Sie sind von Corona betroffen wie kaum eine andere Branche: Hotels und Restaurants. Vergangenes Jahr nur in schmalen Zeitfenstern geöffnet, heuer seit Monaten geschlossen, gilt der Tourismus als wirtschaftliches Sorgenkind Nummer Eins. Laut Statistik Austria gingen der Branche in den vergangenen zwölf Monaten 105 Millionen Nächtigungen verloren, ein Minus von 62 Prozent. Das hat Auswirkungen auf das ganze Land: Die Branche erwirtschaftet je nach Betrachtungsweise zwischen sieben Prozent (Berechnung Wifo) und 15 Prozent (Berechnung Wirtschaftskammer, die die gesamte Freizeitwirtschaft mit einbezieht) des BIP.
Trotz durchaus großzügiger öffentlicher Entschädigungen für den Umsatzausfall, Stundungen und Überbrückungshilfen, ist die Lage für viele Hotels dramatisch. Einer der Gründe: Um die Überbrückungskredite in Anspruch nehmen zu können, müssen Betriebe ein positives Eigenkapital haben – was in der Hotelbranche längst nicht für alle gilt. In einer aktuellen Hotelstudie kommt das Beratungsunternehmen PwC zu der Einschätzung, dass der lange zweite Lockdown heuer in der Branche zu Liquiditätsengpässen führen könnte.
Risiko-Faktor Hotel
Die Konsequenz: Je länger die Krise dauert, desto häufiger werden die Betreiber dazu gezwungen, ihren Liquiditätsbedarf über Preisnachlässe zu decken, mahnen die PwC-Experten. Hinzu kommt, dass die Unsicherheit über Grenzsperren und Quarantäne-Bestimmungen dazu führt, dass fast 40 Prozent der Deutschen ihre Urlaubsbuchung vorläufig verschoben haben, wie eine Umfrage zeigt – beides keine gute Vorzeichen für einen Start in die Nach-Corona-Phase. „Für Immobilieneigentümer und Finanzierer steht die Assetklasse Hotelimmobilien ganz oben auf der Risiko-Agenda”, urteilt Thomas Veith, Leiter Real Estate bei PwC Deutschland.
Betroffen ist vor allem die Stadthotellerie. Während sich die Hotels rund um die heimischen Seen und in den wanderbaren Bergen im Sommer auf volle Betten durch die österreichischen Urlauber freuen dürfen, fehlen den Cities schmerzhaft die ausländischen Touristen sowie die zahlungskräftigen Messe- und Konferenzgäste. „40 Prozent der Betriebe in Wien haben Angst, dass sie die nächsten sechs Monate nicht überleben werden”, weiß Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, aus einer internen Umfrage.
Das hinterlässt auch bei den Investoren Spuren. Der Immobiliendienstleister CBRE schätzt, dass der Markt für Hotelimmobilien frühestens 2024 auf dem Niveau von vor der Pandemie sein wird. Um 75 Prozent sanken die Hotel-Investitionen in Europa im vergangenen Jahr.
Zukunftschance Hotel
Doch nicht alle sehen die Zukunft der Branche so schwarz, im Gegenteil. Der Wiener Immobilien-Unternehmer Daniel Jelitzka startet gerade einen Gegenentwurf zur allgemeinen Tourismus-Depression: Er investiert gemeinsam mit Partnern gezielt in Hotelprojekte. Einsteigen, wenn andere aussteigen, so lautet das Motto.
„Wir sind absolut überzeugt, dass sich der Tourismus wieder erholen wird”, betont Lukas Euler-Rolle, Privat-Equity-Spezialist und Geschäftsführer der neu gegründeten JPI Hospitality, „interessante Hotels werden gefragter sein denn je.” Gekauft werden sollen interessante Stadt- und Freizeit-Hotels in ganz Europa, die in Schwierigkeiten sind, kein Geld für Investitionen haben oder auch vor ungeregelten Nachfolgesituationen stehen.
Das Problem der Branche, dass Banken derzeit kaum Tourismusprojekte finanzieren, lösen Jelitzka und Euler-Rolle durch einen eigentümergesteuerten und – kontrollierten Investors-Club. Insgesamt sollen zumindest 250 Millionen Euro investiert werden.
“Ziel sind zehn bis zwölf Objekte”, erläutert Euler-Rolle, “diese werden dann refurbished, redesigned und rebranded sowie mit einem langfristigen Pachtvertrag ausgestattet.” Für die notwendige Hotel-Expertise sorgen neben dem zweiten Geschäftsführer Gebhard Schachermayer auch Christoph Hofmann (Gründer 25hours und Bikini Hotels), der Berater Michael Widmann (PKF Hotelexperts) sowie die auf Hospitality spezialisierten Architektenbüros BWM und Monoplan. „Wir haben schon mehr als 250 Projekte geprüft und analysiert, von der Atlantikküste in Portugal über Venedig und Rom bis nach Südtirol und Deutschland”, berichtet Lukas Euler-Rolle. Man kann das mutig nennen – oder verrückt. In jedem Fall ist es ein starkes Zeichen gegen die weit verbreitete Corona-Depression.
Autor: Mag. Arne Johannsen