Aufgrund eines soliden Wirtschaftswachstums, einer stabilen Währung, eines recht liberalen Zollregimes und einer hohen Kaufkraft hat sich der Kontinent beispielsweise trotz der großen Entfernung zu einem überaus interessanten Fernmarkt für österreichische Nahrungsmittelproduzenten entwickelt. Das Konsumverhalten der Australier hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert und das Interesse an Qualitätsprodukten insgesamt ist im Steigen. Dementsprechend internationalisieren auch die großen australischen Supermarktketten ihr Angebot und es finden Spezialitätenhändler ein größeres Zielpublikum.
Übergewicht ist in Australien ein weit verbreitetes Problem und Lebensmittelunternehmen sehen sich verstärkt unter Druck gesetzt, mit ihren Produkten einen gesunden Lebenswandel zu ermöglichen. Als Land mit einer der höchsten Raten an Allergikern und Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten ist der Markt für gluten-, laktose- und sonstigen „frei von“-Produkten stark im Wachsen begriffen. Viele Konsumenten essen weniger Fleisch und vor allem die jüngere Generation legt mehr und mehr Wert auf artgemäße Tierhaltung sowie Nachhaltigkeit. Biologische Produkte sind im Vergleich zu Europa noch relativ wenig verbreitet, erfreuen sich aber weiterhin eines überdurchschnittlichen Wachstums.
Generell ist Australien im Nahrungsmittel- und Getränkesektor ein signifikanter Nettoexporteur, wobei allerdings Österreich in diesem Sektor mit 84,2 Mio. Euro deutlich mehr nach Australien exportiert als von dort importiert (13,5 Mio.). Seit einigen Jahren stellt der Kontinent einen starken Markt für Energy Drinks bzw. allgemein Getränke dar. Die Absatzchancen für international orientierte österreichische Anbieter sind vielfältig. Im Nahrungsmittel- und Getränkesektor sind Top-, Gesundheits- und Lifestyle-Produkte und Produktinnovationen gefragt.
Erneuerbare Energien
Australien ist an sich mit erneuerbaren Energiequellen gesegnet. Eine Studie zeigt, dass erneuerbare Energien bis 2040 mehr als die Hälfte des australischen Stroms und längerfristig sogar 100 Prozent des Netzstroms liefern könnten. Auch der Export von renewable energy, z.B. in Form von auf Basis von Solaranlagen produziertem Wasserstoff wird angedacht.
Gleichzeitig verfügt das Land über riesige (Stein-)Kohle und Gas-Vorkommen. Derzeit basieren 61,4 Prozent der Stromproduktion in Australien auf Kohle, gefolgt von Gas (21,2), erneuerbaren Energien (15) und Öl (2,4 Prozent).
Bisher unterstützt Australien erneuerbare Energieprojekte mit Hilfe des Emission Reduction Fund, eines Renewable Energy Target Scheme (RET). Mit der Ratifizierung des Paris-Protokolls verpflichtete sich Australien, seine Emissionen bis 2030 um 26 Prozent zu reduzieren (Basisjahr 2005), allerdings ist innenpolitisch ziemlich umstritten, wie dieses Ziel gerade im Energiesektor erreicht werden soll.
Die „australische Energiewende“ verläuft jedenfalls bisher ziemlich chaotisch. Einige der riesigen Kohlenkraftwerke erreichen das Ende ihres Lebenszyklus und Gas-Kraftwerke sind aufgrund der stark gestiegenen Gaspreise – der LNG-Export ist massiv angelaufen und führt zu Preissteigerungen auf dem australischen Markt – kaum rentabel. Zudem ist das Verteilernetz teilweise überaltert und es fehlt an kritischen Netzverbindungen zwischen den Staaten. In Folge bringen durch die steigende Wind- und Photovoltaikkapazität auftretende Angebotsschwankungen die Netzwerke ins Wanken und führen zu starken Preissteigerungen.
Folglich haben sich die Bereitstellung alternativer Energiequellen, eine kostengünstige und sichere Energiespeicherung sowie Smart Grids zu Schlüsselthemen der australischen Energiepolitik entwickelt.
Potenziale für österreichische Unternehmen
Australien belegt momentan Platz 6 des Renewable Energy Country Attractiveness Index (RECAI), der 40 Länder in Bezug auf deren Attraktivität ihrer Investitionsmöglichkeiten für erneuerbare Energien einstuft. Potenziale für österreichische Unternehmen bestehen überwiegend in den Bereichen Wind (Großanlagen), Solar (Klein- und Großanlagen) sowie Energiespeicherung (Großprojekte, u.a. Pumpspeicherkraftwerke, Großbatterien etc. und „behind the meter“-Technologien bzw. distributed storage). Biomasse und thermische Solaranwendungen könnten in Zukunft auch im australischen Energiemix bedeutender werden.
Das australische Bauwesen trägt jährlich rund acht Prozent zum lokalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Als größter nicht service-orientierter Sektor des Landes erwirtschaftet die Branche umgerechnet ca. 85 Milliarden Euro pro Jahr. Mit 1,1 Millionen Beschäftigten und einem prognostizierten Wachstum von jährlich drei Prozent ist der Bausektor ein wichtiger Arbeitgeber. Ausgebucht sind Baufirmen im Infrastrukturbereich, forcieren doch alle australischen Staaten den Ausbau von Bahn und Straße, insbesondere in stark wachsenden Ballungsräumen wie Sydney, Melbourne und Brisbane.
Auch die Bautätigkeit im gewerblichen und öffentlichen Bereich (Schulen, Spitäler, sozialer Wohnbau) entwickelt sich konstant positiv, wobei es hier sowohl um den Ausbau als auch die Sanierung/Modernisierung von Beständen geht. Gefördert durch das Wachstum insbesondere der Stadtbevölkerung ist auch der private Wohnhausbau wichtig, der mit Hilfe von Förderungen in der Corona-Krise einen großen Aufschwung erlebt. Nach ersten Prognosen wird der Bau neuer Einfamilienhäuser 2021 ein Rekordhoch erreichen. Die Housing Industry Association (HIA) geht davon aus, dass heuer mit dem Bau von 130.000 Einfamilienhäusern begonnen wird, was den bisherigen Rekordwert aus 2018 um 10.000 Häuser übertrifft. Grund dafür sind u.a. niedrige Zinsen, Förderungen der Regierung, starker Zuzug in ländliche Gebiete aufgrund von Covid und sehr positive Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen Immobilienpreise.
Die starke Nachfrage resultiert in beachtlichen Kostensteigerungen. So sind beispielsweise kurzfristig die Holzpreise – mehr als 85 Prozent aller Einfamilienhäuser in Australien werden in Holzrahmenbauweise ausgeführt – deutlich angestiegen. Die positive Entwicklung in diesem Marktsegment soll bis Ende 2022 anhalten, und könnte, wenn nach Covid die Immigration aus Übersee wieder anspringt bzw. möglich wird, noch deutlich länger weitergehen.
Kapazitätsengpässe, insbesondere auch Personalmangel und die hohen Personalkosten, treiben derzeit die Modernisierung des Sektors. Investitionen in IT, neue Ausrüstung und Technologie prägen den Markt. Gleichzeitig wird das Thema Nachhaltigkeit gerade bei gewerblichen Projekten immer wichtiger, im Eigenheimbereich ist Australien noch sehr weit von mitteleuropäischen Standards entfernt.
Chancen für Austro-Firmen
Aufgrund des fortlaufenden Branchenwachstums gibt es im australischen Bauwesen generell hohes Marktpotenzial. Besonderes Wachstum wird in unterschiedlichen Aspekten der Technologie-Integration (u.a. neue Software, Artificial Intelligence, Building Information Modelling etc.) erwartet. In der Bauzulieferung, beim Holzbau und auch bei Großprojekten wie dem neuen Flughafen Sydney gibt es hier im hohen Qualitätssegment ebenfalls Chancen.
Im Februar 2021 hat sich CC Real als Investor und Betreiber von Gewerbeimmobilien mit verwalteten Assets von mehr als zwei Milliarden Euro mit Hauptsitz im Wiener Millennium Tower mit 50 Prozent an Australiens aufstrebendem non-Banking Debt Fund Manager Madigan Capital beteiligt. Madigan Capital verwaltet derzeit institutionelles Kapital im Wert von einer Milliarde AUS-Dollar und hat 2020 neue Darlehen in Höhe von mehr als 250 Millionen AUS-Dollar für Industrie-, Gewerbe-, Einzelhandels-, Sozialinfrastruktur-, Studentenwohnungs- und Wohnimmobilien in Melbourne, Sydney und Brisbane ausgegeben. In Australien wird erwartet, dass der Anteil der Kreditvergabe von Nicht-Banken am gewerblichen Immobilienmarkt bis 2024 auf einen Wert von 50 Mrd. US-Dollar ansteigen wird. Fabian Kaufmann, Gründer und Managing Partner von CC Real: „Als wir unsere Präsenz im Bereich Gewerbeimmobilien-Investment weltweit ausbauen wollten, haben wir Madigan Capital als vielversprechende Partnerschaft identifiziert, um die Chancen zu nutzen, die sich mit dem erwarteten Anstieg des non-Banking Debt Capital Market ergeben werden.“
Quelle: AußenwirtschaftsCenter Sydney, TOP LEADER Recherchen