Am Beispiel der spontanen Nennung von Schauspielerinnen und Schauspielern bzw. von österreichischen Politikerinnen und Politikern wurde erhoben, wie die Österreicherinnen und Österreicher aktuell zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache stehen.
Es wurden je die Hälfte von 1029 Österreicherinnen und Österreichern gebeten, uns drei österreichische Politiker und drei Schauspieler bzw. drei österreichische Politiker und Politikerinnen und drei Schauspieler und Schauspielerinnen zu nennen.
Unterschiedliche Ergebnisse
Die Analyse zeigt, dass die Verwendung geschlechtergerechter Sprache bei der Frage nach den Schauspielerinnen und Schauspielern einen Effekt zeigt: Wird die rein männliche Form verwendet, entfallen 24% aller Nennungen auf Frauen, aber 29% bei Verwendung der geschlechtersensiblen Sprache. Noch deutlicher ist der Effekt bei der ersten Nennung (Top of mind): Wird die rein männliche Form verwendet, entfallen 19% der ersten Nennung auf Frauen, wird die geschlechtergerechte Sprache verwendet, aber 29%.
Allerdings ist bei der Frage nach den Politikerinnen und Politikern kein signifikanter Unterschied sichtbar, ob an erster Stelle oder insgesamt mehr oder weniger Frauen genannt werden. Sowohl bei der Verwendung der rein männlichen Form als auch bei der geschlechtergerechten Form entfallen etwa je 18% aller Nennungen auf Frauen. Auch bei der ersten Nennung zeigt sich kein Effekt: sowohl in der rein männlichen Form als auch der geschlechtersensiblen Sprache entfallen etwa 15% bzw. 14% auf weibliche Politikerinnen.
Wird die Präsenz von Frauen bei geschlechtergerechter Sprache gesteigert?
In der Gruppe der Schauspieler und Schauspielerinnen trägt sie zur stärkeren Präsenz von Frauen bei. Es ist eine Vielfalt an weiblichen Namen gedanklich rasch verfügbar, die Grundgesamtheit bietet genug Optionen.
In der Gruppe der Politiker und Politikerinnen trägt sie offensichtlich nicht bei. Hier ist der Anteil der Frauen in der Grundgesamtheit gering, so dass Frauen auch bei der Aktivierung durch die geschlechtergerechte Sprache weniger rasch in den Sinn kommen als die Männer. Dazu sei festzuhalten, dass die männliche Präsenz in der Politik besonders übermächtig ist: So sind aktuell nur 218 von 2.093 Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen Frauen und historisch betrachtet waren nach 1945 auch insgesamt etwa nur 17% aller Nationalratsabgeordneten Frauen.
Mehr als die Hälfte der Österreicher:innen erachtet die geschlechtergerechte Sprache in keinem Bereich des täglichen Lebens für wichtig
Die Einschätzung der Wichtigkeit geschlechtergerechter Sprache ist bei den Österreicherinnen und Österreichern seit unserer letzten Erhebung 2017 leicht gesunken: 58% geben an, dass sie geschlechtergerechte Sprache in keinem Bereich als wichtig erachten. 42% der Österreicherinnen und Österreicher sehen in dem einen oder anderen Bereich die geschlechtergerechte Sprache aber als wichtig: So sieht etwa ein Viertel der Österreicherinnen und Österreicher die geschlechtergerechte Sprache als wichtig bei Aussendungen von Behörden (26%) und in Gesetzestexten (24%).
Bei der Wichtigkeit zeigt sich auch ein klares Altersgefälle: die jüngere Bevölkerung sieht eine höhere Notwendigkeit als die ältere.
Was die Meinung der Österreicherinnen und Österreicher zur geschlechtergerechten Sprache anbelangt, so scheint es, als wäre diese im Vergleich zu 2017 im Alltag stärker angekommen 20% (+6%) gleichzeitig verbunden mit dem Eindruck, dass geschlechtergerechte Texte schwieriger zu lesen sind 58% (+7%). Besonders interessant ist, dass 76% der Österreicherinnen und Österreicher angeben, dass sie Frauen mitmeinen, wenn etwa von Spitzensportlern gesprochen wird. Der Effekt der geschlechtergerechten Sprache bei den Schauspielerinnen und Schauspielern ist aber auch in dieser Gruppe feststellbar.
Die Studie zeigt: Gendern scheint bei Österreicherinnen und Österreichern zwar unbeliebt, aber in manchen Fällen ein sinnvoller Schritt, um die weibliche Hälfte der Bevölkerung sichtbarer zu machen.