Der rasante Anstieg der Lebenserhaltungskosten belastet die finanzielle Situation der Österreicher:innen und wirkt sich wesentlich auf ihr Kaufverhalten aus. Die Mehrheit der Konsument:innen ist beim Einkaufen sparsamer geworden, kauft nur mehr das Notwendigste und greift verstärkt zu günstigeren Eigenmarken.
„Durch den Inflationsdruck und die steigenden Lebenserhaltungskosten geben die Österreicher:innen weniger Geld aus und sind beim Einkaufen bedachter und sparsamer geworden. Rund ein Drittel hat sogar mit finanziellen Engpässen zu kämpfen. Diese Zahlen sind alarmierend – und von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung zukünftiger Strategien und Maßnahmen im Einzelhandel sowie zur Unterstützung der finanziellen Stabilität, Kaufkraft und dem Wohlergehen der Bevölkerung“, erklärt Hannah Kehl, Insights Director bei Consumer Panel Services GfK.
Haushalte unter Druck
Die gestiegenen Lebenserhaltungskosten schlagen sich auch auf die Finanzen der Österreicher:innen nieder. So gibt ein Drittel (29 %) der Österreicher:innen an, sich in einem finanziellen Engpass zu befinden. Dies ist der zweithöchste Wert seit dem Beginn der Lebenserhaltungskrise und dem damit einhergehenden rasanten Anstieg der Inflation vor rund zwei Jahren im Frühjahr 2022 (25 %).
Im EU-Schnitt sind es 35 Prozent der Haushalte, die sich aktuell in einer schwierigen finanziellen Lage befinden. Besonders betroffen sind Länder wie Spanien (51%), Ungarn (50%) und Serbien (49 %), wo rund jeder zweite Haushalt mit Geldknappheit zu kämpfen hat. Aber auch in Ländern wie Italien und Kroatien liegt der Prozentsatz mit jeweils 45 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt.
Am wenigsten von finanziellen Engpässen betroffen sind die Konsument:innen in den beiden Ländern Tschechien (21 %) und Niederlande (21 %). Auch Deutschland liegt mit 26 Prozent unter dem EU-Schnitt, gefolgt von der Slowakei (28 %), Dänemark (29 %) und Österreich (29 %).
Sparsames Österreich
Aufgrund der inflationsbedingten finanziellen Engpässe sind österreichische Konsument:innen aktuell sehr sparsam beim Einkaufen: Rund zwei Drittel der Österreicher:innen gibt aktuell weniger Geld beim Einkaufen des täglichen Bedarfs aus (66 %) und kauft nur mehr das Notwendigste (69 %). Das sind etwas mehr als im EU-Schnitt mit jeweils 62 Prozent und 61 Prozent. Neben Frankreich (68 %) und Belgien (67 %) sind die Konsument:innen in Österreich im EU-Vergleich somit sogar am sparsamsten beim Einkaufen. Im Vergleich dazu geben hingegen in Spanien nur mehr rund die Hälfte der Konsument:innen (51 %) weniger Geld beim Einkaufen aus.
Auch die Kaufkriterien und das Preisbewusstsein der Österreicher:innen haben sich stark geändert: Rund zwei Drittel (64 %) der Österreicher:innen gibt an, nun mehr auf den Preis zu achten als auf die Qualität von Produkten. Das deckt sich mit allen anderen EU-Ländern, wohingegen dänische Konsument:innen mit 74 Prozent am preisbewusstesten sind. Der EU-Schnitt liegt hier bei 67 Prozent.
Aufgrund des höheren Preisbewusstseins nutzt die Mehrheit der Österreicher:innen (82 %) – wie auch in allen anderen EU-Ländern (im Schnitt 81 %) – nun auch verstärkt Rabattaktionen. Wenig überraschend greift deshalb auch rund ein Drittel (66 %) der Österreicher:innen beim Einkaufen eher zu Eigenmarken statt zu Markenprodukten. Im EU-Schnitt tun dies lediglich 57 Prozent – die Briten, Kroaten und Rumänen greifen mit 42 Prozent am wenigsten zu Eigenmarken.
„Die aktuellen Daten zeigen deutlich, wie sich die Kaufgewohnheiten der Österreicher:innen angesichts der finanziellen Herausforderungen verändern. Der Trend zu sparsamem Einkaufen und einer verstärkten Fokussierung auf den Preis ist für den Einzelhandel und die Konsumgüterbranche von großer Bedeutung. Zudem sehen wir bei der Bedeutung von Marken und Handelsmarken einen substanziellen Strukturwandel. Diese Erkenntnisse ermöglichen es Unternehmen, ihre Strategien anzupassen und gezielt auf die Bedürfnisse der Verbraucher einzugehen, um auch in anspruchsvollen Zeiten erfolgreich zu sein. Man könnte sogar so weit gehen, zu sagen, dass ist ein Weckruf mehr in die Markenbildung zu investieren“, unterstreicht Marktforscherin Hannah Kehl.
Preissteigerungen
In Österreich ist wie auch in allen anderen EU-Ländern die Sorge vor weiteren Preissteigerungen groß. Obwohl sich dieser Wert seit Beginn der Krise von 46% auf 38% verbessert hat, befürchten rund ein Drittel (38 %) der Österreicher:innen immer noch, dass die Preise von alltäglichen Produkten weiter steigen werden und sich dies auch auf ihr Einkaufsverhalten auswirken werde. Bei Outdoor-Freizeitaktivitäten ist es sogar rund die Hälfte (53 %) der Österreicher:innen – das sind um 17 Prozent mehr als noch im Frühjahr 2022 (36 %).
„Wichtig ist, die Sorgen, Wünsche und Bedürfnisse der österreichischen Konsument:innen zu verstehen und darauf entsprechend zu reagieren. Unsere Arbeit zielt darauf ab, eine fundierte Grundlage für strategische Entscheidungen zu bieten, die auf den aktuellen Entwicklungen der österreichischen Konsumlandschaft basieren. Durch umfassende und regelmäßige Studien ermöglichen wir einen tiefen Einblick in die Motivationen, Verhaltensweisen und Muster von rund 15.000 Konsument:innen in ganz Europa – vergangen, gegenwärtig und zukünftig“, ergänzt die Expertin abschließend.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine der größte Konsumenten-Studie Europas, die halbjährlich von Consumer Panel Services GfK – ein Unternehmen von YouGov – durchgeführt wird. An der Umfrage nahmen rund 15.000 Konsument:innen aus 21 Ländern teil, darunter auch 746 aus Österreich.