Heimo Bernroitner: Korrektes handeln des Geschäftsführers bei drohender Insolvenz

Das ökonomische Umfeld ist heikel und Meldungen über Konkurse gehören zur Tagesordnung.
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Heimo Bernroitner: Korrektes handeln des Geschäftsführers bei drohender Insolvenz
Heimo Bernroitner, Rechtsanwalt mit Spezialisierung auf Wirtschaftsrecht.

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Im Speziellen möchte ich die Sorgfaltspflichten der gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften (GmbH und AG) ab dem Zeitpunkt beleuchten, zu dem feststeht, dass die unternommenen Anstrengungen, eine wirtschaftliche Sanierung des Unternehmens (einschließlich der Durchführung einer Reorganisation nach den Bestimmungen des Unternehmensreorganisationsgesetzes – URG) herbeizuführen nicht gefruchtet haben und in letzter Konsequenz die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unausweichlich ist.

Wenn in der Folge von „Geschäftsführung“ die Rede ist, umfasst dies sowohl die GmbH-Geschäftsführung als auch den Vorstand einer AG.

Wann ist der Insolvenzantrag zu stellen?

Die Geschäftsführer trifft die Insolvenzantragspflicht, wenn eine insolvenzrechtliche Überschuldung oder eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt.

  • Unter Zahlungsunfähigkeit wird eine voraussichtlich nicht nur vorübergehende Wirtschaftslage verstanden, die den Schuldner daran hindert, die Geldmittel zur Tilgung fälliger Geldschulden bereitzuhalten oder demnächst zu beschaffen.

  • Überschuldung liegt bei Gesellschaften dann vor, wenn die Schulden die buchmäßigen Vermögenswerte übersteigen (negatives Eigenkapital).

Liegt einer dieser Insolvenzgründe vor, sind die Geschäftsführer verpflichtet, ohne schuldhafte Verzögerung, maximal aber innerhalb einer Frist von 60 Tagen (nur in wenigen Ausnahmefällen gilt eine Frist von 120 Tagen) den Insolvenzantrag zu stellen.

Was ist bis zum Insolvenzantrag zu tun?

Die Aufgabe der Geschäftsführung in diesem Zusammenhang ist vielschichtig und gleicht einem „haftungsrechtlichen Minenfeld“.

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Einerseits hat die Geschäftsführung die erforderlichen Schritte zur Unternehmensfortführung bis zur Antragstellung beim Insolvenzgericht zu setzen. Andererseits sind jene gesetzlichen Regelungen, die die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit eines insolventen Schuldners einschränken, zwingend zu beachten.

Das daraus resultierende Spannungsverhältnis liegt auf der Hand. Dem nicht genug, stehen Normen, die die Gleichbehandlung der Gläubiger sichern wollen, ihrerseits wieder in einem Spannungsverhältnis zu Bestimmungen, welche die Befriedigung bestimmter Gläubiger durchsetzen sollen.

Aufklärungspflichten und Umstellung auf Zug-um-Zug Zahlungen

Als Grundaussage lässt sich festhalten, dass in der Zeit ab der Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Überschuldung eine Unternehmensfortführung dennoch zulässig sein muss, weil die Frist bis zur erforderlichen Stellung des Insolvenzantrages ihren Zweck der letzten Sanierungschance sonst nicht erfüllen könnte.

Bei der Einstellung des Unternehmensbetriebes wird dessen Rettung als lebendes Unternehmen kaum noch möglich sein. Darum müssen in der Frist zumindest jene neuen Geschäfte zulässig sein, die zur Unternehmensfortführung notwendig sind. Bei der Abwicklung der neuen Geschäfte ist allerdings Vorsicht geboten. Damit die vom insolventen Schuldner zu leistende Zahlung weder anfechtbar noch gar als „Gläubigerbegünstigung“ strafbar ist, sollte sie Zug um Zug erfolgen.

Die Inanspruchnahme eines neuen Kredits (darunter fällt auch der Kauf auf Ziel) ist in der 60-Tagefrist nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig.

Ganz allgemein ist ein insolventer Schuldner bei der Inanspruchnahme von Krediten verpflichtet, den uninformierten Geschäftspartner über seine Insolvenz aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht ist ein Anwendungsfall der allgemeinen vorvertraglichen Verbindlichkeit, den Verhandlungspartner über Umstände aufzuklären, welche die Vertragserfüllung ernsthaft gefährden.

Zahlungsverbot für Altschulden

Altgläubiger, deren Forderungen im Falle einer Konkurseröffnung bloß entsprechend der Konkursquote bedient würden, dürfen auch in der 60-Tagefrist grundsätzlich nicht befriedigt werden. Ausnahmsweise kann auch die Erfüllung von Altverbindlichkeiten betriebsfortführungsnotwendig und deshalb zulässig sein. Dies ist vor allem in wichtigen Dauerschuldverhältnissen denkbar, bei denen sonst eine Kündigung droht: Zum Beispiel Gas, Strom, Telefon, Miete des Geschäftslokals.

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Behandlung von Abgaben- und Sozialversicherungsverbindlichkeiten

Bei Zahlung von Löhnen und Gehältern ist zu beachten, dass die vom Dienstgeber einzubehaltende Lohnsteuer sowie die Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung jeweils vollständig abzuführen sind. Andernfalls droht den organschaftlichen Vertretern die subsidiäre, persönliche Haftung beziehungsweise im Fall der Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung auch gerichtliche Strafverfolgung.

Für Umsatzsteuerschulden gilt, dass der Unternehmer hier anders als bei der von ihm nur einzubehaltenden und abzuführenden Lohnsteuer oder Kapitalertragsteuer selbst Steuerschuldner ist.

Die eingenommene Umsatzsteuer ist daher (ebenso wie jede andere eigene Abgabenverbindlichkeit) nicht vorrangig an den Fiskus abzuführen. Vielmehr genügt es zur Vermeidung der Vertreterhaftung, den Fiskus hinsichtlich der Umsatzsteuer nicht schlechter zu behandeln als die anderen Gläubiger.

Fazit

Die Zeit zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Überschuldung bis zur Antragstellung beim Insolvenzgericht ist für die Geschäftsführung mit rechtlichen Haftungsfallen gespickt.

Die – wenn auch aus Unwissenheit – unbewusste Missachtung der vorstehend genannten Pflichten der Geschäftsführung kann zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführer führen und allenfalls auch eine strafrechtliche Verantwortung nach sich ziehen.

Aus diesem Grund ist jeder Geschäftsführer gut beraten, sich in dieser herausfordernden Zeit kompetente externe Hilfestellung an Bord zu holen, um unliebsame persönliche „Nachwehen“ der Insolvenz zu vermeiden.

Autor: Heimo Bernroitner

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