Warum Exzellent Leadership nur mit Fokus auf Sicherheit, Gesundheit und Umwelt möglich ist

Ein Gastbeitrag von Herbert Willerth, Leiter der Lehrveranstaltung „World Class Safety Culture & Leadership" an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz.
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Warum Exzellent Leadership nur mit Fokus auf Sicherheit, Gesundheit und Umwelt möglich ist Herbert Willerth World Class Safety Culture & Leadership Johannes Kepler Universität JKU Linz
Herbert Willerth, Leiter Lehrveranstaltung

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Wenn man mich fragt, was ich als wichtigste Erkenntnis aus meiner über 40-jährigen beruflichen Laufbahn präsentieren würde, dann wohl folgendes:

Sicherheit, Gesundheit und Umwelt (HSE) sind weder die Kür noch ein unnötiges Übel, das man stiefkindlich behandeln darf oder das nur Aufmerksamkeit bekommt, wenn ein Unternehmen sein Image aufpolieren will (Stichwort Greenwashing). Ganz im Gegenteil: Sicherheit, Gesundheit und Umwelt bilden das Fundament eines Unternehmens und müssen daher im Fokus von Top-Leadern stehen.

Sie beeinflussen die Unternehmenskultur im besten Sinn und bilden ein Fundament für Exzellenz („Foundation for Excellence“). Ihre Abwesenheit würde das „Haus“, das darauf gebaut wird, sehr instabil machen – mit der Gefahr, einzustürzen.

Im Umkehrschluss kann man sagen: Ein starker Fokus auf diese drei Faktoren ist die Voraussetzung für den Erfolg eines Unternehmens – auch im Erreichen seiner Nachhaltigkeitsziele.

Warum, wie und was?

Zu zeigen, warum der Fokus auf HSE erfolgsversprechend ist, wie es Top-Leader schaffen, einen solchen herzustellen und mit welchen Tools, Methoden und Verhaltensänderungen das möglich ist, ist das Thema meines im September erscheinenden Buches und auch der laufenden Lehrveranstaltungen an der JKU in Linz.

Es ist voll mit Beispielen aus meiner eigenen Praxis als Leader, die ich anhand entsprechender Theorien und wissenschaftlicher Erkenntnisse hinterfragt und untermauert habe.

Wichtige Elemente sind:

Schaffen eines starken Teamgefühls

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„Jede/r muss sich verantwortlich fühlen und auch auf seine Kollegen achtgeben.”

Eine Reduktion von Unfällen schafft ein Unternehmen nur, wenn ALLE mitmachen. Jede/r muss sich verantwortlich fühlen und auch auf seine Kollegen achtgeben. Das führt zu einem Teamgefühl und hilft zu erkennen, dass für den Erfolg eines Teamziels alle verantwortlich sind. Es wird außerdem selbst für notorische „Ich-mach-nie-mit“-Hardliner schwer zu argumentieren sein, warum er/sie nicht beim Bestreben mitmachen soll, auf die Sicherheit seine Kollegen: innen zu achten. Es ist die gemeinsame Verpflichtung, getragen von der Unternehmensführung „wenn eine Arbeit nicht sicher durchgeführt werden kann dann suchen wir einen anderen, sichereren Weg, um die Arbeit zu erledigen“.

Die völlig neue Fehlerkultur

Dieser Safety-Fokus führt auch zu einer völlig neuen und für die meisten ungewohnten Fehlerkultur: Einer der unabdingbaren Eckpfeiler sind die „Near-Miss Reports“. Es muss jede Abweichung, ob unsichere Handlungen oder unsichere Kondition, aufgezeigt werden, um eine rasche Verbesserung zu erzielen und Gefahrenpotentiale zu eliminieren.  

In viel zu vielen Unternehmen sind die Begriffe „Lessons Learned Kultur“ oder „Best Practice Sharing“ zwar bekannt, sehr erwünscht, aber nicht eingeführt oder professionell umgesetzt.

Eine neue Form der Zusammenarbeit des Vorgesetzten mit den MitarbeiterInnen

Spätestens in einem ambitioniert aufgesetzten Safety Projekt scheitern jene Vorgesetzten, die meinen, alles selbst unter Kontrolle haben zu wollen/können oder diejenigen, die meinen, dass am besten immer noch die gute alte Anweisungs- und Befehlsausgabe-Kultur funktioniert. Unfälle können an allen Ecken im Unternehmen zu jeder Zeit geschehen. Die einzige Möglichkeit dies zu verhindern, ist die Übertragung der Verantwortung und Kompetenz auf jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter im Sinne „We take care of each other“.

Begriffe wie „Backstage Leadership“ oder „Die Führungskraft als Coach“ entwickeln sich in diesem Zusammenhang von erträumten Schlagworten zum gelebten Alltag.  

Ein weiteres wichtiges Element ist auch die so genannte „Kontakt Tour

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Bei einem „Besuch” am Arbeitsplatz kann man ein Gefühl für die Probleme vor Ort bekommen.

Die Vorgesetzten verpflichten sich in regelmäßigen Abständen MitarbeiterInnen am Arbeitsplatz zu „besuchen“ und durch entsprechende Fragetechniken ein Gefühl für die Probleme vor Ort zu bekommen. Hauptziel ist es, Denkprozesse bei den Beschäftigten auszulösen, die zu Verbesserungen im Bereich „Sicheres Handeln“ und zur Reduktion von Gefahrenpotential am Arbeitsplatz führen sollen.

Ich habe oft beobachtet, wie mittelmäßige Unternehmen zu den besten wurden – allein durch die Änderung des Fokus auf HSE. Leider gibt es jedoch auch negative Beispiele von Top Unternehmen, die ihren Fokus und somit Performance verloren haben und am Ende aufgespaltet wurden und vom Markt verschwunden sind.

Diese Erfahrungen, die ich in den letzten vier Jahrzehnten in den verschiedensten Positionen machen durfte, sind auch ein Produkt der Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen – von Österreich über die meisten europäischen Länder bis in den Mittleren Osten und Asien.

Apropos Lockdown: Meine Evaluierungen haben ebenso ergeben, dass sich Unternehmen mit einem starken Gesundheits- und Sicherheitsmanagement auch in Pandemie-Zeiten resilienter zeigen. Sie können sich schneller auf Maßnahmen einigen und diese auch konsequent und diszipliniert umsetzen, jeder fühlt sich involviert und gut informiert. Eine Unternehmenskultur, die auf Gesundheit und Sicherheit fußt, zeigt auch in solch einer Situation Vorteile.

Leider findet man bei kritischer Betrachtung noch immer unzulängliche Managementpraktiken in den Bereichen Arbeitssicherheit, Gesundheits- und Umweltmanagement. Es ist anscheinend einigen Entscheidungsträger:innen nach wie vor nicht bewusst, welches Potential verloren geht, wenn sie keine umfassende HSE-Philosophie verfolgen, die von allen Mitarbeiter:innen mitgetragen wird. Dieses Versäumnis bedeutet einen zunehmend größer werdenden Wettbewerbsnachteil gegenüber Firmen, die Gesundheit, Sicherheit und Umwelt fest in ihrer DNA verankert haben.

Positive Auswirkungen exzellenter Unternehmenskultur

Exzellente Leader müssen in der Lage sein „Safety Mindsets“ zu implementieren und durch den Fokus auf HSE eine Kulturänderung im positiven Sinne zu bewirken. Diese Verhaltensänderung wird sich auch förderlich auf das Vertrauen zwischen MitarbeiterInnen und Management auswirken. Mitarbeiterzufriedenheit und Motivation steigen.

Eine solche Unternehmenskultur wirkt sich zudem günstig auf die Performance des Unternehmens aus. Es stärkt das Unternehmen und macht es profitabler – und sichert somit Arbeitsplätze, trägt zur Reduktion von Gesamtkosten in den Sozialsystemen bei und führt zur Vermeidung von privaten Einkommensverlusten. Letztlich wirkt sich all das positiv auf Kunden, Stakeholder und die Umwelt aus.

Das Erreichen nachhaltiger Top-Performance ist unabhängig von der Größe und dem kulturellen Hintergrund einer Organisation. Es liegt an den Fähigkeiten von uns als Leadern, durch einen ständigen, offenen und proaktiven Dialog nachhaltiges Vertrauen zu den Beschäftigten aufzubauen, denn: „Excellence Leadership through HSE starts at the top or it doesn’t start at all.“

Autor: Herbert Willerth

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