Der wirtschaftliche Aufschwung wird in Österreich noch etwas auf sich warten lassen. Im zweiten Quartal gab es zwar ein kleines Wachstum von 0,3 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal, im Jahresabstand ist das Bruttoinlandsprodukt jedoch erneut um 0,1 Prozent geschrumpft. Im August hat sich laut WIFO die Stimmung in der Industrie leicht aufgehellt;
allerdings sei der Anstieg verhalten und bislang zu schwach, um auf einen Aufschwung hinzudeuten. Auch der Index der unternehmerischen Erwartungen lasse derzeit keine nachhaltige Belebung erkennen, zu viele Unsicherheiten prägen nach wie vor das Bild. Die Zoll-Einigung mit den USA mag zumindest einen Zollaufschlag von 30 Prozent abgewehrt haben, aber 15 Prozent Aufschlag mit sektoralen Ausreißern bei Stahl und Aluminium sowie Autos belasten österreichische und europäische Exporteure dennoch. Im ersten Halbjahr sind die Exporte aus Österreich bereits zurückgegangen – mit 14,4 Prozent sind insbesondere die Ausfuhren in die USA eingebrochen. Gleichzeitig steigt die Inflation in Österreich weiterhin und der Abstand zum Eurozonen-Schnitt vergrößert sich. Die Ökonomen von Raiffeisen Research rechnen für 2025 mit einer Jahresinflation von 3,5 Prozent. Schuld an dem Inflationsschub ist heuer das Auslaufen der Strompreisbremse – während dieser Effekt 2026 nicht mehr ins Gewicht fallen wird, bleibt das österreichische Spezifikum, dass Dienstleistungspreise stärker steigen als im Euroraum, insbesondere in der Gastronomie. „Umso mehr braucht es jetzt entschlossenes Handeln, um den Aufschwung einzuleiten, Investitionen zu stärken und Österreich langfristig auf einen stabilen Wachstumspfad zurückzuführen“, betont Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung.
Herbstlohnrunde und Fachkräftemangel
Angesichts der hohen Inflation werden heuer wieder alle Augen auf die Herbstlohnrunden gerichtet sein: Die zugrunde liegende Durchschnittsinflation liegt diesmal bei 2,8 Prozent. Höher war sie – lässt man die Jahre 2022 bis 2024 beiseite – in den letzten 30 Jahren nur 2001 und 2008. Die hohen Lohnstückkosten haben die heimische Industrie in ihrer Wettbewerbsfähigkeit auch gegenüber anderen Ländern in Europa massiv unter Druck gebracht. Zu diesen Unwegsamkeiten kommen in Österreich deutlich zu hohe Energiepreise und die demografische Verschiebung, die soziale Sicherungssysteme unter Druck bringt – insbesondere das Pensionssystem, das immer mehr aus dem öffentlichen Budget bezuschusst werden muss. Und gleichzeitig wird sich in den kommenden Jahren parallel zum Aufschwung der Arbeits- und Fachkräftemangel zurückmelden und verschärfen.
In der Industrie fehlt vor allem auch der qualifizierte Nachwuchs – eine aktuelle Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI), die die IV gemeinsam mit dem Fachverband der Metalltechnischen Industrie (FMTI), dem Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) und dem Österreichischen Verband für Elektrotechnik (OVE) in Auftrag gegeben hat, zeigt das deutlich. Aktuell bleibt österreichweit jede vierte Stelle unbesetzt, für die es junge Menschen mit fundierter HTL-Ausbildung bräuchte. Die Studie beziffert die Lücke derzeit mit 10.000 HTL-Absolventen. Bis 2030 droht der Mangel auf 16.000 junge Technikerinnen und Techniker anzuwachsen – 40 Prozent dieser Stellen blieben dann unbesetzt.
Erstes „Sofortpaket“ für die Wirtschaft
Viele der Schwierigkeiten, vor denen die heimische Wirtschaft steht, will die Regierung schnell angehen. Auch für den Herbst stehen wichtige Weichenstellungen auf der Agenda. „Die Herausforderungen sind groß: hohe Inflation, verhaltenes Wachstum und geopolitische Unsicherheiten. Der Weg zum notwendigen Aufschwung ist kein Sprint, sondern ein Marathon, den wir bereit sind, in Angriff zu nehmen“, sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer bei der Präsentation des ersten „Sofortpakets“ für die Wirtschaft Anfang September. Das geschnürte Paket soll ein Volumen von einer Milliarde Euro umfassen, die im Wesentlichen durch Umschichtungen im Budget freigemacht wurde – insbesondere durch Kürzungen bei Förderungen. Kern des Pakets ist die Verdopplung des Investitionsfreibetrags von zehn auf 20 Prozent und bei ökologischen Investitionen von 15 auf 22 Prozent für ein Jahr ab 1. November. Für die Industrie geht die rund 200 Millionen Euro teure Maßnahme nicht weit genug – die Investitionserfordernisse seien viel höher: „Für den Standort wäre ein deutlich ambitionierteres Signal notwendig gewesen, um die Investitionstätigkeit im Land zu steigern“, so Knill.

Positive Signale gibt es derzeit vor allem im Bereich der hohen Energiepreise. So hat Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer das Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz (SAG) in Begutachtung geschickt. Für heuer und nächstes Jahr sollen jeweils bis zu 75 Millionen Euro für energieintensive Unternehmen mit einem Verbrauch von mehr als einer Gigawattstunde ausgeschüttet werden. Die Mittel, die Unternehmen aus dem SAG erhalten, müssen fast vollständig reinvestiert werden – 50 Prozent davon in Energieeffizienzmaßnahmen. „Die Strompreiskompensation ist ein zentrales Anliegen der Industrie und trägt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Unternehmen bei“, so Knill. Noch heuer sollen auch die zwei zentralen Energiegesetze (das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, ElWG, und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz, EABG) im Parlament beschlossen werden. Nicht zuletzt steht die UVP-Novelle auf der Herbst-Agenda der Bundesregierung. Mit Spannung erwartet wird die genaue Ausgestaltung des Anfang September angekündigten Standortfonds, der über den Dach-Fonds für innovative Startups und Spinoffs in der Wachstumsphase hinausgehen dürfte. Der Standortfonds soll auch Energienetzinfrastruktur mitfinanzieren. Noch im September wird sich darüber hinaus ein eigener Ministerrat zentral dem Thema Entbürokratisierung widmen. „Es braucht dringend einen Befreiungsschlag – erste Schritte durch Maßnahmen wie den Abbau unnötiger Berichtspflichten und die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren sind auch in diesem Bereich erkennbar“, kommentiert der IV-Präsident.
Noch im Herbst will die Regierung die Reformpartnerschaft vorantreiben – dabei sollen auch Maßnahmen gesetzt werden, um die Energiepreise für Haushalte und Unternehmen zu senken sowie Verwaltungsabläufe deutlich zu straffen. Die Verhandlungen zum Stabilitätspakt neu will die Regierung noch im Herbst abschließen. Und schließlich werden im September erste Ergebnisse der angekündigten Industriestrategie vorliegen.
Es braucht weitere mutige Schritte
Bei dringend notwendigen Strukturreformen zeigt sich die Regierung jedoch noch zurückhaltend. Im Frühjahr wurde eine Anhebung der Korridorpension beschlossen. Ab 2026 steigt das frühestmögliche Antrittsalter in der Korridorpension von 62 auf 63 Jahre und auch die Teilpension wird ab 2026 möglich sein. Gleichzeitig bringt die Regierung diesen Herbst ein Flat-Tax-Modell für Menschen, die über das gesetzliche Pensionsalter hinaus freiwillig weiterarbeiten, auf den Weg. Diese Schritte gehen für Knill in die richtige Richtung, seien aber zu wenig ambitioniert, um der demografischen Herausforderung im Pensionssystem und am Arbeitsmarkt adäquat zu begegnen. „Die zentralen budgetären Herausforderungen wie zum Beispiel im Pensionssystem oder in der Verwaltung bleiben weiterhin ungelöst. Um Österreich zukunftsfit zu machen, braucht es weitere mutige Schritte“, so Knill abschließend.