Herr Töpfer, Sie sind seit 2019 kaufmännischer Geschäftsführer und seit 2022 ebenfalls Geschäftsführer Immobilienmanagement bei der BUWOG Group GmbH – welche Ziele haben Sie sich für die nächsten Jahre gesetzt?
Herausforderungen, die uns seit einigen Jahren und auch heuer beschäftigen, nehmen wir als Chance an und wir setzen weiterhin auf Wachstum. Unser Antrieb ist es, mit dem Wandel der Zeit Schritt zu halten und Zukunft zu gestalten. Dazu ist es wichtig, auf die veränderten Marktbedingungen zu reagieren und Anpassungen an unserem Geschäftsmodell vorzunehmen, um unsere Wettbewerbsvorteile weiter auszubauen. Wir planen daher, unser umfassendes Know-how in Zukunft verstärkt im Drittmarktgeschäft einzusetzen und damit zusätzlich die Bestandseinheiten von u.a. institutionellen Investoren, großen Privatanlegern und Wohnungseigentümergemeinschaften zu bewirtschaften.
Um die Effizienz und Transparenz unserer Arbeitsabläufe zu steigern, haben wir uns zudem das Ziel gesetzt, die Digitalisierung des Unternehmens weiter auszubauen – dies zahlt auch in ein weiteres Ziel ein: die Kunden- und Mitarbeiterorientierung noch mehr zu steigern, beispielsweise in Form unserer optimierten Kunden-App „Meine BUWOG“. All diese Ziele lassen sich zu einem großen Ziel zusammenfassen: Wir wollen innerhalb der Immobilienbranche Vorreiter in Sachen Kundenservice, Digitalisierung und Nachhaltigkeit sein und uns noch stärker als attraktiver Arbeitgeber positionieren.
Sie haben mehrere Jahre bei der OMV im „Internal Audit“ gearbeitet und wurden 2011 bei der Nabucco Gas Pipeline International mit der Führung der Internen Revision, bis zur Einstellung des Projekts „Nabucco“, betraut. Gab es bestimmte Ihnen in Erinnerung gebliebene Erfahrungen aus dieser Zeit, die Ihnen retrospektiv betrachtet speziell geholfen haben, als Sie die Geschäftsführung bei der BUWOG Group GmbH übernommen haben?
Ich würde nicht sagen, dass es diese eine besonders relevante Erfahrung während meiner bisherigen beruflichen Laufbahn gab, die mir in meiner heutigen Position speziell geholfen hat. Durch meine Tätigkeiten in verschiedenen Bereichen und Branchen konnte ich sehr vielfältige Erfahrungen sammeln und mir umfassendes Know-how aneignen, welches für meine Rolle als Geschäftsführer natürlich von Vorteil war – im Grunde lernt und profitiert man von jeder Erfahrung (im positiven als auch negativen Sinne). Darüber hinaus hatte ich in meiner Karrierelaufbahn immer inspirierende Vorgesetzte und Mentor:innen, von denen ich viel lernen durfte.
Und eines hat sich immer bewährt: Ehrliche und offene Kommunikation mit einem Selbstverständnis für Teamarbeit und was dabei zählt ist, an einem Strang zu ziehen und gemeinsam Lösungen zu finden und Ziele zu erreichen.
Erst Ende Jänner haben Herr Holler und Sie bekanntgegeben, dass die derzeitigen Herausforderungen wie Inflation, erhöhte Baukosten und die Energiekrise die BUWOG Group GmbH veranlassen, geplante Baustarts für 2023 bis auf Weiteres zu verschieben. Welche konkreten Schritte erwarten Sie von der Politik, um anstehende Projekte bald doch verwirklichen zu können?
In der Projektentwicklung aber auch in der Bestandsbewirtschaftung sehen wir die Notwendigkeit konjunkturfördernder Maßnahmen, wie etwa eine stabile Zinsentwicklung – davon sind ja nicht nur Unternehmen, sondern auch Investoren betroffen. Die aktuelle Marktlage ist für die gesamte Immobilienbranche eine große Herausforderung.
Ziel der Regierung muss sein, dafür zu sorgen, dass das ganze Setting wieder anspringt und der Markt wieder in Schwung kommt. Parallel dazu sehe ich großen Handlungsbedarf bei der Förderung von nachhaltigen Maßnahmen – im Neubau aber vor allem auch im Bestand. Zum Beispiel braucht es dringend mehr Mittel und Planungssicherheit, um Sanierungsoffensiven wie „Raus aus Öl und Gas“ sowie weitere Maßnahmen zur Dekarbonisierung rascher und effektiver umsetzen zu können.
Welche Schritte würde die BUWOG Group GmbH, die als Bauträger immer für bezahlbaren Wohnraum eintrat, setzen, um der Mietpreisproblematik entgegenzuwirken?
Gerade als privater Wohnbauträger sehe ich es als Teil unserer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, Wohnraum für alle zu entwickeln. Die BUWOG verfolgt daher seit Jahrzehnten den Anspruch, qualitätsvolle und hochwertige Wohnimmobilien für verschiedene Bevölkerungsgruppen anzubieten. Im Neubau lautet das Stichwort dabei „Mischobjekte“, also Projekte, die sowohl freifinanziertes als auch gefördertes Wohnen vereinen. Am besten lässt sich dies, auch im Hinblick auf die Rentabilität für private Bauträger, bei großvolumigen Entwicklungen mit mehr als 100 Wohneinheiten umsetzen.
Im Bestand fällt ein beachtlicher Anteil unserer Immobilien unter das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Das versetzt uns in die besondere Lage, zu einem Durchschnittspreis von knapp 5 Euro pro m² vermieten zu können. Wir sind darum bemüht, dass die Mieten auf einem leistbaren Niveau bleiben. Zwar stellen Nebenkosten wie etwa Heizkosten, Strom und allgemeine Betriebskosten für die BUWOG keine Einnahmen dar, dennoch ist es uns ein Anliegen, diese Kosten zu optimieren. So können wir die Gesamtbelastung für unsere Mieter:innen möglichst gering halten – das hat besonders in Verbindung mit der Energiekrise eine hohe Bedeutung. Dies gelingt uns u.a. durch thermische Sanierungen oder Heizungsumrüstungen, die wir durchschnittlich in über 100 Wohnungen pro Jahr umsetzen.
In den nächsten Jahren stehen vor allem im Bereich Nachhaltigkeit viele Veränderungen an. Die gesellschaftlich eingeforderte ökologische Verantwortung verlangt strukturelle Anpassungen, die sicher hohe Investitionen verursachen. Welche Maßnahmen wurden bis jetzt umgesetzt und welchen Prioritäten werden Sie sich in den nächsten Jahren widmen?
Neben dem Thema Leistbarkeit ist die Zukunftsfähigkeit unserer Immobilien im Hinblick auf Nachhaltigkeit ein sehr wichtiges Thema für uns. Als einziges Mitglied der Immobilienbranche im „klimaaktiv Pakt“ haben wir uns als Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung ambitionierten Klimazielen verpflichtet und setzen alles daran, diese zu erfüllen oder sogar zu übertreffen. Im Bestand setzen wir in den kommenden Jahren den Fokus auf die Umsetzung von thermischen Sanierungen sowie Heizungsumrüstungen, zusätzlich läuft aktuell ein Pilotprojekt mit Photovoltaik-Anlagen auf Dächern von Bestandsobjekten. Um die Leistbarkeit von Wohnraum mit Nachhaltigkeit langfristig verbinden zu können, ist die Finanzierung natürlich ein wichtiger Aspekt – auch hier kommt das Thema Förderungen wieder ins Spiel.
Mit welchen innovativ nachhaltigen Wohntrends können wir in den nächsten Jahren rechnen? Gibt es Projekte, die speziell erwähnenswert sind?
Ein Trend, der sich bereits jetzt stark abzeichnet und überwiegend eine Nachwirkung der Pandemie ist, ist die Umsetzung von multifunktionalen Gemeinschafträumen und Shared Office Space innerhalb eines Wohngebäudes, wie sie etwa in unserem Projekt DECK ZEHN in Favoriten zu finden sein werden.
Darüber hinaus sehen wir zahlreiche weitere innovative Trends beim Thema Wohnen, von denen wir bereits einige in Prüfung haben. Dazu zählen z.B. Stichworte wie Conceptual- und Connected-Living, interaktive Spielplätze, alternative Baustoffe und Erhöhung des Automatisierungsgrades in der Projektentwicklung sowie u.a. Leerstandsmanagement durch IoT.
Die Digitalisierung ist ein weiteres Thema, welches unaufhaltsam alle Branchen revolutioniert. Sie haben für dieses Jahr ebenfalls eine Digitalisierungsoffensive angekündigt. Der Launch der optimierten Kunden-App „Meine BUWOG“ soll die digitale Transformation vorantreiben. Welche Möglichkeiten bietet die App und von welchen Services profitieren Ihre Kund:innen?
„Meine Buwog“ – ist unsere Antwort auf den Wunsch unserer Kund:innen nach neuen digitalen Wohn- und Serviceimpulsen. Wir sehen uns als Innovationstreiber und nutzen jede Möglichkeit, Prozesse zu optimieren und den Kontakt mit Kund:innen digitaler und transparenter zu gestalten. Unsere App ist ein Meilenstein in der Serviceorientierung, denn sie bietet mit einer hochwertigen Informationsarchitektur und einer erhöhten Benutzerfreundlichkeit mehr Effizienz und eine raschere Bearbeitungszeit von Kundenanliegen.
Sie ist gezielt für Mieter:innen und Eigentümer:innen konzipiert und bietet ortsunabhängig eine einfache Lösung, um mit der BUWOG in Kontakt zu treten oder Informationen, persönliche Unterlagen oder Vertragsdetails und Ähnliches zu erhalten. So können etwa Betriebskostenabrechnungen, Verträge oder Belege direkt eingesehen, Zahlungsmodalitäten geändert, etwaige Fragen beantwortet oder auch Schadensmeldungen über die App abgewickelt werden. Mit dem Ausbau des Service-Moduls und der Integration einer automatischen Statusanzeige, werden Kund:innen aktiv miteingebunden und können am Bearbeitungsablauf teilhaben. Die Statusanzeige informiert hierbei in Echtzeit, wie weit die Bearbeitung des jeweiligen Anliegens fortgeschritten ist. Für uns haben die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kund:innen oberste Priorität. Aus diesem Grund war es uns sehr wichtig, unsere Kunden-App weiterzuentwickeln, um mit dieser auch unsere ganzheitliche Lösungs- und Servicequalität zu erweitern.
Gibt es weitere geplante Digitalisierungsprojekte für die Zukunft die Sie unseren Leser:innen ans Herz legen möchten?
Davon gibt es einige! Abgesehen davon, dass wir bereits bestehende Tools wie unsere App oder das digitale Schlüsselmanagement kontinuierlich weiter entwickeln möchten, planen wir, u.a. künstliche Intelligenz in unseren Arbeitsablauf einzubinden, um weitere Mehrwerte für unsere Kund:innen und Vorteile für unsere Mitarbeiter:innen zu erzielen – Ziel ist es, eine Win-Win-Situation zu schaffen.
Ein hybrides Eigentümerversammlungstool ist seit Kurzem im Einsatz und soll ein zentrales Werkzeug in der Immobilienverwaltung werden. Zudem ist das Thema Nachhaltigkeit bzw. ESG ein zentraler Aspekt unserer Unternehmenskultur, den wir in Verbindung mit Digitalisierungsmaßnahmen weiter forcieren und ausbauen werden. Dazu zählt z.B. der Start der internen Ausbildung zum/zur zertifizierten Klimaverwalter:in – diese Form der Ausbildung gibt es derzeit in der österreichischen Immobilienbranche noch nicht und wir sind stolz darauf, auch hier als Vorreiter voranzugehen.
Herr Töpfer, wir möchten Sie gerne auch als Privatperson etwas näher kennenlernen – daher noch ein paar persönliche Fragen:
Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Erfolg ist für mich immer eine Frage des Teams und als solches ist es uns gelungen, die BUWOG in den vergangenen Jahren trotz aller Herausforderungen auf Kurs zu halten und die BUWOG als Great Place to Work zu etablieren. Ich freue mich sehr, Teil des großen Ganzen zu sein und bin stolz, in meiner Position auch entsprechend Verantwortung dafür übernehmen zu können.
Was macht Ihnen an Ihrem Job am meisten Spaß?
Es erfüllt mich mit Stolz, wenn unsere Kund:innen auf unsere Produkte und Services vertrauen. Dazu kommt die Vielfalt meiner Tätigkeiten. Was mich in meiner Arbeit wohl am meisten erfüllt, ist schon heute die BUWOG von morgen zu gestalten und zielführend weiterzuentwickeln. Und das mit einem großartigen, kompetenten und schlagkräftigen Team – was will man mehr?
Wie hat sich die Covid-19 Krise auf Ihr Business ausgewirkt?
Das Coronavirus hat einschneidende wirtschaftliche Folgen weltweit mit sich gebracht und das hat natürlich auch die Immobilienbranche zu spüren bekommen. Insgesamt muss man aber sagen, dass wir mit keinen gravierenden Folgen konfrontiert waren. Auch wenn sich die Arbeitswelt verändert hat und es bei den Prozessen und Arbeitsabläufen nötige Anpassungen gab, konnten wir unser Geschäft aber immer kontinuierlich weiterverfolgen und waren sowohl für unsere Mitarbeiter:innen als auch für unsere Kund:innen ein „sicherer Hafen“. Im Vergleich zu anderen Betrieben und Branchen waren wir in dieser Hinsicht vermutlich in einer sehr privilegierten Situation.
Was war der größte berufliche Stolperstein? Wie haben Sie ihn überwunden?
Im Leben, beruflich wie privat, kommt es immer wieder zu Situationen, die einen fordern können. Ich denke, es ist wichtig, welche Einstellung man dazu hat: Sehe ich etwas als Herausforderung, für die es eine Lösung zu finden gilt, oder nehme ich etwas als Stolperstein wahr, vor dem ich Angst haben muss?
Ein Beispiel: Ich habe Anfang 2022 die Geschäftsführung für das Immobilienmanagement übernommen und der gesamte Bereich war auf Wachstum ausgerichtet, als es kurz danach, im März vergangenen Jahres, zum Angriffskrieg in der Ukraine mit all seinen Folgen (Zinsentwicklung, Inflation etc.) kam.
In so einer Situation macht es keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken, ganz im Gegenteil: Man muss Herausforderungen als Chance annehmen, den Blick nach vorne richten, egal was kommt, und – zumindest kurzfristig – schauen, wie man den Kurs annähernd beibehalten kann. Mein Ziel ist, aus allen Situationen gestärkt hervorzugehen und jede Herausforderung zur Weiterentwicklung zu nutzen.
Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Einen Tag lang wieder Kind sein: Ich möchte die Welt gerne noch einmal mit Kinderaugen sehen, in all ihren Farben und mit all ihren fantasievollen Wundern.
Mit jedem Lachen berühren sie unser Herz, was sie neu entdecken, versetzt auch uns ins Staunen. Es gilt zu erfahren, was mit uns passiert, wenn wir die Welt mit den Augen eines Kindes betrachten. Gleichzeitig zeigt uns ein Perspektivenwechsel, was man von Kindern alles lernen kann, wenn man sich wirklich auf sie einlässt.
Gibt es etwas, das Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Als leidenschaftlicher Skifahrer wäre es schon mal spannend den Mythos Streif in Kitzbühel hautnah zu erleben – sprich die Strecke in der Rennpräparation zu befahren.
Sie können EIN globales Problem lösen – welches wäre das?
Ganz klar: die Klimakrise.
Herr Töpfer, herzlichen Dank für das Interview.
Danke Ihnen.