Was braucht es für effiziente Genehmigungsverfahren im Energiebereich?

Nicht die Mitspracherechte, sondern strukturelle Defizite erschweren aktuelle Genehmigungsverfahren.
© Helmut Graf
Was braucht es für effiziente Genehmigungsverfahren im Energiebereich?
Katharina Rogenhofer, Vorständin und Sprecherin des KONTEXT Instituts für Klimafragen.

Teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp

Um langfristig eine sichere und saubere Energieversorgung sicherzustellen, braucht es einen ambitionierten Ausbau von erneuerbaren Energien, Netzen und Speichern.

Zentral dafür sind funktionierende und effiziente Genehmigungsverfahren. Die Bundesregierung will dafür entscheidende Gesetze vorlegen. Das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG), zum Beispiel, ist seit kurzem in der Begutachtungsphase. 

Eine neue Studie des KONTEXT Institut für Klimafragen zeigt, wo derzeit die zentralen Engpässe liegen und welche Maßnahmen erforderlich sind, um Verfahren effizient und gründlich durchführen zu können.

Lösungen für strukturelle Herausforderungen

Obwohl das entsprechende Gesetz maximale Fristen von sechs bis neun Monaten im Energiebereich vorsieht, liegt die tatsächliche mittlere Dauer von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei über 22 Monaten.

Was braucht es für effiziente Genehmigungsverfahren im Energiebereich?
© KONTEXT

Die Ursachen für die Verzögerungen sind vielfältig, aber selten auf eine Akteursgruppe oder das Verfahren selbst zurückzuführen. Vielmehr sind es meist strukturelle Defizite, wie unvollständige Unterlagen seitens der Projektwerbenden, personeller Ressourcenmangel in Landesbehörden, fehlende Flächen und Koordination der Bundesländer, sowie mangelnde öffentliche Akzeptanz, die den Verfahrensprozess in die Länge ziehen.

Diese Problemfelder lassen sich beheben – wenn die richtigen Maßnahmen gesetzt werden:

  • Qualität der Projektunterlagen verbessern: Derzeit macht die Phase der Projekteinreichung durch die Projektwerbenden im Schnitt die Hälfte der Dauer von UVP-Verfahren aus. Frühzeitige, strukturierte Projektplanung, klare behördliche Anforderungen und stärkere Nutzung freiwilliger Vorverfahren können helfen, die Phase des Projektantrags zu verkürzen.

  • Behördliche Ressourcen erhöhen: Für die effiziente Bearbeitung von Projekten sind deutlich mehr Amtssachverständige, Verfahrensleiter:innen und Personal am Bundesverwaltungsgericht notwendig. Auch die Möglichkeit, Personal bundesländerübergreifend einzusetzen, schafft Entlastung.

  • Öffentliche Akzeptanz stärken: Frühzeitige und verstärkte Einbindung von Bürger:innen und Umweltschutzorganisationen, etwa durch runde Tische, partizipative Formate oder Informationsveranstaltungen, erhöht die Akzeptanz, verbessert die Projektqualität und reduziert das Beschwerdeaufkommen nachweislich und ist damit ein großer Hebel für langfristig effiziente Verfahrensabläufe im Energiebereich. Gleichzeitig muss auf allen Ebenen der Politik Desinformation aktiv entgegengewirkt werden.
Was braucht es für effiziente Genehmigungsverfahren im Energiebereich?
© KONTEXT

„Ob sich Österreich künftig mit sauberer und leistbarer Energie versorgen kann, hängt von effizienten Genehmigungsverfahren ab. Dabei sind es, anders als vielfach verbreitet, weniger die Mitspracherechte, die bremsen, sondern vielmehr die knappen Ressourcen der Behörden, die Qualität der Projektunterlagen und Desinformation. Wenn die Regierung diese strukturellen Defizite gesetzlich in den Griff bekommt, wäre das ein großer Schritt in Richtung Energiefreiheit – also dafür, dass das Leben leistbarer, die Wirtschaft wettbewerbsfähiger und unser Land unabhängiger wird“, erklärt Katharina Rogenhofer, Vorständin des KONTEXT Institut für Klimafragen.

EABG als entscheidender Hebel

Ein zentrales politisches Instrument in diesem Zusammenhang ist auch das geplante Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG). Der Entwurf, der von der Bundesregierung in Begutachtung geschickt wurde, wird den notwendigen Anforderungen an dieses Gesetz aber nur teilweise gerecht.

Positiv hervorzuheben ist, dass „alle Vorhaben der Energiewende“ fortan von „überragendem öffentlichen Interesse“ sein sollen und der Ausbau der erneuerbaren Energie damit rechtlich einen besonders hohen Stellenwert bekommt. Zudem werden alle Verfahren, die nicht-UVP pflichtige Technologien – wie kleine PV-Anlagen und Speicher – betreffen, gebündelt.

Diese „One-Stop-Shops“ können, bei guter Umsetzung, zur Beschleunigung des Ausbaus beitragen.

Was braucht es für effiziente Genehmigungsverfahren im Energiebereich?
© KONTEXT

Die Bundesländer werden außerdem verpflichtet, Beschleunigungsgebiete für Windkraft und Photovoltaik ausweisen. Das ist zentral, schließlich verantworten die Länder die Flächenausweisung und Genehmigungsverfahren. Die konkreten Ziele für den Ausbau sind jedoch rückschrittlich. Denn der Entwurf hinkt nicht nur den Notwendigkeiten der Energiewende, sondern auch den andernorts – z.B. im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz oder dem Österreichischen Netzinfrastrukturplan – festgelegten Zielen hinterher. Außerdem sind weder Steuerungsmechanismen noch Konsequenzen enthalten, für den Fall, dass Ziele verpasst werden.

Grundsätzlich positiv ist, dass eine Strategische Umweltprüfung (SUPs) für Beschleunigungsgebiete künftig mehrere Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVPs) für einzelne Energieprojekte ersetzen kann. Offen bleibt hier, wie gut die verbindlichen Kriterien und Standards der UVPs in SUPs gewahrt bleiben.

Was braucht es für effiziente Genehmigungsverfahren im Energiebereich?
© KONTEXT

Kontraproduktiv ist dagegen, dass der Gesetzesentwurf keine UVP in Fällen vorsieht, in denen unerwartet erhebliche Umweltauswirkungen durch Einzelprojekte zu befürchten sind.

„Das EABG bündelt kleine Verfahren und macht Gesamtprüfungen von Beschleunigungsgebieten möglich. Das macht Energie-Genehmigungsverfahren in vielerlei Hinsicht effizienter und trägt dazu bei, dass sich Österreich künftig mit sauberer und leistbarer Energie versorgen kann. Jedoch hinkt der Gesetzesentwurf den bisherigen Ausbau-Zielen hinterher. Die Regierung verpasst die Chance, die Bundesländer in die Pflicht zu nehmen. Um den Erneuerbaren-Ausbau ausreichend zu beschleunigen, muss das Gesetz gerade hier ambitionierter und verbindlicher werden“, ergänzt Katharina Rogenhofer abschließend.

https://kontext-institut.at

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:

Melden Sie sich hier an

Sie sind noch nicht registriert?