Die umfangreiche sozialwissenschaftliche Untersuchung, die im Auftrag der Industriellenvereinigung (IV) in Zusammenarbeit mit dem Institut für empirische Sozialforschung (IFES) erstellt wurde und seit 2019 regelmäßig durchgeführt wird, zeigt in einer Zeit multipler Krisen ein differenziertes Bild:
Während der soziale Zusammenhalt stabil bleibt, schwindet das Vertrauen in eine positive Entwicklung des Landes Österreich zunehmend.
„Die aktuellen Ergebnisse des IV-Zukunftsmonitors 2024 zeigen klar, dass das Vertrauen in die österreichische Industrie und Wirtschaft so hoch ist wie nie zuvor. Das ist ein deutlicher Beleg für die erfolgreiche Arbeit unserer Unternehmen, die nicht nur als stabile Arbeitgeber und Anker in den Regionen fungieren, sondern auch wesentliche Impulse für Forschung und Entwicklung setzen. Um dieser Rolle auch in Zukunft gerecht zu werden, müssen wir weiter auf Innovation und Digitalisierung setzen. Besonders die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen sind zentrale Handlungsfelder, die wir gemeinsam mit der Politik vorantreiben müssen, um langfristig erfolgreich zu bleiben und den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken“, betont Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung.
Industrie und Unternehmertum als stabilisierendes Element
Die österreichische Industrie genießt nach wie vor ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung.

68% der Befragten sehen die Industrie als Motor der österreichischen Wirtschaft, und 77% stimmen zu, dass Unternehmerinnen und Unternehmer die Haupttreiber bei der Schaffung von Arbeitsplätzen sind. Der Stellenwert österreichischer Unternehmen ist dabei so hoch wie nie zuvor.
Trotz dieser positiven Einschätzung bleibt das wirtschaftliche Klima für Unternehmensgründungen herausfordernd. Nur ein Drittel der Befragten betrachtet Österreich als günstigen Standort für Start-ups und Innovationen. Gleichzeitig fordern viele Österreicherinnen und Österreicher eine stärkere Förderung von Forschung und Entwicklung, um die Innovationskraft des Landes zu sichern.
Entwicklung Österreichs und Einschätzung der persönlichen Lebenssituation
Eine der zentralen Erkenntnisse des Zukunftsmonitors 2024 ist der zunehmende Pessimismus in der österreichischen Gesellschaft. 68% der Befragten sind der Meinung, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt – ein alarmierendes Signal. Dieser negative Trend hat sich in den vergangenen Jahren verfestigt, insbesondere vor dem Hintergrund politischer Krisen und wirtschaftlicher Herausforderungen. Nur 19% der Österreicherinnen und Österreicher sehen das Land auf dem richtigen Weg.

Gleichzeitig zeigt sich jedoch ein leichtes Wiedererstarken des Optimismus in Bezug auf die persönliche Lebenssituation: 31% der Befragten glauben, dass sich ihre Lage in den nächsten drei Jahren verbessern wird, was eine leichte Erholung im Vergleich zu den Vorjahren darstellt.
Migration und Arbeitsmarkt
Das Thema Migration wird durchaus differenziert gesehen: Die Befürwortung von Zuwanderung wird dabei stark an die Integration in den Arbeitsmarkt gekoppelt. Die überwiegende Mehrheit von 62% meint, dass Asylwerber Zugang zum Arbeitsmarkt haben sollten, während sie auf ihren Asylbescheid warten.
Vereinfachungen für Schlüssel- und Spitzenkräfte und auch für Asylsuchende im laufenden Verfahren werden von der Mehrheit (63%) befürwortet. Kulturelle Vielfalt wird allerdings nur von einer Minderheit (30%) als Mehrwert wahrgenommen.
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz
Ein weiteres zentrales Thema des Zukunftsmonitors 2024 ist die zunehmende Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Mehr als die Hälfte der Befragten sieht in der Digitalisierung vor allem Chancen für Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen in der Arbeitswelt.

65% der Befragten gehen davon aus, dass digitale Grundbildung und Weiterbildung in den kommenden Jahren noch wichtiger werden. Die KI wird vor allem in der Industrie, bei der Behandlung von Krankheiten und in der Strafverfolgung als Chance gesehen.
Dennoch gibt es noch Unsicherheiten in der Bevölkerung über die möglichen Risiken, die mit der zunehmenden Digitalisierung und dem Einsatz von KI verbunden sind, insbesondere in Bezug auf den Schutz persönlicher Daten und die Auswirkungen auf das Familienleben.
Werte und Vertrauen – soziale Beziehungen als stabiler Anker
Der Zukunftsmonitor 2024 zeigt, dass Werte wie Respekt, persönliche Freiheit und Chancengerechtigkeit für die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher nach wie vor von hoher Bedeutung sind.
Doch die Einschätzungen variieren je nach Bildungsstand, sozialem Status und politischer Gesinnung. Besonders auffällig ist das weiterhin geringe Vertrauen in politischen Institutionen. Trotz einer leichten Erholung gegenüber den vergangenen Jahren bleibt das Vertrauen in die Bundesregierung und das Parlament auf einem niedrigen Niveau.
Trotz der allgemeinen Unsicherheit spielen soziale Beziehungen nach wie vor eine zentrale Rolle im Leben der Österreicherinnen und Österreicher. Familie, Freundschaften und der soziale Zusammenhalt bleiben stabile Faktoren in der Gesellschaft. 77% der Befragten halten die Familie für den wichtigsten Lebensbereich, gefolgt von Freundschaften und der Freizeitgestaltung.
Bemerkenswert ist, dass der soziale Zusammenhalt trotz zahlreicher Krisen – von der Pandemie bis zur aktuellen Inflation – auf einem hohen Niveau stabil bleibt.
„Der Blick auf die zukünftige Entwicklung Österreichs bereitet den meisten Bürgerinnen und Bürgern seit einigen Jahren Sorgen und ist von großer Ungewissheit geprägt. Das Vertrauen in staatliche Institutionen und Österreichs Unternehmen und Wirtschaft hat sich im vergangenen Jahr zwar stabilisiert bzw. gebessert, die politischen Akteure sind aber nach wie vor gefordert, das Vertrauen in sie wieder zu stärken. Das gilt umso mehr, da im aktuellen Zukunftsmonitor viele Befragte die Befürchtung äußern, dass es auch in Österreich zu einer Aushöhlung demokratischer Spielregeln kommen könnte. Außerdem herrscht nicht in allen Bevölkerungsgruppen Konsens darüber, dass es wichtig ist, in einer Demokratie zu leben“, ergänzt Reinhard Raml, Geschäftsführer des IFES, abschließend.