Kündigungen: Welche Fragen sich das Management vorab stellen sollte

Aufgrund der Pandemie bleiben Aufträge und damit Umsätze aus. Es gibt zu viele Mitarbeiter für zu wenig Arbeit. Führungskräfte, bei denen Kündigungen nicht gerade an der Tagesordnung stehen, müssen diese nun aussprechen. Es wird emotional, in jeder Hinsicht.
© Richard Tanzer
"Bei Kündigungen kann die Kommunikation gar nicht persönlich genug sein", sagt der Evolutionsbiologe Gregor Fauma.

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Für die Kündiger, für die zu Kündigenden, für die „Survivors of downsizing“ – also jene MA, die von den Kündigungen nicht betroffen sein werden. Der Verhaltensforscher Gregor Fauma hat einige zentrale Fragen formuliert, die Führungskräfte ohne größere Blessuren durch die heikle Phase führen können. 

Die Corona-Krise legt Schwachstellen offen, so zum Beispiel in der Unternehmensstruktur und in den Prozessen: Gehen die Umsätze zurück, wird für Unternehmen rasch offensichtlich, wo ihnen die Kosten durch die Finger rinnen, wo Prozesse mehr Aufwand als Erleichterung bedeuten und, wo Mitarbeiter mehr versprechen als sie halten.

Die Krise legt aber auch bei den Führungskräften Schwachstellen offen: Charakterschwache Führungskräfte werden offensichtlich. Jene Führungskräfte, die es jedoch verstehen, in der Krise ihre Legitimation zu liefern, gehen gestärkt aus anstehenden Restrukturierungen hervor. Das “Wie” spielt bei Kündigungen eine zentrale Rolle. Ein paar Fragen sollen eine Idee liefern, woran man rund um Kündigungen denken sollte:

  • Was ist nach den Kündigungen für einen guten Geschäftsfortgang entscheidend? Sollten die verbliebenen Mitarbeiter selbst die Antwort sein, dann muss man seine Botschaften daraufhin ausrichten.
  • In welcher Abfolge sollen die betroffenen Mitarbeiter, die Share- und Stakeholder informiert werden? Als Mitarbeiter von bevorstehenden Kündigungen über die Medien, den Flurfunk oder aus dem privaten Umfeld zu erfahren, ist erschütternd.
  • Mit welchen Gründen werden die Kündigungen gegenüber der Öffentlichkeit argumentiert? Nicht-stringente Argumentationsketten erzeugen Legitimierungsnotstände gegenüber den Medien und auch intern, die in Folge unnötig Kraft und Zeit kosten.
  • Wer sind die Opfer der Kündigungen? Man kann den Fokus seiner Botschaften auf unterschiedliche Aspekte und Zielgruppen legen. Nicht jeder Aspekt ist gegenüber seiner Ansprechgruppe gleich opportun. Ein heftiger, wenn auch klassischer Fehler ist es, sein Unternehmen als Opfer der Krise darzustellen, speziell angesichts menschlicher Schicksalsschläge.
  • Wie erfolgt die Information intern? Werden Einzelgespräche geführt, wird die gesamte betroffene Gruppe gleichzeitig informiert? Oder erst die Gruppe, dann im Einzelgespräch? Wird die Information, dass gekündigt werden muss, aufgezeichnet und aus der Konserve, zurechtgelutscht nach unzähligen Probeläufen, den Mitarbeitern zur Kenntnisnahme gebracht – oder stellen sich die Führungskräfte live und analog vor die Belegschaft?
  • Wer informiert die betroffenen Mitarbeiter? Die Eigentümerfamilie, die Geschäftsleitung, oder gar die Teamleitung? Eine kleine Empfehlung eines Verhaltensforschers: Die mit Abstand ranghöchste Person des Unternehmens sollte die Belegschaft über die Kündigungen informieren. Die Teamleiter können anwesend sein, die Betriebsräte so und so. Wenn in diesen Momenten die Führung in Deckung geht, wird sie nach der Krise als solche sicher nicht mehr wahrgenommen.
  • Wie sehr soll das Kündigen inszeniert sein? Vorsicht, der Homo sapiens spürt es, wenn geheuchelt wird! Wer gerade in der Krise für eine spätere, gute Nachrede sorgen möchte, sollte hier so offen und ehrlich wie möglich auftreten. Perfektion verboten! Angeschlagen, verletzlich, ge- und betroffen, mitgenommen und auch traurig – das sollte die Grundtonalität in der Kündigungskommunikation gegenüber der Belegschaft sein.
  • Wie persönlich soll die Kündigung inszeniert, ausgestaltet sein? Reichen rechtliche Aspekte? Wer hier Fehler macht, bequeme Wege geht, darf sich nicht wundern, wenn nach der Krise die Teams atmosphärisch wegbrechen und das Commitment gegen Null gehen wird. Es kann gar nicht persönlich genug sein. An dieser Stelle darf nicht gespart werden, die Botschaft wäre katastrophal.
  • Was tun mit den verbleibenden Mitarbeitern? Um die muss man sich ganz besonders kümmern. Deren Wahrnehmung zur Einschätzung der Performance der Führungskräfte im Rahmen der Kündigungen sind für den weiteren Geschäftsverlauf und das Image als Arbeitgeber von immenser Bedeutung. Da steht intensive Kommunikation bevor.
  • Ist raus gleich raus? Welche Gesten kann das Unternehmen gegenüber den gekündigten Mitarbeitern setzen, die eine weitere Verbundenheit in sich tragen? Wie sieht es mit der nächsten Weihnachtsfeier aus, zum Beispiel? Gibt es jemanden, der sich um das Wohlergehen der Gekündigten spürbar intern wie extern sorgt?

Anstehende Kündigungen möglichst menschenverträglich zu gestalten, ist möglich. Nur eine Bitte: Versuchen Sie nicht, den Mitarbeitern irgendetwas vorzumachen. Das geht in jeder Hinsicht nach hinten los. Dann brauchen Sie kein Virus für eine virulente interne Krise.

Ersterscheinung: www.die-wirtschaft.at

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