denn die Lieferfähigkeit ihrer Produkte hat für sie oberste Priorität. Beim wichtigsten Rohstoff für die Bitumenemulsionsproduktion, dem Straßenbaubitumen, hat sich der Einkaufspreis um ca. 50 Prozent erhöht! Gleichzeitig war in den letzten Wochen die Verfügbarkeit nicht immer gegeben. Auch wichtige Zuschlagstoffe wie Polymere, Latex und Emulgatoren sind nicht immer kurzfristig verfügbar und aufgrund von Verknappungen ebenso einer Kostensteigerung unterworfen. Diese Produkte müssen im Augenblick frühzeitig einkauft werden, womit sich zusätzliche Lagerkosten ergeben. Neben den Unsicherheiten bei der Versorgung durch Lieferanten, ist auch das Risiko für Betriebsunterbrechungen bis hin zum kompletten Betriebsstillstand aufgrund von Corona-Infektionen, enorm. Sämtliche genannte Faktoren haben Auswirkungen auf die Preisgestaltung für das Endprodukt Bitumenemulsion.
Probleme bei Logistik und Verpackungsmaterialien
Die Lage wird außerdem durch starke Turbulenzen in internationalen Lieferketten verschärft. Bedingt durch den gestiegenen Onlinehandel und die hohe Nachfrage nach Hygieneartikeln aus Asien, sind große Mengen an Seecontainern belegt. Auch die verlangsamten Warenströme durch den Brexit wirken sich auf die Verfügbarkeit von Containern sowie Paletten aus. Europäische Produzenten berichten, dass die Containerpreise zwischen Asien und Europa seit Ende 2020 um mehr als das Doppelte angestiegen sind, was die Margen bis zur Unwirtschaftlichkeit schrumpfen lässt.
Dazu kommen noch Preissteigerungen bei den Verpackungsmaterialien:
Einerseits sind Kunststoffe aufgrund von Engpässen Mangelware – hier sind ausbleibende Importe aus den USA und Saudi-Arabien der Grund. Auch die gestiegene Nachfrage nach Verpackungen aus Hygienegründen in der Coronakrise bewirkt eine Verknappung von Kunststoffen. Andererseits erlebt die Stahlindustrie momentan aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach dem dramatischen Einbruch infolge der Pandemie eine Sonderkonjunktur. Die Branche kommt mit der Produktion gar nicht hinterher. Auch wenn hier mit einer Entspannung bis zum Sommer gerechnet werden kann, müssen Hersteller, die ihre Produkte in Stahlblechgebinden verkaufen, aktuell mit sehr hohen Preisen kämpfen.
Ein Ende der weltweiten Rohstoffverknappung ist noch nicht absehbar. Europäische Fachleute sprechen sogar von einer prekären Rohstoffsituation, wie sie in jüngerer Geschichte noch nicht dagewesenen war. Es wird erwartet, dass sich die Versorgungslage über den Sommer noch zuspitzen wird. Viele Produzenten der Bauchemie sind gezwungen, trotz Ausschöpfen aller Rationalisierungspotentiale, die Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben. Den Unternehmen ist unter den gegebenen Umständen die Abgabe von verbindlichen Preis- oder Terminangeboten im Rahmen eines üblichen, die kaufmännische Sorgfalt wahrenden unternehmerischen Risikos daher faktisch unmöglich …