TI-Korruptionsindex zeigt besorgniserregende Entwicklung in Österreich

Transparency International präsentiert die Ergebnisse des Korruptionsrankings (CPI) 2022.
© Transparency International
TI-Korruptionsindex zeigt besorgniserregende Entwicklung in Österreich
Georg Krakow, Vorstandsmitglied bei TI-Austria.

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Im Korruptionsindex von Transparency International (CPI) 2022 verliert Österreich neuerlich. Diesmal sind es drei Punkte weniger. Österreich erhält nur noch 71 von 100 Punkten. Im Vorjahr waren es noch 74 und vor zwei Jahren 76 Punkte. 

Der Punkteverlust hat im Ranking dazu geführt, dass Österreich aus den Top 20 gefallen ist. Unser Land nimmt nur mehr Rang 22 ein, knapp gefolgt von Staaten wie den Seychellen, Taiwan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Diese Tendenz ist nicht nur negativ, sondern inzwischen auch alarmierend. Punkteverlust und Verschlechterung im Ranking sind statistisch signifikant. 

„Vergangenes Jahr war Österreich noch auf Rang 13 zu finden, jetzt bekommen wir alle die Rechnung dafür präsentiert, dass die politischen Entscheidungsträger:innen Maßnahmen für die Korruptionsbekämpfung gar nicht oder nur sehr zögerlich in Angriff genommen haben. Skandale auf höchster politischer Ebene wurden dazu genutzt, um politisches „Kleingeld“ zu machen. Auch der kürzlich veröffentlichte Bericht von GRECO, der Staatengruppe zur Bekämpfung von Korruption, kritisiert, dass die Bemühungen zur Eindämmung von Korruption noch viel zu gering sind und deutlich intensiviert werden müssen“, warnt Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-Austria. 

Systematische Mängel im Fokus – Politik gefordert 

Der Fokus war auf Fehlverhalten von Einzelnen gerichtet und die Diskussion wurde nur darüber geführt, ob etwas strafrechtlich relevant wäre oder nicht. Dabei wurde versäumt, die dringend notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung systemischer Mängel zu setzen. 

© PantherMedia/Jiri Hera
TI-Korruptionsindex zeigt besorgniserregende Entwicklung in Österreich

„Eine effektive Bekämpfung von Korruption braucht eine klare und strenge Gesetzgebung, ein großes Augenmerk auf Präventionsarbeit und Compliance, eine berechenbare und rasche objektive Aufklärung und eine sichtbare und gerechte Verfolgung. Österreich hat in allen vier Punkten Handlungsbedarf – wie sich zunehmend auch international zeigt. Der Mandatskauf und die Bestechung künftiger Amtsträger:innen ist immer noch nicht strafbar, der seit Kurzem vorliegende Entwurf ist noch nicht ausreichend. Es ist hoch an der Zeit, Informationsfreiheit zu schaffen. Österreich ist hier ein Schlusslicht in Europa! Mehr als zehn Jahre doktern wir jetzt schon an diesem Thema herum. Das Lobbying-Recht ist anzupassen, das Thema Bundesstaatsanwalt liegt auf dem Tisch usw. Notwendig sind auch klare und ausreichende Regelungen zur Rechtsanwendung und zu Ermittlungsmaßnahmen insbesondere im digitalen Bereich. Wir benötigen einerseits eindeutige, ausreichende und klare Kompetenzen für die Strafverfolgungsbehörden, um rasch und zielgerichtet ermitteln zu können und wir benötigen andererseits effektiven gerichtlichen Rechtsschutz. Die WKStA braucht die notwendigen Ressourcen, für raschere Ermittlungen und auch um zusätzlich in Qualitätssicherung zu investieren. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es nur noch schlimmer. Staatliches Handeln in Verwaltung, Gesetzgebung, aber auch in der Gerichtsbarkeit muss für die Bürger:innen transparent sein. Nur so kann Vertrauen in die Behörden und öffentlichen Einrichtungen entstehen und bewahrt werden“, meint Georg Krakow, Vorstandsmitglied bei TI-Austria. 

Methodologie des CPI 

„Der Korruptionswahrnehmungsindex bezieht sich auf die letzten drei Jahre und aggregiert Daten aus 13 Datenquellen von 12 verschiedenen Institutionen (u.a. Bertelsmann Stiftung, Economist, World Economic Forum und World Bank) zur Wahrnehmung des Korruptionsniveaus im öffentlichen Sektor durch Geschäftsleute sowie Länderexpert:innen. Auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) werden die ermittelten Werte dargestellt. Einige der Quellen analysieren auch die verfügbaren Mechanismen zur Verhinderung von Korruption in einem Land, wie zum Beispiel: Rechtsschutz für Whistleblower:innen, Journalist:innen und Ermittler:innen. Der Transparency CPI hat sich als eines der besten Instrumente etabliert, um das schwer greifbare Phänomen Korruption in Zahlen zu fassen und das Niveau in den diversen Staaten zu bewerten“, erklärt Alexander Picker, Vorstandsmitglied bei TI-Austria. 

© PantherMedia/Yuri Arcurs
TI-Korruptionsindex zeigt besorgniserregende Entwicklung in Österreich

Der CPI umfasst u.a. folgende Erscheinungsformen von Korruption: Bestechung und Bestechlichkeit, Nepotismus, Untreue im öffentlichen Sektor und die effektive Strafverfolgung von korruptionsverdächtigen Amtsträger:innen sowie wirksame Integritätsmechanismen im öffentlichen Sektor. Expert:innen schätzen die Korruption in einem Staat u.a. anhand von folgender Frage: Inwieweit dämmt die Regierung Korruption erfolgreich ein und inwieweit werden Amtsträger:innen, die ihre Position missbrauchen, strafrechtlich verfolgt oder bestraft? 

Internationaler Vergleich 

Wie im letzten Jahr bleibt Dänemark auf Rang 1. Zum Vergleich: Österreich fehlen auf Dänemark mittlerweile schon 19 Punkte. Neuseeland und Finnland erzielen „ex aequo“ den zweiten Platz. 

Unsere Nachbarn Deutschland und Schweiz sind weiterhin unter den Top 10 Staaten der Welt gereiht. Die Schweiz verteidigt Rang sieben und Deutschland belegt Rang neun. 

Der Oman hat in diesem Jahr im Ranking, mit einem Minus von acht Punkten, am meisten Punkte verloren. Der Staat landet auf Rang 69. Am Ende der Rangliste finden sich Südsudan und Syrien, mit jeweils 13 Punkten sowie Somalia mit 12 Punkten. 

Verbesserungsvorschläge von TI 

„Anti-Korruptionsprojekte sind schon seit Jahren in der „Pipeline“ der Regierung, doch gegen die Umsetzung wird laufend mit Arbeitsaufwand und Datenschutz argumentiert. Es braucht mehr als nur Lippenbekenntnisse. Die konkreten Maßnahmen liegen auf dem Tisch. Österreich muss endlich den Mentalitätswandel vollziehen und Transparenz leben! Statt einer positiven Entwicklung, hat Österreich in Bezug auf Anti-Korruptionsmaßnahmen nahezu ein Jahrzehnt verspielt. Die Auswirkungen der Skandale und das schlechte Ergebnis im CPI wirken sich in der internationalen Wahrnehmung verheerend aus, u.a. auf die Investitionsbereitschaft in unserem Land. Der durch Korruption entstandene volkswirtschaftliche Schaden könnte sich hierzulande für das Jahr 2021 auf über 15 Mrd. Euro belaufen haben. Das ergaben Berechnungen von Dr. Friedrich Schneider, Universitätsprofessor an der Johannes-Keppler-Universität Linz“; argumentiert Eva Geiblinger. 

© PantherMedia/garagestock
TI-Korruptionsindex zeigt besorgniserregende Entwicklung in Österreich

Gebote von TI-Austria: 

  1. Unabhängige Ermittlungen! Die Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften ist von der Bundesministerin für Justiz zu entkoppeln! 
  1. Schutz von Whistleblower:innen! Der vollumfassende Schutz von Hinweisgeber:innen ist eines der effizientesten Mittel im Zuge von Anti-Korruptionsbemühungen – das HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG ist umzusetzen! 
  1. Ohne Transparenz kein Lobbying! Das Lobbying-Gesetz ist nachzuschärfen, um alle Lobbying-Aktivitäten, zu erfassen und öffentliche Kontrolle zu ermöglichen. 

Die Ergebnisse aller im diesjährigen CPI erfassten Staaten finden Sie hier 

https://ti-austria.at

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