Konsumgüterunternehmen und die Frage der Nachhaltigkeitsstrategie

EY: Die Studie „Progress & Profit“ analysiert Einfluss von Nachhaltigkeit auf die globale Konsumgüterindustrie.
© EY / Robert Herbst
Inflation und Nachhaltigkeit – Strategien und Maßnahmen für nachhaltigen Handel
Martin Unger, Leiter des Sektors Konsumgüter und Handel bei EY Österreich.

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Nachhaltigkeit wird in der globalen Konsumgüterindustrie klar als Chance erkannt, um Wachstum zu fördern, Kosteneffizienz zu schaffen und Vertrauen bei Stakeholdern aufzubauen. Der Hauptantrieb für Nachhaltigkeitsaktivitäten ist die geschäftliche Rentabilität – das sagen fast neun von zehn befragten Führungskräften aus Verbraucher- und Einzelhandelsunternehmen (87 %). Ein Drittel der Konsumgüterunternehmen schätzt sich in ihrem Nachhaltigkeitskonzept als werteorientiert ein (34 %), ein weiteres (33 %) als reputationsorientiert. Soziale und ökologische Belange werden als weniger einflussreich angesehen als Markterwartungen und Markenwert. 

Chancen? 

Konsumgüterunternehmen auf der ganzen Welt nehmen derzeit nicht alle Chancen wahr, um eine nachhaltige Zukunft voranzutreiben und Werte zu schaffen: Sie zögern, wenn es um die Einbeziehung der Bedürfnisse von Verbraucher:innen und politischen Entscheidungsträger:innen in ihre Strategie geht, um Nachhaltigkeit voranzutreiben. 

„Die Konsumgüterindustrie hat durch ihre einzigartige Vertrauensposition eine große Chance, das Verbraucherverhalten zu beeinflussen. Verbrauchertrends und -erwartungen zählen zu den einflussreichsten Faktoren, die derzeit Nachhaltigkeitsstrategien vorantreiben“, betont Martin Unger, Leiter Consumer Products & Retail bei EY Österreich und Partner bei EY-Parthenon. 

Nachhaltigkeit als wachsender Trend 

Laut einer Befragung, von EY gemeinsam mit dem Handelsverband, aus dem Vorjahr sind Nachhaltigkeitskriterien beim Einkauf für Konsument:innen aktuell an dritter Stelle hinter Preis-Leistungsverhältnis (87 %) und Produktqualität (83 %). Besonders wichtig sind Aspekte wie Regionalität (77 %), Tierwohl (72 %) und der Verzicht auf fragwürdige Inhaltsstoffe (68%). 

© PantherMedia/Yuri Arcurs
Konsumgüterunternehmen und die Frage der Nachhaltigkeitsstrategie

„Nachhaltigkeit wird am Konsummarkt in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen, gerade jüngere Zielgruppen sind dazu geneigt, auch Maßnahmen wie die Reduktion des Fleischkonsums zu ergreifen oder einen Aufpreis für nachhaltige Produkte zu bezahlen – obwohl das im aktuellen Konjunkturumfeld mit steigender Inflation natürlich schwierig sein wird“, führt Unger weiter aus. 

Optimierungspotential bei Verbrauchertrends 

Fast neun von zehn Führungskräften (88 %) stufen die Notwendigkeit, auf Verbraucher- und Markttrends zu reagieren, als „sehr wichtig“ oder „wichtig“ ein. Gleichzeitig gibt nur ein Drittel (32 %) der Befragten an, dass sie eine optimierte nachhaltigkeitsbezogene Zusammenarbeit mit ihren Abnehmer:innen und der Gemeinschaft haben. Fast zwei Drittel der Befragten (62 %) sagten aus, dass sie zwar bei Information und Aufklärung von Konsument:innen zusammenarbeiten – nichtsdestotrotz bleibt hier eine große Lücke bestehen, da sowohl beim Verbrauch, aber auch bei der Entsorgung der verkauften Produkte erhebliche Emissionen und damit verbundene Produktabfälle entstehen können. Die Unternehmen verpassen die Chance, die Verbraucher:innen in ihr Ökosystem zu integrieren, um ihre Nachhaltigkeitsstrategien zu verwirklichen. 

Vorschriften als Hindernis 

Fast zwei Drittel der Konsumgüterunternehmen geben an, dass strenge Vorschriften ein wesentliches Hindernis für eine nachhaltige Zusammenarbeit mit Verbraucher:innen und Entscheidungsträger:innen darstellen. Mehr als drei Viertel (80 %) der Befragten sind sich einig, dass staatliche Vorschriften und Industriestandards die Nachhaltigkeit vorantreiben – dies verdeutlicht den großen Einfluss von Vorschriften auf die Gestaltung von Nachhaltigkeitsstrategien. Trotzdem sehen nur sechs Prozent in der Bündelung von Kräften und der aktiven Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträger:innen einen entscheidenden Faktor für künftige Fortschritte. 

„Eine verpasste Gelegenheit! Unternehmen sollten danach trachten, enger in spezifische Szenarien eingebunden zu werden, denn dadurch können alle Stakeholder besser an einem Strang ziehen, um Nachhaltigkeit sinnvoll umzusetzen. Die Regulierung wird in den kommenden Jahren voraussichtlich zunehmen, insbesondere wenn die Regierungen einen Großteil der Infrastruktur, der Anreize und der Governance für positive nachhaltige Auswirkungen bereitstellen können“, betont Unger. 

Die Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträger:innen zur Förderung der Nachhaltigkeit ist eher schwach ausgeprägt: Die Region Asien-Pazifik (8 %), Europa (5 %) und Nordamerika (2 %). Diese Zahlen zeigen, dass die Führungskräfte der Wirtschaft ihre Zusammenarbeit mit den politischen Entscheidungsträger:innen verbessern müssen, um die gegebenen Erwartungen festzulegen und zu erfüllen. 

© PantherMedia/Manastrong (YAYMicro)
Konsumgüterunternehmen und die Frage der Nachhaltigkeitsstrategie

Zusammenwirken der Kräfte 

Konsumgüterunternehmen zeigen sich interessiert daran, bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsmaßnahmen zusammenzuarbeiten. Die Mehrheit (85 %) der Befragten gab an, dass sie eine engere Zusammenarbeit mit Partner:innen anstreben, um gemeinsame Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen (45 %) sagte aus, dass die Zusammenarbeit mit ihren Mitbewerber:innen zunimmt. Immerhin ist jedoch noch ein knappes Drittel (29 %) der Meinung, dass die Kooperation mit Partner:innen noch nicht optimiert sei. 

„Die Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen zwar bereits im Bereich der Nachhaltigkeit zusammenarbeiten, um Initiativen in größerem Umfang umzusetzen – es gibt aber immer noch Spielraum für eine Ausweitung der Partnerschaften. Es ist klar, dass die Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsziele nicht im Alleingang erreichen. Die Herausforderung scheint die fehlende Klarheit zu sein, was diese Kooperationen konkret bewirken können und sollen – kurzgefasst, es fehlt ein Business Case für Nachhaltigkeitskooperationen“, kommentiert Unger. 

Fast sieben von zehn Führungskräften (68 %) nennen das Fehlen klarer Ziele als Haupthindernis für die Messung des Fortschritts in der Zusammenarbeit. 

„Durch Zusammenarbeit und eine mutigere Vision der Unternehmensführung kann die Konsumgüterindustrie ihre Nachhaltigkeitsambitionen mit wertsteigernden und skalierbaren Projekten verbinden, die ihrer Wertschöpfungskette und ihrem gesamten Ökosystem kollektive Vorteile bringen. Der Austausch bewährter Praktiken und die Nutzung von Synergien zwischen verschiedenen Sektoren im Bereich der Kreislaufwirtschaft ist nicht nur sinnvoll, sondern wird auch dazu beitragen, einen echten Mehrwert für die Unternehmen zu schaffen, die sich an kollektiv definierten Messstandards orientieren oder profitable Lösungen aus den Nebenprodukten ihrer Mitbewerber entwickeln können“, so Unger. 

© PantherMedia/biancoblue (YAYMicro)
Konsumgüterunternehmen und die Frage der Nachhaltigkeitsstrategie

„Natürlich müssen die Betriebe mit ihrem eigenen Geschäft beginnen und ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen auf ihre Lieferketten, ihre Partner:innen und ihre Mitarbeitenden maßschneidern. Aber sie sollten hier nicht stehen bleiben. Stattdessen sollten sie versuchen, ihre Nachhaltigkeitsstrategie ganzheitlich in die Märkte zu integrieren, in denen sie tätig sind, indem sie sich mit Verbraucher:innen, Gemeinden, Regierungen und Organisationen zusammenschließen. Auf diese Weise erhalten sie die Größenordnung, die sie brauchen, um Verbesserungen voranzutreiben. Und sie schaffen auch den Wert und das Wachstum, das Unternehmen langfristig erfolgreich macht”, erklärt Unger abschließend. 

Das sind Ergebnisse der aktuellen Studie mit dem Titel “Progress and Profit: How consumer companies will scale sustainability through collaboration” von EY und Economist Impact, in deren Rahmen 400 Führungskräfte aus Verbraucher- und Einzelhandelsunternehmen befragt wurden. 

https://www.ey.com

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