Die Gesundheitsbranche leidet weltweit unter Herausforderungen wie Kostendruck, Fachkräftemangel oder regulatorischen Anforderungen. Künstliche Intelligenz (KI) und darauf basierende Technologien bieten sich hier als Lösung an.
Dies sehen auch die Führungskräfte der Branche so, wie eine Umfrage unter 100 Unternehmensführern und weiteren Entscheidern aus Gesundheitsunternehmen zeigt, die Roland Berger für die Studie „Future of Health – The AI (r)evolution“ durchgeführt hat.
Nutzung von KI
Alle Befragten nutzen KI bereits, 74 Prozent von ihnen regelmäßig. Dennoch haben bisher nur 15 Prozent die Technologie zumindest teilweise in Standardprozesse integriert.
Für die Zukunft erwarten die Manager, dass die Bedeutung von KI im Gesundheitswesen weiter zunimmt – vor allem in Diagnostik und Prävention. Fast alle (94 Prozent) rechnen mit starken oder sehr starken Auswirkungen auf ihr eigenes Unternehmen und 90 Prozent haben bereits eine spezielle Abteilung für KI eingerichtet. Dennoch sagen derzeit nur 29 Prozent der Befragten, dass ihre Organisation gut für das Thema aufgestellt ist.
„Künstliche Intelligenz revolutioniert die Gesundheitsbranche und transformiert die globale Wertschöpfungskette. Pharmaunternehmen und Medizintechnik entwickeln ihre Geschäftsmodelle weiter, Versicherungen nutzen KI zur Effizienzsteigerung, und in Kliniken sowie Praxen kommen KI-gestützte Diagnosen und Therapien verstärkt zum Einsatz. In Österreich sehe ich großes ungenutztes Potenzial, insbesondere in der KI-gestützten Befunddiagnostik. Für Unternehmen der Branche gilt es, die Nutzungsmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz zu erschließen, um bei Innovation, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit nicht zurückzufallen“, erklärt Filip Conic, Partner bei Roland Berger Österreich.
Bisher hilft KI im Gesundheitswesen vor allem bei der Optimierung von Prozessen und Kosten: 81 Prozent der Befragten nennen als Vorteil die Beschleunigung von Abläufen, 79 Prozent eine gesteigerte Qualität und 77 Prozent Kosteneinsparungen. Im Zuge weiterer technologischer Fortschritte dürfte KI sich in allen Bereichen der Patientenversorgung und in der gesamten Wertschöpfungskette im Gesundheitswesen durchsetzen.
KI-unterstützte Diagnoseverfahren, etwa in der Radiologie, versprechen schnellere und genauere Ergebnisse. Die Automatisierung von Routineaufgaben steigert die Effizienz und hilft, personelle und finanzielle Ressourcen freizumachen.
KI-gestützte Datenanalysen in Pharma- und Medizintechnikunternehmen beschleunigen klinische Studien und steigern die Effizienz bei Forschung und Entwicklung.
Fachwissen oder einschlägige Partner
Insgesamt erwartet das Marktforschungsunternehmen Grand View Research bis 2030 ein weltweites Marktvolumen für KI im Gesundheitswesen von bis zu rund 190 Milliarden US-Dollar.
Die Roland Berger-Studie zeigt allerdings, dass es bei der tatsächlichen Anwendung von KI derzeit noch große Unterschiede innerhalb der Branche gibt. So ist der Einsatz der Technologie etwa in der medizinischen Diagnostik deutlich weiter fortgeschritten als im Bereich der Therapie.
„Die Gesundheitsbranche erkennt zunehmend, wie essenziell Künstliche Intelligenz für ihre Zukunft ist – dies zeigen sowohl steigende Investitionen als auch der Fokus der Unternehmensführungen, beispielsweise durch die Einrichtung spezialisierter KI-Abteilungen. Dennoch sehen sich lediglich 29 Prozent der Unternehmen gut gerüstet, um durch Künstliche Intelligenz Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Hauptgründe dafür sind oft mangelnde technische Expertise und Unsicherheiten in Bezug auf Technologien und Infrastruktur“, unterstreicht Filip Conic.
Folgerichtig gaben 87 Prozent der Befragten an, dass sie lieber mit einschlägigen Technologieunternehmen zusammenarbeiten würden, als eigene KI-Lösungen zu entwickeln – trotz Bedenken, etwa in Bezug auf die Datensicherheit.
Effizienzgewinne durch KI
Für die weitere Entwicklung haben die Studienautoren drei Szenarien erarbeitet:
Die höchste Wahrscheinlichkeit sehen sie beim „realistischen Szenario“, einer raschen Entwicklung mit Einsatz von KI vor allem in Bereichen, wo sie messbare Vorteile bringt. Die Effizienzgewinne sind in diesem Fall ungleichmäßig über die Branche verteilt.
Ein zweites, „beschleunigtes Szenario“ beschreibt die schnelle Einführung von KI in der gesamten Gesundheitsbranche sowie deren umfassende Transformation.
Das dritte, „konservative Szenario“ geht von einer langsamen Entwicklung und begrenzten Auswirkungen aus.
„Egal, welches der drei Szenarien eintritt – Gesundheitsunternehmen müssen sich intensiv mit den Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf ihr Geschäft auseinandersetzen. Das Potential ist enorm. Pharmaunternehmen etwa können KI in der Pharmakovigilanz einsetzen, um Nebenwirkungen von Medikamenten effizienter zu überwachen und vorherzusagen, oder bei der Beantwortung komplexer Anfragen von Ärzten, zum Beispiel zu Wechselwirkungen von Medikamenten, durch automatisierte Literaturrecherchen. Entscheidend sind strategische Analysen und Investitionen in die vielversprechendsten KI-Anwendungen, um Wettbewerbsvorteile frühzeitig zu sichern und sowohl schrittweisen Veränderungen als auch disruptiven Entwicklungen gewachsen zu sein“, ergänzt Filip Conic abschließend.
Mehr Informationen zur vollständigen Studie finden Sie hier.