Digitalisierung, Energiewende, Klima und Globalisierung – das sind Schlagworte, die heutzutage geradezu inflationär verwendet werden. Grundsätzlich meint man mit Megatrends Themen bzw. Entwicklungen, die maßgebliche gesellschaftliche Veränderungen bewirken können. Dazu hat das Wiener Marktforschungsinstitut Integral kürzlich eine repräsentative Studie für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren präsentiert.
Demnach sehen 44% der Österreicher die Digitalisierung als größten Treiber der Gesellschaft, dicht gefolgt von technischem Fortschritt z.B. bei Medizin und Big Data mit 43%. Nur knapp ein Drittel betrachtet die Automatisierung (33%) oder die Energiewende (29%) als sehr starken Einfluss. Der demografische Wandel (also die drohende Überalterung unserer Gesellschaft) macht sogar nur 18% der Befragten Sorgen.
Bei der Digitalisierung sehen die meisten grundsätzlich einen positiven Effekt auf das eigene Leben, lediglich 14% befürchten einen negativen Einfluss; insbesondere jüngere Befragte zwischen 16 und 29 Jahren meinen, die Digitalisierung werde sich sehr bzw. eher positiv auf ihren Job und ihre sozialen Kontakte auswirken.
It’s all about technology
Megatrends sind aus gutem Grund in der öffentlichen Wahrnehmung sehr präsent. Denn wir stehen am Beginn spannender Entwicklungen: Nachhaltige Energiequellen, autonomes Fahren oder virtuelle Realität im Industrie- oder Medizinbereich zeigen bereits heute ihr enormes Potenzial. Denken wir nur an die großen Themen wie Automatisierung, das Internet der Dinge oder Künstliche Intelligenz, dann wird deutlich, dass neue Geschäftsmodelle entstanden sind, deren wirtschaftliche Potenziale noch lange nicht ausgeschöpft sind.
Die größten Impulse gehen dabei zweifelsohne vom Technologiesektor aus: Sowohl in der Informationstechnologie als auch in der Biotechnologie und in der Umwelttechnologie stehen wir vor bahnbrechenden Entwicklungen; der globale Treiber der Technologisierung ist die stetig wachsende Weltbevölkerung, deren Lebensgewohnheiten sich in großen Schritten verändern.
Um 2050 könnte unser Planet laut UNO (United Nations Organization) bereits ca. zehn Milliarden Menschen zählen (2019: 7,7 Milliarden). Klimawandel und eine ständig wachsende Weltbevölkerung verlangen definitiv nach einer Alternative zu klassischen Energiearten. Neben neuen Quellen wie Wind oder Solar entstehen auch Industrien rund um Themen wie Energieeffizienz und Energieversorgung (Stichwort „Intelligente Netzwerke“). 79% der Österreicher ist daher laut eigener Angabe das Thema Nachhaltigkeit im Sinne von ökologisch, ethisch und sozial wichtig.
„Neo-Ökologie“ als wichtigster Megatrend
Hier trifft die Integral-Studie auf eine Untersuchung des deutschen Zukunftsinstituts mit Zentrale in Frankfurt am Main, wonach „neue Marktlogiken und Kundenbedürfnisse sowie disruptierte Geschäftsmodelle das unternehmerische Denken und Handeln in seinen Grundfesten“ erschüttern. Nachhaltigkeit wird zu einem Wirtschaftsfaktor, resümiert das Zukunftsinstitut: „Neo-Ökologie ist der wichtigste Megatrend unserer Zeit und der zentrale Treiber für vier Dimensionen des Wandels: ein neuer globaler Werteset, neue Konsumlogiken und damit neue Märkte, ein neues Verständnis von Natur, in dessen Zentrum die Gesundheit steht, und langfristig der Wandel der Gesamtgesellschaft in Richtung Postwachstum.“ Der Megatrend Neo-Ökologie löst demnach bestehende Geschäftsmodelle auf und stellt ganze Branchen kalt. Er zwingt zu einem neuartigen unternehmerischen Umdenken und erfordert entschlossenes Handeln.
Essenzieller Teil der Unternehmens-DNA
Ein völlig neuer Zeitgeist, der sich über viele Jahre seinen Weg aus der Nische in den Mainstream gebahnt hat, sei mittlerweile im kollektiven Bewusstsein verankert. Er bringt neue Marktlogiken und neue Kundenbedürfnisse hervor und stellt das bisherige System der Wirtschaft auf den Kopf.
„Klimaschutz ist nicht mehr nur ein Thema für Umweltaktivisten“, erläutert die Leiterin der Untersuchung des Zukunftsinstituts, Lena Papasabbas. „Die Zukunft aller Gesellschaften und aller Wirtschaftssysteme des Planeten hängt davon ab; Umwelt wird zum Mainstream-Thema, zum neuen Kriterium für gut und schlecht, richtig und falsch.“
Das neue Umweltbewusstsein ist das zentrale Element einer neuen Globalkultur und die Basis für aufstrebende Lebensstile und neue Konsummuster – bis hin zu einem neuen Menschenbild. „Unternehmen, die zukunftsfähig bleiben wollen, müssen es zu einem Teil ihrer DNA machen“, so Papasabbas.
Massive Neuausrichtung durch Neo-Ökologie
Denn andernfalls steuern wir auf eine ökologische Katastrophe zu. Auch die Vorstandsbüros, Konferenzräume und Kongresse dieser Welt erreicht langsam, aber sicher die kollektive Erkenntnis, dass eine ökologische Katastrophe zwangsläufig auch eine wirtschaftliche (und damit eine gesellschaftliche) ist. Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimawandel sind keine Nischenthemen mehr. Klar ist: Unsere Existenz steht auf dem Spiel.
Zugleich geht es bei Maßnahmen im Sinne der Umwelt immer weniger allein um ökologische oder soziale Mehrwerte, sondern immer mehr um handfeste wirtschaftliche Interessen – etwa darum, Ernteverluste zu vermeiden oder die Lebens- und damit die Standortqualität zu sichern.
„Umweltbewusstsein wird vom individuellen Lifestyle zur gesellschaftlichen Bewegung, Nachhaltigkeit vom Konsumtrend zum Wirtschaftsfaktor und die Klimakrise zur Grundlage einer neuen globalen Identität“, erklärt Papasabbas. „Der Megatrend Neo-Ökologie bewirkt nicht nur eine Neuausrichtung der Werte der globalen Gesellschaft, der Alltagskultur und der Politik. Er erschüttert unternehmerisches Denken und Handeln in seinen elementaren Grundfesten.“
Quellen: