Die größten 100 Unternehmen verantworten zusammen etwa zwei Drittel der globalen Treibhausgas-Emissionen. Gelingt es nicht, diese 100 Unternehmen zu einem (strategischen) Umdenken zu bewegen, rückt das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die globale Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu reduzieren, in weite Ferne.
Globale Risiken verlangen globale Antworten
Das gilt vor allem für die Klimarisiken: Schon seit 2011 gehören extreme Wetterereignisse, steigende Treibhausgasemissionen und Naturkatastrophen zu den Top 5 der Risiken, die laut World Economic Forum mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werden. 2019 kam auf Platz 2 die fehlende Fähigkeit der Menschheit, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen sowie die in direktem Zusammenhang stehende globale Wasserkrise hinzu.
Aus Österreich hat sich die Erste Asset Management dieser internationalen „Climate Action 100+“-Initiative angeschlossen. „Um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erfüllen, genügen einzelne kleine Schritte zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen nicht mehr. Es bedarf konzertierter, globaler Anstrengungen, um ein potenzielles Klimachaos noch zu vermeiden“, betont Gerold Permoser, Chief Investment Officer in der Erste Asset Management.
Denn die Menschheit ist dabei, das in Paris beschlossene Ziel von 1,5 Prozent weniger CO2-Emissionen abermals zu versäumen. Derzeit sind nur eine Handvoll Länder auf dem Weg, ihre Vorgaben für Treibhausgasemissionen zu erreichen. „Einerseits erkennt man ein Problem als gravierend, andererseits tut man nichts, um es zu lösen. Und dass, obwohl man an den Schalthebeln der Macht dafür verantwortlich ist. Wir wollen unseren Beitrag als nachhaltiger Asset Manager leisten und tun, was möglich ist“, sagt Permoser.
Während der nächsten vier Jahre tritt Climate Action 100+ jeweils unter der Führung eines lokalen Investors in einen kontinuierlichen Dialog mit den betroffenen Unternehmen ein. Dies erfolgt sowohl durch informelles Engagement als auch gezielt auf den Hauptversammlungen. Darüber hinaus werden eigene Aktionärsanträge zur Abstimmung durch die Aktionäre von einzelnen Partnern vorbereitet.
Als größte österreichische Kapitalanlagegesellschaft hat die Erste Asset Management die Führung für das gemeinsame Engagement der Climate Action 100+ Partner mit dem Erdöl- und Gas-Produzenten OMV AG übernommen, die mit über 20.000 Mitarbeitern und einem Konzernumsatz von über 20 Mrd. € eines der größten an der Wiener Börse notierten Industrieunternehmen in Österreich ist.
Im Rahmen dieses Dialogs thematisiert die Erste AM in regelmäßigen Treffen mit dem Management die Risiken, denen die OMV als Erdöl- und Gas-Produzenten gegenübersteht. Um die Bedeutung des Themas zu unterstreichen, ist die Erste AM bereits auf der Hauptversammlung 2018 für mehr Transparenz in Bezug auf die Auswirkung des Pariser Klimaabkommens auf die Werthaltigkeit der Öl- und Gas-Reserven des Unternehmens sowie eine stärkere Einbeziehung des sich aus dem Abkommen ergebenden nötigen Wandels in der Unternehmensstrategie eingetreten.
„Die Anstrengungen der Climate Action 100+ Initiative werden über die nächsten Monate und Jahre noch weiter verstärkt, um gemeinsam mit unseren Partnern den Grundstein für eine signifikante Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen zu legen“, verspricht Permoser.
Ein Bekenntnis zum Standort Österreich
„Wer für Klimaschutz ist, muss auch für die heimische Industrie sein!“ Beim Thema Klimaschutz seien viele Maßnahmen eher ein umweltpolitischer Populismus und eigentlich kontraproduktiv, meint der Präsident der NÖ Industriellenvereinigung (IV-NÖ), Thomas Salzer. So sorge die Elektro-Mobilität zwar für deutlich weniger Emissionen im Betrieb, „berücksichtigt man aber in einer Lebenszyklus-Analyse auch die Produktion der Batterien, die auch lokale Probleme beim Abbau der Rohstoffe schafft, dann ist das Batterie-E-Auto nicht die Lösung“, erklärt Salzer.
Wie schwierig die Beurteilung und „Dingfestmachung“ von Emissionen ist, zeige auch das Beispiel des Videostreamens. „Da werden in derselben Zeit fünf- bis zehnmal so viele Emissionen verursacht wie beim Lesen eines Buchs – natürlich inklusive der Herstellung“, rechnet der IV-NÖ-Präsident vor. Vom kulturellen Wert eines Buchs einmal abgesehen, klinge es einfach, durch eine CO2-Steuer mehr Anreize zum CO2-Sparen zu geben, jedoch: „Die lokale Produktion ist leicht zu fassen, wie aber fassen wir die global verteilten Emissionen digitaler Medien?“, fragt Salzer.
Bis es so weit kommt, dass sich weltweit alle an die gleichen Regeln und Standards halten, sei es noch ein weiter Weg. „Daher sollten wir uns für das Hier und Jetzt vor allem folgendem Gedanken widmen: Wer für Klimaschutz und Umweltschutz ist, der muss auch dafür sein, dass der Produktionsstandort Österreich erhalten bleibt“, betont Salzer. Denn die Verlagerung von Produktionen in andere Regionen der Welt könnte auf unserem Planeten noch mehr Schaden anrichten.
Hohes Einsparungspotenzial durch Gebäudesanierung
Ein heimlicher Star, quasi ein Hidden Champion des Energieeffizienz-Potenzials: der Einsatz innovativer Gebäudetechnologien. Dieser leistet einen wesentlichen Beitrag zum effizienten Energiemanagement und zur CO2-Reduktion. In der Klimaschutz-Diskussion wird diesem Umstand noch zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Angesichts des stetig steigenden Energieverbrauchs können wir die Klimaschutzziele und die CO2-Reduktionsziele nur erreichen, wenn die Energieeffizienz speziell bei der Gebäudesanierung weiter erhöht wird. „Die technologische Entwicklung und die Digitalisierung eröffnen uns hier neue Möglichkeiten. Es gilt nun, den Übergang zu diesen Technologien proaktiv zu gestalten“, sagt Manfred Müllner, Geschäftsführer-Stellvertreter des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie. „Das heißt, die bautechnische Sanierung und die Digitalisierung des Gebäudes müssen das Ziel sein.“
„Klimaschutz scheitert heute an den zögerlichen Investitionen und der noch viel zu niedrigen Renovierungsrate“, erklärt Robert Pfarrwaller, Fachausschuss-Vorsitzender Elektrogroßhandel des Bundesgremiums Elektro- und Einrichtungsfachhandel. „Die zentralen Fragen sind: Wie können wir CO2-neutralen Strom erzeugen, speichern und dessen Verwendung in Gebäuden erhöhen? Und wie können wir mithilfe der Digitalisierung und Automatisierung sowohl die Energieeffizienz als auch den Komfort weiter erhöhen? Dazu sind bereits viele Technologien verfügbar, und die ersten Best Practice-Beispiele zeigen das große Potenzial energieeffizienter Gebäudesanierungen auf. Das Wissen rund um diese neuen Technologien ist aber noch nicht ausreichend vorhanden.“
Neben einer bewusstseinsbildenden Offensive fordert Pfarrwaller Investitionsanreize, um energieeffiziente Sanierungen attraktiver zu machen: „Wir schlagen in unserem Modell die Einführung eines Abschreibungsmodells vor, das die steuerliche Entlastung für Gebäude-Investitionen mit nachweislichen Energie- und CO2-Einsparungen vorsieht. Die Höhe der Entlastung richtet sich nach der Höhe der belegbaren Einsparungen.“ Die Analysen und Nachweise sind durch Marktteilnehmer erstellbar, die bereits heute zur Ausstellung von Gebäude-Energieausweisen berechtigt sind.
Um Planungssicherheit zu geben und um einen messbaren Impuls zu entfalten, muss diese Maßnahme für mindestens eine Legislaturperiode umgesetzt werden. Pfarrwaller: „Auch der Entfall der Eigenstromsteuer ist zu diskutieren. Durch sie wird die Stromproduktion für den Eigenbedarf der Gewerbebetriebe derzeit verhindert.“ Mithilfe dieser finanziellen Anreize soll die Anhebung der derzeitigen Renovierungsrate von unter ein Prozent auf die in der #mission2030 geforderten zwei Prozent bis 2030 gelingen.
Andreas Wirth, Bundesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker in der WKÖ, weist auf den Umstand hin, dass bei elektrotechnischen Sanierungen die Elektrotechniker vor Ort ein umfangreiches Lösungs-Know-how anbieten und eine kompetente Umsetzung gewährleisten, die für die Objektsicherheit und die der Nutzer entscheidend ist. Wirth plädiert weiters für eine technologieneutrale und ganzheitliche Sichtweise: „Punktuelle Maßnahmen bringen nichts, da auf jedes Gebäude individuell eingegangen werden muss. Ziel in der Beratung des gewerblichen Kunden und der Endkonsumenten ist es, die geeignetsten Effizienzmaßnahmen mit dem höchsten Einsparpotenzial zu ergreifen.“
Von der Entwicklung einer intelligenten Energie-Infrastruktur profitiere, so Wirth, auch die regionale Wertschöpfung und die heimische Innovationskraft werde gestärkt. Gesamtheitlich entwickelte Energiekonzepte unterstützen zudem Regionen und Gemeinden, um die negativen Folgen des Klimawandels zu bewältigen, und machen sie nachhaltig fit für die digitale Zukunft.
Österreich braucht jetzt einen massiven Investitionsschub, sind sich die drei Experten einig. „Ohne Investitionen in klimaschonende Technologien wird Österreich die Klimaziele verfehlen. Die energieeffizienten Technologien sind bereits am Markt, jetzt geht es darum, dieses Potenzial zu nutzen“, fordert Manfred Müllner.
Einfach zum Nachdenken – mehrfach zum Nachdenken
Der Weltklimarat hat in seinem aktuellen Bericht darauf aufmerksam gemacht, dass die Lebensmittelverschwendung mit rund acht Prozent zur CO2-Bilanz und damit zur Erderwärmung beiträgt.
Weltweit werden jedes Jahr rund 30% aller produzierten Lebensmittel weggeworfen, der Großteil von den Verbrauchern selbst – das sind über 40% mehr als noch im Jahr 1970. Und auch die Kosten explodieren: Der jährliche Verlust durch verschwendete Lebensmittel beläuft sich aktuell auf die unvorstellbar große Summe von fast 890 Mrd. €.