Das Thema Coaching hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Für viele Unternehmen sind Coachings heute fixer Bestandteil ihrer Unternehmenskultur. Und auch bei Einzelpersonen steigt die Nachfrage, sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext.
Doch was genau bringen Coachingmaßnahmen und ist es in Zeiten wie diesen überhaupt realistisch, dass auch kleine und mittelständische Unternehmen ihren Mitarbeitenden derartige Angebote zur Verfügung stellen?
Wie hat sich der Bedarf nach Coaching in Betrieben in den letzten Jahren verändert?
Im Jahr 2022 konnten wir, wie schon in den letzten Jahren, ein markantes Nachfragewachstum beobachten. Das gilt besonders für Unternehmen. Aber auch im Privatbereich sehen wir immer mehr Personen, die auf eigene Faust einen Coach suchen und sich z. B. Unterstützung bei ihrer Karriereentwicklung wünschen. Insbesondere im persönlichen Umgang mit dem aktuell stark dynamischen Umfeld suchen die Menschen privat wie beruflich eine professionelle Begleitung.
Worauf ist diese Entwicklung zurückzuführen?
Im Zuge der Pandemie sind viele Menschen an ihre körperlichen und psychischen Grenzen gestoßen. Homeoffice, ständig wechselnde Rahmenbedingungen und die resultierende Unsicherheit wurden als belastend empfunden. Denn: Die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf verschwimmen durch die Digitalisierung und die pandemiebedingte Etablierung von Homeoffice-Lösungen zunehmend. Das führt nicht selten zu der Frage, wie Resilienz unter solchen Bedingungen überhaupt gelingen kann. Vor allem Führungskräfte sehen sich vor großen Herausforderungen. Viele stehen unter dem Druck, Krisen und gleichzeitig einhergehende Veränderungsmaßnahmen im Unternehmen zu managen.
Gleichzeitig sind die Ergebnisse von gezieltem Coaching heute klarer und nachvollziehbarer denn je. Viele Unternehmen haben Evaluations-Mechanismen für sich entwickelt und überprüfen die Auswirkungen von Coaching-Maßnahmen durch regelmäßige Feedbackgespräche, Fragebögen und Softfact-Tools. Häufig finden auch Evaluierungsgespräche mit Personalentwicklern und Vorgesetzten statt, mit deren Hilfe der Erfolg des Coachings entlang bestimmter Dimensionen beurteilt werden kann. Gerade HR-Spezialisten haben in den letzten Jahren den großen Hebel professionellen Coachings erkannt. All das kommt der Branche zugute.
Nicht zuletzt setzen wir mit der International Coach Federation klare ethische Richtlinien für professionelles Coaching. Diese sind für alle ICF-Coaches verbindlich und haben dieses Vertrauen in die Dienstleistung Coaching sicherlich weiter gestärkt.
Was sind die wichtigsten Themen, die im Rahmen dieser Ethikrichtlinien festgelegt sind?
Zunächst: Das strikte Einhalten ethischer Standards ist für all unsere Coaches verpflichtend. Dazu zählen Diskretion und Verschwiegenheit, der verantwortungsvolle Umgang mit den Daten unserer Kunden, aber auch die Darstellung möglicher Grenzen dieser Verschwiegenheit und der transparente Umgang mit potenziellen Interessenskonflikten.
Welche Möglichkeiten hat man als Laie, qualitativ hochwertiges Coaching zu erkennen?
Glücklicherweise konnten viele große internationale Unternehmen klar messbare Erfolge von Coaching verzeichnen. Zum Beispiel in der Zusammenarbeit von international zertifizierten Coaches und Führungskräften. So können Personalverantwortliche bereits auf wertvolle Erfahrungen zurückblicken. Auf individueller Ebene bieten anerkannte, internationale Zertifizierungen eine wertvolle Richtschnur, wenn es darum geht einen Coach zu finden. Sie sind vertrauensbildend und geben Kunden die Sicherheit, mit qualifizierten Experten zusammenzuarbeiten.
Welche Rolle spielt ICF dabei?
Der ICF nimmt international eine richtungsweisende Rolle ein und gibt den Ton in Bezug auf wesentliche Qualifikationskriterien an. So muss ein „Professional Certified Coach“ nicht nur umfangreiches theoretisches Wissen unter Beweis stellen. Er muss auch ein Minimum an 500 geleisteten Coaching-Stunden nachweisen. Dass ICF hier einen wichtigen Standard entwickelt und etabliert hat, wird dadurch bestätigt, dass große Vermittlungsplattformen für Coaches bei der Akkreditierung nach einer ICF-Zertifizierung fragen, oder diese sogar explizit einfordern bzw. als Aufnahmekriterium voraussetzen.
Wie sehen Sie die Zukunft des Coachings?
Coaching wird eine immer selbstverständlichere Rolle spielen, sowohl auf unternehmerischer als auch auf der individuellen, privaten Ebene. Während Coaching bis vor wenigen Jahren der Management- Etage großer Organisationen vorbehalten war, beobachten wir heute eine gewisse Demokratisierung im Coaching. Immer mehr Unternehmen stellen auch ihren Experten und dem mittleren Management gezielt Coaches zur Seite. Das gibt einer wachsenden Anzahl von Menschen wertvolle Impulse für anstehende Entscheidungen, das Führen von Mitarbeitern und das Lösen von Konflikten. In Zukunft wird Coaching also weniger eine exotische Dienstleistung als eine alltägliche Selbstverständlichkeit im Leben vieler Menschen sein.
Was sind die wichtigsten Meilensteine, die bei ICF 2023 auf dem Programm stehen?
Wir unterstützen unsere Mitglieder inhaltlich und bei praktischen Aufgaben, wie etwa Business Development und Entwicklung ihrer Praxen. Wir bieten Hilfestellung bei vielen praktischen Fragen und der laufenden Weiterbildung. Auch für das kommende Jahr planen wir zahlreiche Vorträge und Webinare, die die Professionalisierung von Coaches weiter vorantreiben. Die Vielfalt im Coaching und seine Facetten werden dabei im Vordergrund stehen. Viele dieser Vorträge machen wir nicht nur unseren Mitgliedern, sondern auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.