Größte Volkswirtschaft Europas zwischen Besorgnis und Optimismus

SAFE-Analyse belegt zunehmende Vorsicht bei Führungskräften aufgrund globaler Handelskonflikte.
© Uwe Dettmar
Größte Volkswirtschaft Europas zwischen Besorgnis und Optimismus
Florian Heider, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE.

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Seit dem Höchststand des SAFE-Index im März, der durch die Erwartung einer neu gebildeten und stabilen deutschen Regierung ausgelöst wurde, zeigen die Aussagen der Führungskräfte angesichts der angekündigten Zölle, der Handelskonflikte und der anhaltenden globalen Unsicherheit einen zurückhaltenden, defensiven aber auch teilweise optimistischen Ausblick.

„Aufgrund geopolitischer Spannungen und einer unberechenbaren Handelspolitik nehmen die Unternehmen eine vorsichtigere Haltung ein. Was wir beobachten, ist nicht nur eine vorübergehende Besorgnis, sondern ein breiteres, branchenübergreifendes Zögern“, analysiert Florian Heider, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE.

SAFE-Index zur Manager-Stimmung

Der SAFE-Index zur Manager-Stimmung (SAFE Manager Sentiment Index) misst monatlich, wie optimistisch oder pessimistisch sich Führungskräfte von börsennotierten Unternehmen in Deutschland äußern.

Entwickelt von Alexander Hillert und seinem Team am Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE, basiert der Index auf einer automatisierten Textanalyse, die positive und negative Aussagen in Geschäftsberichten und Analystenkonferenzen (Veranstaltungen, bei denen Unternehmen ihre aktuellen Geschäftszahlen und -entwicklungen an Analysten präsentieren – Anm. d. Red.) auswertet. Der Index bietet wertvolle Einblicke in die Investitionsbereitschaft sowie mögliche Trends bei Aktienrenditen.

Unsicherheit und Positivismus

Im Juni sank der SAFE-Index zur Manager-Stimmung von +0,26 auf -0,08 Punkte. Dieser Abschwung, in den knapp negativen Bereich, deutet auf eine Abkühlung des Optimismus unter den Führungskräften der in Deutschland gelisteten Unternehmen.

Größte Volkswirtschaft Europas zwischen Besorgnis und Optimismus
Die Grafik zeigt den Verlauf des SAFE-Indexes. Im Juni liegt der Wert bei -0.08 Punkten.
© Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE

Der Rückgang ist in erster Linie auf einen vorsichtigeren Ton in den Analystenkonferenzen zurückzuführen. Der auf deren Analyse basierende Teilindex fiel von 1,42 auf 0,85 Punkte. Im Gegensatz dazu blieb die Stimmung in den Finanzberichten weitgehend stabil und bewegte sich nur leicht von -1,01 auf -0,98 Punkte. Im Gegensatz zu Finanzberichten, die sich hauptsächlich auf die vergangenen Ergebnisse der Unternehmen konzentrieren, nutzen Führungskräfte die Analystenkonferenzen, um ihre Erwartungen hinsichtlich der künftigen Geschäfts- und Wirtschaftsbedingungen mitzuteilen.

Der angeschlagene Ton in diesen Konferenzen deutet also auf einen vorsichtigen Optimismus für die kommenden Monate hin.

Gemischte Signale aus der Unternehmenskommunikation

Ein genauerer Blick auf die Analystenkonferenzen von März bis Mai zeigt ein gemischtes Bild. Negative Begriffe wie „negative Auswirkungen“, „rückläufige Umsätze“ und „schwieriger Markt“ deuten auf weit verbreitete Sorgen über die Geschäftslage hin.

Gleichzeitig sind auch positive Ausdrücke wie „starkes Wachstum“, „positive Auswirkungen“ und „profitables Wachstum“ verbreitet, was darauf hindeutet, dass viele Unternehmen nach wie vor solide Ergebnisse und Wachstumschancen sehen. So argumentierte eine Führungskraft: 

„Nach einem starken Start in das Jahr und trotz der aktuellen geopolitischen Entwicklung und der anhaltenden Debatte über die US-Zölle bestätigen wir unsere Prognose für das Geschäftsjahr ’25, […]“

„Unsere Daten zeigen, dass die Unternehmen, selbst wenn sie solide Zahlen melden, oft im gleichen Atemzug auf Volatilität und makroökonomische Risiken hinweisen“, erörtert Alexander Hillert, Professor für Data Science und Finance des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE.

Unsicherheit bleibt ein dominantes Thema. Die Führungskräfte benutzen häufig die Begriffe „Marktvolatilität“, „schwer vorherzusagen“ und „große Unsicherheit“. Im Vergleich zu den vorherigen Analystenkonferenzen haben die Nennungen von „rückläufigen Erträgen“, „Dollarschwäche“ und „makroökonomischer Unsicherheit“ zugenommen. Die Stimmung ist jedoch nicht durchgängig negativ. Die zunehmende Verwendung von Begriffen wie „starke Zahlen“ und „Einführung von Innovationen“ deutet darauf hin, dass sich einige Unternehmen erfolgreich in diesem Umfeld bewegen.

Eine Führungskraft aus dem Agrarsektor erklärt vor den Analysten:

„Trotz der schwächeren Nachfrage konnten wir unsere Preissetzungsmacht halten, was erneut die Stärke unseres Geschäftsmodells inmitten eines schwächeren Agrarzyklus unter Beweis stellt.“

Damit halten sich Optimismus und Besorgnis die Waage, während das Maß an Unsicherheit weiterhin einen eher fragilen Ausblick signalisiert.

https://safe-frankfurt.de

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