Fachkräftemangel gefährdet Wettbewerbsfähigkeit und Innovation der Unternehmen

Großteil der Befragten beklagt den zusätzlichen Arbeitsaufwand, der durch unbesetzte Stellen entsteht.
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Fachkräftemangel gefährdet Wettbewerbsfähigkeit und Innovation der Unternehmen
Nikolai Dürhammer, Geschäftsführer bei StepStone Österreich & Schweiz.

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Trotz stagnierender Wirtschaft und hoher Inflation sind die Verbrauchernachfrage und das Beschäftigungswachstum stark geblieben, die Einstellungsaussichten für Kandidat:innen sind gut und Arbeitgeber suchen in allen Branchen weiterhin Personal.

Im ersten Halbjahr wurden österreichweit mehr als 270.000 Stellen ausgeschrieben. Im Vergleich zum letzten Halbjahr 2022 ist das sogar eine leichte Steigerung um 2 Prozent, in einzelnen Branchen wie den technischen Ausbildungsberufen (plus 19 Prozent), Pflege (plus 20 Prozent), Ärzt:innen (plus 14 Prozent) oder Bauwesen (plus 13 Prozent) sind die Stellenausschreibungen sogar deutlich gestiegen.

Durch den Fachkräftemangel verlängere sich die Zeitspanne von der Stellenausschreibung bis zur Besetzung einer offenen Stelle mittlerweile spürbar, das sagen 61 Prozent der befragten Personaler:innen. 58 Prozent beklagen unbesetzte Stellen und 65 Prozent spüren die negativen Auswirkungen in der Mehrbelastung des bestehenden Personals.

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Fachkräftemangel gefährdet Wettbewerbsfähigkeit und Innovation der Unternehmen

Gründe für den Fachkräftemangel

Die Frage, wie der Personalmangel in immer mehr Branchen Österreichs entstanden ist, kann nicht auf eine einzige Ursache zurückgeführt werden. Vielmehr ist es eine Vielzahl an unterschiedlichen Gründen:

  • Adieu „Babyboomer“

Darunter versteht man die Auswirkungen unserer immer älter werdenden Gesellschaft, also dass Menschen immer älter werden, aber weniger junge Leute nachkommen. Es ergibt sich hier ein demografischer Shift, weil jährlich mehr Personen in Pension gehen als neue Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt einsteigen.

  • Regionale Unterschiede

Ein weiterer Grund für den Arbeitskräftemangel ist, dass die offenen Stellen nicht immer dort frei werden, wo Fachkräfte einen Job suchen. Das bedeutet, dass das Angebot und die Nachfrage oftmals örtlich getrennt sind. Durch die fehlende Mobilität ergeben sich hier starke Diskrepanzen, sodass es in einem Bundesland beispielsweise Arbeitssuchende gibt, die in ihrem Berufsfeld keinen Job finden, in anderen Bundesländern jedoch das Angebot an offenen Stellen für genau diese Berufsgruppe groß wäre.

  • Auswirkungen der Corona-Pandemie

Auch die Corona-Krise hat den Fachkräftemangel noch weiter verschlimmert. Einerseits sind Arbeitskräfte vor allem aus Osteuropa während der Pandemie zurück in ihre Heimatländer gegangen, wodurch diese Arbeitskräfte nun in Europa fehlen. Andererseits gab es vor allem in der Tourismusbranche auf Grund all der Lockdowns und Einschränkungen zu einer beruflichen Umorientierung von vielen Arbeitskräften, die in andere Branchen abgewandert sind.

  • Arbeitsmodell Teilzeit

Immer mehr Arbeitnehmer:innen legen Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Das bedeutet, dass immer mehr Mitarbeiter:innen neben flexibleren Arbeitsbedingungen auch eine Teilzeitbeschäftigung bevorzugen. Das bedeutet zwar keine Reduzierung der Anzahl der Fachkräfte, doch wenn immer mehr von ihnen weniger Stunden arbeiten wollen, ergibt sich dadurch auch ein Mangel bei den Unternehmen, die für die Erbringung der gleichen Wirtschaftsleistung mehr Personal finden und einstellen müssen.

Damoklesschwert Demografie

Geschuldet ist der Mangel an qualifizierten Fachkräften demnach nicht nur den obengenannten Faktoren, sondern auch die demografische Entwicklung spielt eine wichtige Rolle am Jobmarkt. Demnach schrumpft der Anteil der Erwerbsbevölkerung in den nächsten 30 Jahren europaweit

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Fachkräftemangel gefährdet Wettbewerbsfähigkeit und Innovation der Unternehmen

In Europa wird ein Schrumpfen der erwerbstätigen Bevölkerung um 9 Prozent erwartet. Da Österreich noch ein leichtes Bevölkerungswachstum prognostiziert wird, fällt die Situation hier nicht ganz so drastisch aus. In den vergangenen Jahren war Österreich vor allem dank starker Zuwanderung aus Osteuropa eines der Länder mit einer günstigeren demografischen Entwicklung.

Wie die weitere Entwicklung aussieht, ist offen: Die Anzahl der zu besetzenden Stellen wird voraussichtlich weiter steigen, die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter geht zurück, gleichzeitig dürfte durch das steigende gesetzliche Frauenpensionsalter wieder ein Zuwachs an älteren Erwerbsbeschäftigten erwartet werden. Aber auch hierzulande ist laut einer aktuellen Prognose der Statistik Austria mit einem Schrumpfen der Erwerbsbevölkerung zu rechnen – etwa um 4,8 Prozent in den nächsten dreißig Jahren – ein Damoklesschwert, das drohend über dem gesamten Arbeitsmarkt hängt.

Proaktives handeln der Unternehmen

Betriebe setzen nun auf eine Stärkung ihrer Arbeitgebermarke, nutzen alle ihnen zur Verfügung stehenden Recruiting-Kanäle und investieren in die Weiterbildung ihrer bestehenden Belegschaft, um mit dem sich ständig wandelnden Arbeitsmarkt Schritt zu halten. Kleinere Unternehmen konzentrieren sich heute primär auf Online-Kanäle, während größere Unternehmen ein breiteres Spektrum an Methoden einsetzen, um potenzielle Mitarbeiter:innen zu erreichen. Online-Jobportale sind im Allgemeinen das beliebteste Medium und werden unabhängig von der Unternehmensgröße von 95 Prozent der Befragten genutzt.

Hoher Stellenwert von HR

Mehr als die Hälfte der Befragten gibt ebenso an, dass die HR-Abteilung für den reibungslosen Ablauf im Unternehmen wichtig ist und einen hohen Stellenwert im Unternehmen hat (55 Prozent). 51 Prozent geben an, dass ihre Fachabteilung mit dem Fachkräftemangel sogar noch an Einfluss gewonnen hat.

Strategien der HR-Abteilungen gegen den Fachkräftemangel

  1. Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung 67 %
  2. Verstärktes Employer Branding 59 %
  3. Nutzung aller zur Verfügung stehenden Recruiting-Kanäle 49 %
  4. Weiterbildung bestehender Mitarbeiter:innen 44 %
  5. Active Sourcing 37 %
  6. Förderung von Diversität (ältere Dienstnehmer, Menschen mit Behinderung, etc.) 27 %
  7. Aufbau von Talentpools 26 %
  8. International Rekrutieren 23 %

„Gamechanger“ im Recruiting

  1. Flexible Arbeitszeiten 25 %
  2. Sinnstiftende Arbeit 23 %
  3. Attraktives Gehalt 20 %

„Die Herausforderungen sind groß, bieten aber auch Chancen für diejenigen, die bereit sind, sich anzupassen und Pionierarbeit zu leisten. In diesem dynamischen Umfeld wird der Erfolg denjenigen gehören, die diesen Wandel aktiv gestalten und neu definieren, was es bedeutet, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein“, erklärt Nikolai Dürhammer, Managing Director von Stepstone Österreich und Schweiz, abschließend.

Das ergibt die aktuelle Studie „Recruiting in Österreich“ der Recruiting-Plattform Stepstone Österreich, für die im Mai 2023 mehr als 250 Recruiter:innen zu den wichtigsten Themen rund um Recruiting und Mitarbeitersuche in Österreich befragt wurden.

https://www.stepstone.at

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