Zurück ins Geschäft

Die Coronakrise hat den Strukturwandel beschleunigt. Neue Konzepte und Player drängen auf den Markt, die Geschäfte werden kleiner.
© Richard Tanzer
Walter Senk: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird
Die TOP LEADER-Stimme der Immobilienwelt: Walter Senk

Teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp

Die in der Pandemie abgeflossene Kaufkraft ins Internet war enorm. Laut RegioPlan Consulting kaufte im Jahr 2021 jeder Österreicher um durchschnittlich 1350 Euro im Internet ein – um 14 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. „Der wirklich große Verlierer war dabei die Sparte Bekleidung und Schuhe, die einen Rückgang von 21,2 Prozent verzeichnete“, erklärt Stefan Goigitzer, Geschäftsführer von Coore Real Estate: „Das macht sich bereits massiv in den Einkaufsstraßen bemerkbar, wo es während der Krise kaum Neuanmietung durch Bekleidungsgeschäfte gab.“ Lediglich Diskontmarken hätten in diesem Bereich zugeschlagen, jedoch hauptsächlich in den Shopping- und Fachmarktzentren.

Unsicherheit hinterlässt Spuren

Die Geschäftsflächen und insbesondere Shoppingcenter stehen, bedingt durch die Krise und die damit verbundenen Restriktionen, weiterhin unter Druck. „Auf dem Markt ist eine große Unsicherheit zu beobachten, da die Vorgaben und Restriktionen in Bezug auf die Pandemie für Unternehmen keine Planbarkeit bieten“, sagt Elisa Stadlinger, Leiterin der Abteilung für Gewerbeimmobilien bei ÖRAG Immobilien-Vermittlung. Investitionen oder Expansionen könnten kaum bis gar nicht im Voraus geplant werden.

Dennoch verzeichnete man 2021 entgegen aller Erwartungen eine positive Entwicklung mit einem Umsatzplus von fünf Prozent gegenüber dem Jahr 2020. Das zeigt sich unter anderem an der Zahl von Einzelhändlern, die den neuen Markt betraten. „In Österreich haben letztes Jahr insgesamt rund 600 Läden neu aufgesperrt, was mehr als dreimal so viel ist wie noch 2020“, berichtet Goigitzer, der davon ausgeht, dass die Neuvermietungen von Einzelhandelsflächen 2022 weiter deutlich steigen werden. Beim Beratungsunternehmen EHL registriert man eine ähnliche Entwicklung: Aktuell treffe eine beachtliche Zahl spannender Retailkonzepte auf ein überdurchschnittlich großes Angebot attraktiver Flächen in sehr guten Lagen, heißt es im aktuellen Einzelhandelsmarktbericht.

© Shutterstock
Zurück ins Geschäft Walter Senk nachhaltig regional
„Insbesondere die Themen Nachhaltigkeit, Regionalität, Second Hand und E-Commerce-Lebensmittel zählen zu den neuen Trends, die sich aber langfristig etablieren werden“, prognostiziert Elisa Stadlinger.

Nachhaltigkeit und Regionalität

Nichtsdestoweniger: Zwei Jahre und fünf Lockdowns haben ihre Spuren in der Handelswelt hinterlassen. Entwicklungen, die sich schon vor Corona abzeichneten, haben sich dynamisiert: „Es sind einige neue Trends zu beobachten, die teilweise noch in den Kinderschuhen stecken, aber sich langfristig etablieren werden“, prognostiziert Stadlinger. Dazu würden insbesondere die Themen Nachhaltigkeit, Regionalität, Second Hand, E-Commerce-Lebensmittel und weiterhin das Thema Experience Shopping zählen. „Neue junge und dynamische Konzepte drängen hier in den Markt.“

In einer aktuellen Aufstellung von RegioData sind für heuer 700 Unternehmen mit ihren Standortanforderungen aufgelistet, die an Flächen interessiert sind. Allein 50 davon sind keiner klassischen Handelskategorie wie in Shoppingcentern oder Einkaufsstraßen üblich zuzuordnen. Romina Jenei, CEO von RegioPlan: „Wir sehen überproportional viele neue Betriebstypen im Bereich Entertainment, Fitness und Freizeit sowie spezialisierte Dienstleister.“ Auch Konzepten wie dem Online-Lebensmittelhandel hätten die letzten beiden Jahre den Markteintritt ermöglicht. Zudem seien neue Nutzungen wie Dienstleistungen auf den Haupteinkaufsstraßen zu beobachten.

Kleinere Flächen gesucht

Gleichzeitig würden die Flächen tendenziell kleiner. „Meistgesucht sind Flächen bis 250 Quadratmeter, während mittlere Größen zwischen 300 und 800 nur eine sehr geringe Nachfrage haben und über 1000 Quadratmeter hauptsächlich von Lebensmittelhändlern und Baumärkten benötigt werden“, berichtet die Expertin. Goigitzer bemerkt Ähnliches: „Die Größen der Läden sind massiv zurückgegangen und werden das weiter tun, es wird immer schwieriger, großflächige Geschäfte auf dem Markt unterzubringen.“ Die Kombinationen aus Online und stationärem Handel beziehungsweise Click & Collect setzt sich demnach immer mehr durch. Bestehende stationäre Standorte würden verstärkt in Showrooms umgewandelt, in denen die Konsumenten mit den Marken in Berührung kommen und durch individuelle Erlebnisse sowie Beratung an diese gebunden werden. „Es findet derzeit ein großer Wandel auf dem Retailmarkt statt“, fasst Stadlinger zusammen: „Dieser ist aber durchaus positiv zu sehen und eröffnet neue Chancen, die die Städte nachhaltig prägen werden.“

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:

Melden Sie sich hier an

Sie sind noch nicht registriert?