Industrie fordert schnelle Weichenstellungen für den Ausbau erneuerbarer Stromproduktion

Max Kloger, Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Tirol, sieht die, im aktuellen Tempo voranschreitenden, ambitionierten Ausbauziele bis 2030 völlig außer Reichweite.
© WK Tirol / Die Fotografen
Industrie fordert schnelle Weichenstellungen für den Ausbau erneuerbarer Stromproduktion
Max Kloger, Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Tirol.

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Österreich hat sich mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Stromverbrauch (bilanziell) aus erneuerbaren Energien darzustellen. Dazu soll die jährliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen vom Jahr 2020 bis zum Jahr 2030 mengenwirksam um 27 TWh gesteigert werden, pro Jahr also um 2,7 TWh.

„Dieses Ziel muss erreicht werden. Schließlich erhöht jede in Österreich produzierte Kilowattstunde Strom die nationale Resilienz und macht die Strompreise mittelfristig von fossilen Preiseinflüssen unabhängiger. Eine ausreichende Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom ist außerdem die Voraussetzung, zahlreiche Industrieprozesse klimaneutral zu gestalten“, sind sich die Obleute der Industriesparten der Bundesländer Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg einig.

Nationale erneuerbare Stromproduktion stagniert seit Jahren

Im Jahr 2022 wurden in Österreich etwa 43 TWh Strom aus Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik gewonnen. 2021 konnten 45 TWh erzielt werden, und 2020 fast 48 TWh. Zwar wird 2023 wieder ein leichter Anstieg erwartet, doch hinkt die Produktion gerade bei Wasserkraft und Windkraft den Ausbauzielen deutlich hinterher.

„In Summe ist somit eine deutliche nationale Zielverfehlung 2030 bei der erneuerbaren Stromproduktion zu erwarten“, konstatiert Max Kloger.

© WK Tirol / Andre Schönherr
Industrie fordert schnelle Weichenstellungen für den Ausbau erneuerbarer Stromproduktion
Oswald Wolkenstein, Geschäftsführer der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Tirol.

Infrastruktur an der Kapazitätsgrenze

„Schon heute stößt das Netz an seine Grenzen, wenn der Verbrauch niedrig und die Produktion erneuerbarer Energien hoch ist. Das ist beunruhigend – denn bis 2030 werden sich die Erzeugungsspitzen von heute etwa 10 GW mehr als verdoppeln. Beim Netzausbau ist also die Geschwindigkeit deutlich zu erhöhen“, analysiert dazu auch Spartengeschäftsführer Oswald Wolkenstein.

Einseitiger Fokus auf Photovoltaik

„Photovoltaik ist für viele Industriebetriebe eine attraktive Option, den Netzbezug deutlich zu reduzieren, sofern der Eigenverbrauch des PV-Stroms auf hohem Niveau gehalten werden kann. Eine mangelnde Balance zwischen Photovoltaik einerseits und der Stromproduktion aus anderen erneuerbaren Quellen andererseits birgt allerdings ein erhebliches Risiko für unseren Standort“, verdeutlicht der Spartenobmann.

Hintergrund ist, dass Photovoltaik-Anlagen im Jahresverlauf nur in etwa 1.000 Volllaststunden liefern. Dies ist mit Abstand der niedrigste Wert aller erneuerbaren Quellen. Als Folge der höheren Peakleistungen und der Einspeisung auf allen Netzebenen sind bei einem Fokus auf Photovoltaik allein deutlich höhere Netzausbaukosten und Netzwartungskosten zu erwarten als bei einem ausgewogenen Mix an erneuerbaren Energien. Es besteht das Risiko, dass sich die Netzgebühren entsprechend ungünstiger entwickeln als in anderen Regionen Europas.

© PantherMedia / SergeyNivens
Industrie fordert schnelle Weichenstellungen für den Ausbau erneuerbarer Stromproduktion

Außerdem erzeugen Photovoltaikanlagen nur etwa ein Viertel ihres Ertrags im verbrauchsstarken Winterhalbjahr. Ein Photovoltaik-Fokus erfordert daher einen stärkeren – und damit kostenintensiveren – Ausbau der Elektrolyseleistung und Speicherkapazität für klimaneutralen Wasserstoff, da mehr Strom durch verlustbehaftete Speicherung vom Sommer in den Winter transferiert werden muss.

Ausgewogener Mix an erneuerbaren Energieträgern

„Die aktuell zu beobachtende Fokussierung vor allem auf Photovoltaik kann hinsichtlich Netzbelastung und Netztarifen signifikante Nachteile für den Wirtschaftsstandort mit sich bringen. Wir fordern daher einen Zubau erneuerbarer Energien, der einem ausgewogenen Mix aller erneuerbaren Quellen, also Wasserkraft und Photovoltaik Rechnung trägt“, betonen Max Kloger und Oswald Wolkenstein abschließend.

Gleichsam bedarf es einer Überarbeitung der Förderlandschaft. Denn das aktuelle Fördersystem orientiert sich nicht an der Eigenverbrauchsquote von Photovoltaikanlagen. Dies sollte, laut der Experten, geändert werden, denn hohe Eigenverbrauchsquoten, wie sie bei Industrieanlagen typischerweise erreicht werden, reduzieren die teuren Spitzenbelastungen der Netze deutlich.

https://wirtschaft.tirol

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