Trotz der wachsenden Aufmerksamkeit für ESG-Kriterien bleibt der soziale Aspekt (S) oft unbeachtet, während Umwelt (E) und Governance (G) im Mittelpunkt stehen. Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden müssen allerdings schon ab 2025 ein umfassendes Reporting zu ihren Vielfalts-, Diversitäts- und Inklusionsmaßnahmen verfassen.
„Barrieren“ – Gesellschaft und Arbeitsmarkt
Rund ein Viertel der Österreicher:innen zwischen 15 und 89 Jahren ist laut Sozialministerium im Alltag durch gesundheitliche Probleme eingeschränkt – das entspricht etwa 1,9 Millionen Menschen, die nicht gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben. Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt wird für diese Gruppe aufgrund einer Vielzahl an Barrieren eingeschränkt. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) mit den darin enthaltenen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) schafft Transparenz, Messbarkeit und Vergleichbarkeit in puncto sozialer Nachhaltigkeit – und damit auch hinsichtlich Inklusion von Menschen mit Behinderungen.
„ESG Reporting im Bereich Inklusion bietet riesige Chancen: Verantwortliche können datenbasiert zeigen, welchen großen Impact sie durch ihre tägliche Arbeit erzeugen und finden mehr Gehör auf Entscheidungsebene. Die strategisch ausgerichtete Messung von Inklusion ermöglicht es, Veränderungen sichtbar zu machen und erleichtert die Planung und Steuerung von Projekten – ein großer Gewinn sowohl für die eigene Organisation als auch für alle Wirkungsbetroffenen“, konstatiert Wolfgang Kowatsch, Co-Geschäftsführer von myAbility.
ESG-Reporting – Vorteile auf unterschiedlichen Ebenen
Es sind weiterhin finanzielle Kennzahlen, die in Berichterstattungen und Jahresberichten im Fokus stehen. Mit der Standardisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung werden erstmals auch Zahlen zur Inklusion von Menschen mit Behinderung verpflichtend. myAbility und PwC sind sich einig: Für Unternehmen bedeutet die Offenlegung entsprechender Kennzahlen Vorteile auf unterschiedlichen Ebenen.
„Großunternehmen, die Menschen mit Behinderungen aktiv einbeziehen, tragen zur Schaffung einer inklusiven Gesellschaft bei. Die Einführung von Inklusion in Unternehmensberichte ist notwendig, um Transparenz zu schaffen. Das hilft Unternehmen, klare Ziele zu setzen und den Erfolg ihrer Diversitätsmaßnahmen zu messen“, informiert Barbara Redlein, Partnerin und DE&I Leader bei PwC Österreich.
Berichtspflichten im Detail
Laut den ESRS müssen Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden über Aktivitäten im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit bei vier Interessengruppen berichten: (1) eigene Belegschaft, (2) Arbeitskräfte in der Lieferkette, (3) betroffene Gemeinschaften und (4) Verbrauchende.
Die ersten beiden Gruppen beinhalten Informationen zu Arbeitsbedingungen, Arbeitsrechten, Gleichbehandlung und Chancengerechtigkeit sowie zur Beschäftigung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Unternehmen müssen den Anteil von Menschen mit Behinderungen offenlegen und ihre Strategien zur Förderung von Vielfalt und Inklusion sowie zur Diskriminierungsbekämpfung darlegen. Die Repräsentanz von Menschen mit Behinderungen in der Belegschaft allein zeigt aber noch nicht, wie inklusiv ein Unternehmen ist.
„Um ein ganzheitliches Bild von Inklusion im Unternehmen zeichnen zu können, empfehlen wir von myAbility die Erhebung weiterer Kennzahlen in unterschiedlichen Unternehmensbereichen“, erörtert Wolfgang Kowatsch.
Inklusions-Messung
Die Messung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen kann auf verschiedene Weisen erfolgen, beispielsweise indem Aspekte der baulichen oder digitalen Barrierefreiheit erhoben werden. Dies betrifft unter anderem Anpassungen an Standort und Arbeitsplatz, Veranstaltungen und Kommunikationskanäle.
Im Bereich Human Resources und Recruiting können Maßnahmen zur Inklusion in allen Phasen des Employee Life Cycles abgefragt werden, von der expliziten Ansprache von Menschen mit Behinderungen in Stellenanzeigen bis hin zur Verfügbarkeit barrierefreier Schulungen. Inwiefern bei den Mitarbeitenden im Unternehmen Bewusstsein für Inklusion vorhanden ist, wird etwa durch die Anzahl an Kommunikations- und Weiterbildungsmaßnahmen sichtbar. Dezidierte Ansprechpersonen für Inklusion sowie entsprechende interne Netzwerke sind weitere Indikatoren für eine inklusive Unternehmenskultur.
„Auch wenn die genaue Berichterstattung von sozialen Kennzahlen zunächst herausfordernd wirkt, lohnt sich dieser Schritt langfristig. Denn nur durch Offenheit, Transparenz und Ehrlichkeit können wir Inklusionsmaßnahmen vorantreiben und zur Chancengerechtigkeit in Unternehmen beitragen“, ergänzt Barbara Redlein abschließend.
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