„Die Expansion geht weiter. Ein paar weiße Flecken gibt es immer, aber sie werden weniger.“ Günther Lehner zeigt sich bei einem seiner raren Interviews gegenüber den Vorarlberger Nachrichten optimistisch. Und die Prognosen geben ihm recht. Laut einer globalen Eurobarometer-Studie wird der Markt für Kunststoffflaschen global weiterhin kräftig wachsen. Getränke, Waschmittel, Pharmazeutika und Schmierstoffe sind weniger konjunkturabhängig als Autos, Stahl oder Luxusuhren. Und sie werden nahe an den Konsumenten produziert, dahe treffen internationale Handelskonflikte oder Schutzzölle sie nicht so stark.
ALPLA gehört zur Industrie-Elite Vorarlbergs, neben Unternehmen wie Blum, Doppelmayr und Zumtobel, und ist auch einer der größten Arbeitgeber des Ländles. Obwohl der Großteil der 19.300 Beschäftigten seinen Arbeitsplatz in anderen Ländern hat, rund um den Erdball: in zahlreichen europäischen Märkten, am amerikanischen Kontinent, aber auch in Afrika und Asien. Die letzten Zukäufe oder Neugründungen erfolgten in so unterschiedlichen Regionen wie Italien, Südafrika und Griechenland. Und oft sind es laut Lehner „Übernahmen, die wir nicht aktiv betreiben, sondern die auf uns zukommen“.
Erfolgsrezept: Dicht beim Kunden
Denn ALPLA folgt seinen Kunden, wo immer sie ihre Produktionen betreiben. Und oft werden die Kunststoffbehälter gleich direkt auf dem Grundstück des Kunden geblasen. Für riskante Unterbrechungen, die sonst Just-in-time-Produktionen immer wieder stören, bleibt da kein Raum. In den PET-Flaschen können dann Waschmittel von Henkel sein oder Mineralwasser von Vöslauer. Die Konsumenten tragen damit Felix Ketchup oder NÖM-Schokomilch nachhause oder lassen sich vom Tankwart daraus Motoröl von Shell, Total oder Castrol nachfüllen. Es ist ein striktes B2B-Geschäft, der Konsument kann nur herausfinden, ob er gerade ein Produkt von ALPLA in der Hand hat, wenn er auf der Unterseite ein diskretes A erkennt.
Diskret gibt sich auch das Unternehmen. Auf journalistische Fragen gibt man generell keine Antworten – die seltenen Auftritte von Günther Lehner bei den Vorarlberger Nachrichten ausgenommen. Aber dort sitzt er ja in der Stiftung des Verlegers und Mehrheitseigentümers Eugen Russ, da ist das Risiko nicht allzu groß. Dabei gäbe es genug Fragen, jenseits der kontinuierlichen Expansion. Aber wird sich ALPLA eventuell aus dem Krisenland Venezuela zurückziehen? No comment.
ALPLA hat als Kunststoffproduzent auch die Zeichen der Zeit erkannt und betreibt in Österreich, in Polen und in Mexiko jeweils eigene Anlagen zum PET-Recycling. In Vorarlberg wird derzeit intensiv an einem verrottbaren „Bio“-Material für die Flaschenproduktion geforscht: Das befindet sich aber noch in der Laborphase. Öffentlich sehen kann man Günther Lehner bei den Spielen des lokalen Handballclubs ALPLA HC Hard, wo er als Sponsor auftritt. Handball gehört neben dem Segeln zu seinen Hobbys.
Start in der Waschküche
Günther Lehner treibt, seit er das Unternehmen 1997 operativ übernommen hat, die internationale Expansion deutlich voran. Begonnen hat er sie nicht. Schon sein Vater, Alwin Lehner, der die „Alpenplastik Lehner Alwin GmbH“ oder eben kurz ALPLA 1955 gemeinsam mit seinem Bruder Helmuth gegründet hatte, eröffnete nur einige Jahre später auf der anderen Seite des Bodensees, im deutschen Markdorf, eine erste Auslandstochter. Der gelernte Maschinenbauer hatte sein Unternehmen in einer Waschküche gestartet, „weil nichts G’scheites am Markt war“, wie er 2015 bei der Entgegennahme des Ehrenpreises der Vorarlberger Wirtschaft für das Lebenswerk sagte. Daher hatte er die Chance gesehen, seine eigenen Spritzguss- und Fertigungsmaschinen zu entwickeln. Damals begann die Getränke-, Lebensmittel- und Kosmetikindustrie gerade, verstärkt nach leichten, festen Behältern zu suchen. Die ersten Kunden: der Lebensmittelerzeuger Mautner Markhof und der US-Kosmetikkonzern Elizabeth Arden.
Schrittweise zum Chef
Sein Sohn Günther wurde solide auf die spätere Führungsfunktion vorbereitet. Erst besuchte der 1959 in Hard Geborene die HTL für Maschinenbau in Bregenz, später jene für Kunststofftechnik in Wien. Schon 1979 trat er in die Firma der Familie ein, aber nicht gleich in Führungspositionen, er musste von der Pike auf lernen. Dazu gehörten auch Jahre der Wanderschaft. In Deutschland durfte er erstmals einen Tochterbetrieb leiten, in den USA absolvierte er ein Praktikum beim US-Industriekonzern General Electric. 1989 kehrte er nach Österreich zurück, 1997 übergab ihm der Vater die Führungsrolle, freilich nicht ohne auch weiterhin regelmäßig vorbeizuschauen. Alwin Lehner, der als Technikbegeisterter Oldtimer sammelte, starb 2018.
Die Expansion geht weiter. Ein paar weiße Flecken gibt es immer, aber sie werden weniger.
Günther Lehner
Neben der rasanten internationalen Expansion blieb auch noch Zeit, in Vorarlberg aktiv zu werden. So ist Lehner etwa am Maschinenbauer Schelling beteiligt, damit auch indirekt – gemeinsam mit dem Kranhersteller Künz – an einem interessanten Start-up, Senseforce. Dieses beschäftigt sich mit der industriellen Nutzung von Big Data, etwa bei den Container-Kränen von Künz. Ob es sich dabei für ALPLA um eine reine Finanzbeteiligung handelt oder ob Schelling und Senseforce auch Zulieferungen oder Dienstleistungen für ALPLA erbringen, will das Unternehmen nicht verraten.
Und wie es mit der Firma langfristig weitergehen wird? So viel verrät Lehner: Ein Sohn arbeite gerade in den USA und stehe schon bereit, die Stafette zu übernehmen. Natürlich in aller Diskretion.
Privates über Günther Lehner
Geboren 1959 in Hard in Vorarlberg. Verheiratet, vier Kinder. Hobbys: Handball und Segeln. Sponsert den lokalen Handballclub ALPLA HC Hard, „Die Roten Teufel vom Bodensee“.
Karriere
HTLs für Maschinenbau und Kunststofftechnik. Auslandsjahre in Deutschland und in den USA, unter anderem bei GE. ALPLA-Geschäftsführung seit 1997.
ALPLA
Der Vorarlberger Maschinenbauer und Kunststoffbehälter-Erzeuger ist mit 176 Standorten in 45 Ländern auf vier Kontinenten weltweit gut aufgestellt. 3,4 Milliarden Euro Umsatz erzielte die Gruppe 2017 mit 19.300 Beschäftigten. Ein Gutteil der Produktionslinien für die Getränke-, Kosmetik- oder Pharmaindustrie arbeitet direkt bei den Kunden unmittelbar neben den Abfüllanlagen.