Elektronik ist für unser aller Leben unverzichtbar geworden – auch weit über unseren Köpfen: Satelliten ermöglichen Telefon- oder Fernsehempfang, Navigationssysteme wie GPS aber auch Erdbeobachtung, die nicht nur fürs Wetter, sondern auch in Sachen Umwelt essentiell sind.
Extreme Temperaturschwankungen, hohe Strahlenbelastung oder vorherrschendes Hochvakuum – Bauteile, die für Satelliten im Weltraum eingesetzt werden, müssen extremen Bedingungen standhalten. Im Rahmen eines FFG-geförderten Projekts untersucht aus diesem Grund eine Forschungsgruppe der FH Wiener Neustadt verschiedene Weltraumkomponenten am MedAustron.
Teilchenbeschleuniger simuliert Strahlung im All
Eine der größten Herausforderungen für Satelliten sind dabei die unwirtlichen Bedingungen im Weltraum, trotz derer alle Komponenten höchst zuverlässig funktionieren müssen. Neben dem vorherrschenden Hochvakuum und extremen Temperaturschwankungen betrifft dies vor allem die hohe Strahlenbelastung, die größtenteils durch geladene Elementarteilchen wie Protonen verursacht wird.
Dadurch hervorgerufene Effekte lassen sich mit hochkomplexen Teilchenbeschleunigern reproduzieren und untersuchen. Aus diesem Grund werden seit Anfang des Jahres im Zuge eines FFG-geförderten Projekts Weltraumkomponenten am MedAustron bestrahlt und studiert.
„Im Fokus liegen insbesondere Single Event Effects (SEEs), ein Begriff, der die Änderung der Einstellungen kleinster elektronischer Strukturen durch Bestrahlung beschreibt. So kann beispielsweise ein Transistor durch die induzierte Ladung entweder ein- oder ausgeschalten werden, wodurch ein Bit zu einer 0 oder 1 wird und sich die gesamte Programmierung des Bauteils ändert. Da elektronische Systeme immer komplexer werden und mehrere Millionen solcher Strukturen enthalten, muss das Verhalten des gesamten Chips, bspw. eines Micro Controllern durch experimentelle Tests untersucht werden“, erklärt Projektleiter Wolfgang Treberer-Treberspurg den Untersuchungsvorgang.
Es sind die ersten Studien in diesem Fachbereich am MedAustron, das sonst vorwiegend zur Erforschung der Ionentherapie von Tumorerkrankungen genutzt wird.
„New Space“ – Kommerzialisierung der Weltraumtechnik
Am Weltraummarkt für Elektronik kam es in den letzten Jahren zu einer Zeitenwende: Dieser war früher ausschließlich nationalen Regierungen und großen Verteidigungsunternehmen mit der Berechtigung, Satelliten zu betreiben, vorbehalten. Doch diese Zeiten sind vergangen, durch den kommerziell vorangetriebenen Trend zu einem für alle zugänglichen Weltraum („New Space“) hat sich auch die Entwicklung von Bauteilen und Systemen für den Weltraumeinsatz gewandelt.
„Statt eigens entwickelter „Flugelektronik“, werden vermehrt kommerzielle Standardbauteilte eingesetzt. Flugelektronik ist zwar verlässlich, hinkt aber aufgrund langer Entwicklungszeiten, niedriger Stückzahlen und komplexer Qualifikation dem aktuellen Stand der Technik um Jahre hinterher, zu einem Vielfachen des Preises. Um allerdings Standardelektronik verlässlich einsetzen zu können, sind ein detailliertes Verständnis der Bauteile und damit verbundene Tests notwendig“, meint Wolfgang Treberer-Treberspurg.
Vorteile für Forschung, innovative Unternehmen und Start-ups
Das Institut für Aerospace Engineering der FH Wiener Neustadt bildete daher gemeinsam mit der FHWN-Forschungseinrichtung FOTEC und Seibersdorf Laboratories ein regionales Konsortium, das u.a. zwei PhD-Stellen umfasst.
Dies passt perfekt in den Fokus der FHWN auf „New Space“ Anwendungen, wie er beispielsweise durch das Nanosatelliten-Programm besteht. Satelliten sind nicht mehr zwangsläufig riesengroße, tonnenschwere Raumfahrzeuge, die sich nur wenige Nationen leisten können. Durch die Miniaturisierung und Standardisierung von CubeSats – kleine Satelliten, die aus einem oder mehreren würfelförmigen 10 x 10 x 10 cm3 großen Modulen aufgebaut sind – wird der Weltraum nicht nur für Universitäten und Forschung, sondern auch innovative Unternehmen und Start-ups leichter zugänglich.