Das globale Geldvermögen wuchs im vergangenen Jahr um etwas mehr als 10% und beträgt damit nunmehr 233 Billionen Euro. Haupttreiber dieser Entwicklung war ein wahres Kursfeuerwerk an den Börsen, das für einen Boom der Aktienmärkte sorgte. Dies geht aus dem aktuellen „Allianz Global Wealth Report“ hervor, der alljährlich Geldvermögen und Verschuldung der privaten Haushalte in rund 60 Ländern analysiert. Dem Report zufolge markiert 2022 jedoch einen Wendepunkt: Der Angriffskrieg Russlands hat den Post-Corona-Aufschwung abgewürgt, die Inflation ist ungebremst hoch, Energie und Lebensmittel sind knapp und die Verschärfung der Geldpolitik setzt Wirtschaft und Märkte unter Druck.
Verändertes Sparverhalten
Mit einem durchschnittlichen privaten Netto-Geldvermögen von 67.930 Euro pro Kopf liegt Österreich auf Rang 19 der reichsten Länder der Welt – einer Tabelle, die von USA, Schweiz und Dänemark angeführt wird. Das Vermögen stieg im Vergleich zu 2020 an, wenngleich man im Ranking im Jahr davor auf Platz 16 gelandet war. Mit einem Plus von 5,7% verzeichnete Österreich 2021 den zweitstärksten Vermögenszuwachs seit der Finanzkrise.
„Die Vermögensbilanz des vergangenen Jahres ist nicht nur auf die boomenden Märkte, sondern auch auf ein verändertes Sparverhalten der Österreicher:innen zurückzuführen“, berichtet Allianz Österreich-CEO Rémi Vrignaud. Die heimischen Sparer erwarben Aktien und Investmentfonds in Höhe von 9,6 Milliarden Euro – eine beeindruckende Steigerung um 44%. Dadurch stieg der Anteil von Kapitalmarktprodukten an den frischen Spargeldern auf 40 Prozent. Im Gegensatz dazu fiel die Dotierung von Bankeinlagen um 40% auf 12,2 Milliarden Euro, womit diese nur noch mit knappem Vorsprung die beliebteste Sparform sind. „Wichtig wird sein, dass die Menschen in Österreich das neu gewonnene Vertrauen in die Kapitalmärkte angesichts einer veränderten Zinslandschaft und der Bedrohung durch eine mögliche Wohlstandsreduktion nachhaltig beibehalten“, so Vrignaud.
Das letzte goldene Jahr
Weltweit erhöhte sich das private Vermögen in den vergangenen drei Jahren in Summe um 60 Billionen Euro. Drei Regionen stachen 2021 besonders hervor: Asien (ohne Japan) und Osteuropa mit einer Wachstumsrate von jeweils 11,3 bzw. 12,2% und Nordamerika mit plus 12,5%. Westeuropa entsprach dagegen mit einem Wachstum von 6,7% mehr dem Bild einer reichen, entwickelten Region. Bei den Vermögensklassen legten vor allem Wertpapiere um 15,2% zu. Aber auch die frischen Spargelder, von denen 63,2% auf Bankeinlagen entfallen, blieben mit 4,8 Billionen um 40% über dem Niveau der Vor-Corona-Zeit.
Ende einer Ära
Für längere Zeit dürften dies aber die letzten guten Nachrichten betreffend Geldvermögen sein. Für 2022 prognostiziert der Allianz Report einen Rückgang um mehr als 2%. In realer Rechnung könnten die Haushalte sogar ein Zehntel ihres Vermögens einbüßen. In den Jahren 2023 bis 2025 dürfte das jährliche nominale Wachstum des Geldvermögens etwa plus 4,6% betragen und damit weniger als die Hälfte des zuletzt gewohnten Levels.
„2021 bedeutet das Ende einer Ära“, ist Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz, überzeugt. „Die letzten drei Jahre waren ein wahrer Geldsegen für die meisten Sparer. Die kommenden Jahre werden anders sein. Die Inflationskrise stellt uns insgesamt auf die Probe und die Politik steht vor der Herausforderung, die Energiekrise zu meistern, die grüne Transformation zu sichern und Wachstum zu schaffen – während zugleich die Geldpolitik kräftig auf die Bremse tritt“, betont Subran. Es gäbe jetzt keinen Spielraum für Fehler mehr, der Schlüssel seien innovative und zielgerichtete Maßnahmen auf der nationalen Ebene sowie europäische Einigkeit auf der supranationalen Ebene.
Anstieg der Schulden
Beunruhigend sei auch der kräftige Anstieg der Schulden am Vorabend einer globalen Rezession, meinen die Autor:innen des Allianz Vermögensreports. Ende 2021 erreichten die Verbindlichkeiten der Haushalte weltweit 52 Billionen Euro, der Anstieg um 7,6% war der höchste seit 15 Jahren. Dank des kräftigen Anstieges der nominalen Wirtschaftsleistung ist die Schuldenquote dennoch auf 68,9% zurückgegangen (2020: 70,5%). Sorgen bereiten vor allem die Schwellenländer, deren Anteil an den globalen Schulden sich zuletzt mehr als verdoppelte und jetzt bei 27,6% liegt. „Auch wenn die Schuldenhöhe noch moderat erscheint, ist die Gefahr einer Schuldenkrise, angesichts der strukturellen Herausforderungen dieser Länder, nicht von der Hand zu weisen“, mahnt der Allianz Report.