Österreichischer Klimasatellit soll bei der Erforschung des Klimawandels helfen

Der Nanosatellit PRETTY wird der fünfte „Made in Austria“-Satellit im Weltall sein.
© Lunghammer – TU-Graz
Österreichischer Klimasatellit soll bei der Erforschung des Klimawandels helfen
Harald Kainz, Rektor der Technischen Universität Graz.

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Am 4. Oktober startet voraussichtlich der österreichische Nanosatellit PRETTY (Passive REflectomeTry and dosimeTrY) an Bord einer Vega-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof im südamerikanischen Kourou ins All. Als Teil der weltweiten Umwelt- und Wetterbeobachtung der ESA soll er den Klimawandel erforschen und zur Nachhaltigkeit im Weltraum beitragen. Entwickelt wurde der Satellit von Beyond Gravity Austria als Hauptauftragnehmer gemeinsam mit der TU-Graz sowie der Seibersdorf Labor GmbH für die ESA.

© ESA

Forschungsschwerpunkt Klimawandel

Der von Österreich im Rahmen des ESA-Technologieprogramms GSTP finanzierte Nanosatellit trägt dazu bei, neue Technologien zur Erforschung des Klimawandels und zur Nachhaltigkeit im Weltraum zu etablieren. Eine solche neue Technologie ist insbesondere das PRETTY-Hauptinstrument, ein von Beyond Gravity entwickeltes Reflektometer.

© Beyond Gravity Austria, ESA

Es bestimmt Eisbedeckungen auf der Erdoberfläche sowie die exakte Höhe der Meeresspiegel und die Intensität von Meereswellen. Von der Seibersdorf Labor GmbH stammt das zweite Instrument, ein Strahlungsdetektor. Dieser misst die Weltraumstrahlung und beurteilt die Effekte auf die Elektronik des Satelliten und trägt mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen zur Nachhaltigkeit von Weltraummissionen bei. Beide Instrumente werden gänzlich neue Messverfahren anwenden.

„Das Schmelzen von Eisflächen und der Anstieg der Meeresspiegel zählen zu den sichtbarsten Beispielen für die Ausprägung der Klimakrise. Mit dem österreichischen Klimasatelliten PRETTY haben wir dafür eine neue und genauere Messmethode aus dem All. Die Daten werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Erkenntnisse aus der Mission tragen so zur Nachhaltigkeit auf der Erde und im Weltraum bei“, betont Klimaschutz- und Weltraumministerin Leonore Gewessler.

© BMK / Cajetan Perwein
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (rechts) besuchte im April 2022 die Weltraumelektronikproduktion in einem Reinraum von Beyond Gravity Austria in Wien.

„Günstige“ Feldforschung

„Kleinsatelliten sind ein wichtiges Element, um die Weltraumforschung entscheidend voranzubringen. Mit Kleinsatelliten eröffnen sich viele Möglichkeiten, neue Weltraumtechnologien rasch und kostengünstig auszuprobieren. Aus diesem Grund haben wir mit der ESA eine Ausschreibung und technische Betreuung der Satellitenentwicklung konzipiert, die genau auf die österreichischen Bedürfnisse zugeschnitten ist“, erklärt Andreas Geisler, Leiter der Agentur für Luft- und Raumfahrt der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), die im Auftrag des BMK die österreichischen Weltraumaktivitäten fördert.

„Made in Austria“

Der Nanosatellit PRETTY (Passive REflectomeTry and dosimeTrY) wird der fünfte Satellit „Made in Austria“ im Weltall sein. Es ist bereits der dritte Nanosatellit aus den Labors der TU-Graz, die auch die Bodenstation der Satellitenmission betreibt.

„Die Analyse des Klimawandels und wie wir dessen Herausforderungen begegnen, sind zentrale Forschungsthemen der TU-Graz. Der Satellit PRETTY wird hierfür einen wichtigen Beitrag leisten. Mit den anspruchsvollen wissenschaftlichen und technologischen Herausforderungen von Satellitenmissionen ist die TU-Graz bestens vertraut. Mit TUGSAT-1 und OPS-SAT konnten wir mit der Konstruktion und Produktion von Satelliten sowie deren Überwachung von der Erde aus über viele Jahre Erfahrung sammeln“, konstatiert Harald Kainz, Rektor der TU-Graz.

Österreichische Gesamtverantwortung für eine Raumfahrtmission

PRETTY ist ein Nanosatellit aus drei Würfeln von jeweils zehn mal zehn mal zehn Zentimetern. Der Satellit ist eine In-Orbit-Demonstrator-Mission der ESA und wird die Erde in einer polaren Umlaufbahn in rund 600 Kilometern Höhe umkreisen. Entwickelt und gebaut wurde der PRETTY-Klimasatellit vollständig in Österreich.

© Lunghammer – TU-Graz

„Zum ersten Mal hatten wir die Gesamtverantwortung für eine gesamte Raumfahrtmission, ein Ritterschlag für jedes Weltraumunternehmen“, so Kurt Kober, Geschäftsführer von Beyond Gravity Austria (ehemals RUAG Space), Österreichs größtem Weltraumzulieferer.

Präzise Höhenmessungen

Das Hauptinstrument von PRETTY ist ein von Beyond Gravity in Wien entwickeltes Instrument zur sogenannten passiven Reflektometrie. „Dieses Instrument erlaubt besonders genaue Höhenmessungen bis in den Dezimeter- und Zentimeterbereich“, so Projektleiter Walter Hörmanseder von Beyond Gravity.

Andreas Dielacher, der zuständige Systemingenieur bei Beyond Gravity, ergänzt: „Die interferometrische Methode wird erstmalig im All angewandt. Dabei werden empfangene Signale der EU-Navigationssatelliten Galileo und der US-Navigationssatelliten GPS verwendet, um sie mit an der Erdoberfläche reflektierten Signalen zu korrelieren. Daraus lassen sich unter anderem die Höhe von Wellen und Eiskappen bestimmen, aber auch Windgeschwindigkeiten oder Bodenfeuchte. Die gewonnenen Daten werden von einem internationalen Wissenschaftsteam ausgewertet, das auf diese dringend wartet.“

Referenzdosimetrie

SATDOS, die zweite Nutzlast von PRETTY, wurde von Seibersdorf Laboratories entwickelt. SATDOS liefert mit Hilfe von mehreren Strahlungssensoren Erkenntnisse zu Sonnenaktivität und Weltraumwetter. Die im Rahmen von PRETTY entwickelte SATDOS Referenzdosimeter-Plattform misst den Einfluss der Strahlungsumgebung im Weltall auf Elektronikbauteile, wie sie vielfach in allen modernen Geräten und natürlich auch in Satelliten zum Einsatz kommen.

© Seibersdorf Labor GmbH

„Die gemessenen Strahlungseffekte erlauben Rückschlüsse auf das aktuell vorherrschende Weltraumwetter und die Zuverlässigkeit von Elektronik in Satelliten. Damit trägt die Referenzdosimetrie-Plattform SATDOS zur Nachhaltigkeit von Weltraummissionen bei“, erklärt Christoph Tscherne, Experte für Strahlungsfestigkeit und Projektleiter für PRETTY bei Seibersdorf Laboratories, abschließend.

Die fünf österreichischen Satelliten im All

PRETTY ist der dritte Satellit aus den TU-Graz-Laboren und wird der fünfte Satellit aus Österreich im All sein. Die bisherigen österreichischen Satelliten (allesamt Kleinsatelliten) im Überblick:

  • TUGSAT-1 der Technischen Universität Graz
  • UniBRITE der Universität Wien (TUGSAT-1 und UniBRITE sind Teil einer Flotte von fünf Nano-Satelliten, die Helligkeitsschwankungen von Sternen messen; beide seit 2013 im All)
  • PEGASUS der FH Wiener Neustadt (untersucht die Beschaffenheit der Erdatmosphäre; seit 2017 im All
  • OPS-SAT der TU-Graz (weltweit erste öffentlich zugängliche in-orbit Testplattform zur Erprobung neuer operationeller Technologien und Weltraumsoftware; erste ESOC Nanosatellitenmission; seit 2019 im All)

Alle Kleinsatelliten wurden vom BMK als Weltraumministerium entweder aus ESA- oder aus nationalen Mitteln über die FFG gefördert.

https://www.bmk.gv.at

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