- Für 83 Prozent der heimischen Betriebe ist Nachhaltigkeit Sache des Vorstands bzw. der Geschäftsführung
- Nachhaltigkeit ist zunehmend Teil der Zielvereinbarungen (66 %), hat aber noch kaum Konsequenzen für Boni (21 %)
- Nur knapp die Hälfte der Unternehmen hat klare Ziele in puncto Klimaneutralität (53 %)
- Vor allem Vorgaben des Headquarters treiben Nachhaltigkeitsbestrebungen an
- Nachhaltigkeit für viele regulatorische Notwendigkeit (76 %), aber auch ein Differenzierungsfaktor (74 %)
Für einen Großteil der führenden Betriebe Österreichs ist das Thema Nachhaltigkeit bereits Teil der Unternehmensstrategie: Drei von fünf Unternehmen haben nach Selbsteinschätzung das Thema Nachhaltigkeit vollumfänglich in ihre Unternehmensstrategie integriert, fast jedes dritte Unternehmen zumindest teilweise. Weitere fünf Prozent der befragten Unternehmen haben Nachhaltigkeit bisher noch nicht einbezogen, planen das aber für die kommenden zwei Jahre. Damit sind Österreichs Leitbetriebe schon deutlich weiter als der heimische Mittelstand, wo zum Jahresende 2020 nur gut jedes dritte Unternehmen über eine Nachhaltigkeitsstrategie verfügte (38 %).
„Im Vergleich zu heimischen Mittelstandunternehmen sind Österreichs Top-Unternehmen schon einen Sprung weiter, was die Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie betrifft. Das ist einerseits erfreulich und stimmt uns optimistisch, dass auch die Klimaziele erreicht werden können. Andererseits liegt die Befürchtung nahe, dass sich viele Betriebe besser einschätzen und die gesamte Dimension des Themas und die Vielzahl an Stellhebeln noch teilweise unterschätzt werden. Es braucht eine ganzheitliche ökologische und strategische Transformation und Nachhaltigkeit muss integrierter Bestandteil jeder Unternehmensstrategie sein“, so Martin Unger, Leiter der Strategieberatung und EYCarbon bei EY Österreich.
Diese Vermutung bekräftigt auch der Blick auf die gesetzten Ziele, beispielsweise in puncto Klimaneutralität: Nur etwa die Hälfte der Führungskräfte (53 %) konnte Angaben zu den gesetzten Zielen rund um Klimaneutralität machen. Fast ein Viertel gab an, dass Klimaneutralität kein Ziel für ihren Betrieb wäre (24 %), fast genauso viele (23 %) konnten dazu keine Aussage treffen. Immerhin ist aber schon aktuell etwas mehr als jedes zehnte österreichische Unternehmen (11 %) klimaneutral, weitere vier Prozent wollen noch in diesem Jahr Klimaneutralität erreichen. Die übrigen Unternehmen wollen bis 2025 (14 %), 2030 (15 %) bzw. spätestens 2050 (9 %) klimaneutral sein.
„Das macht das Problem schon sehr deutlich“, erklärt Unger. „Zwar gibt ein Gutteil der Unternehmen an, schon eine Nachhaltigkeitsstrategie zu haben und auch auf ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu setzen, aber nur etwa die Hälfte der Betriebe hat beispielsweise Ziele in puncto Klimaneutralität. Hier muss nachgeschärft werden, denn nachhaltige Strategien können natürlich nur dann erfolgversprechend sein, wenn sie auf die richtigen Zielsetzungen aufbauen.“
Das sind die Ergebnisse einer Umfrage der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, für die im Frühjahr 2021 mehr als 200 EntscheiderInnen von Österreichs 1.000 größten Unternehmen befragt wurden. Die Studie ist eine Initiative im Rahmen der Nachhaltigkeitsberatung EYCarbon, mit der EY alle Services zur Dekarbonisierung unter einem Dach und laufend Einblicke, Studien und Events zum Thema Klimawandel für österreichische Unternehmen bietet.
Nachhaltigkeit wird zunehmend zur Chefsache
Mehr als vier von fünf der befragten EntscheiderInnen finden, dass Nachhaltigkeit ein Vorstandsthema bzw. Thema für die Geschäftsführung ist (83 %). In fast der Hälfte der befragten Betriebe ist die Geschäftsführung bzw. der Vorstand schon jetzt für Nachhaltigkeit verantwortlich (46 %). „Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Noch vor einigen Jahren haben sich mit dem Thema Nachhaltigkeit hauptsächlich einige wenige Personen im Unternehmen befasst, jetzt sehen es viele Betriebe als Chefsache“, so Georg Rogl, Leiter des Bereichs Climate Change and Sustainability Services und Co-Lead EYCarbon.
Etwa jedes vierte Unternehmen hat überdies eine eigene Abteilung für Nachhaltigkeit (27 %), Spitzenreiter ist hier der Konsumgüterhandel (45 %), gefolgt von der Immobilien- und Baubranche (42 %). Knapp ein weiteres Viertel hat eine eigene Stelle, die für das Thema verantwortlich ist (23 %), bei nur neun Prozent der österreichischen Betriebe ist zurzeit keine klare Verantwortlichkeit für Nachhaltigkeit definiert.
Nachhaltigkeit fließt zunehmend in Zielvereinbarungen ein, kaum aber in Boni
Die Mehrheit der österreichischen Führungskräfte hat schon Zielvorgaben im Hinblick auf Nachhaltigkeit in ihren Balanced Score Cards (BSC) verankert (66 %). Die Automobil-, Transport- und Energiebranche (83 %) nimmt hier einmal mehr eine Vorreiterposition ein.
Allerdings haben die Zielvorgaben im Rahmen der BSC aktuell noch kaum finanzielle Konsequenzen: Bei nur jedem Fünften (21 %) hängt der Bonus von der Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen ab.
„Nachhaltigkeit ist heute für Firmen kein Lippenbekenntnis mehr, es werden konkrete Ziele gesetzt und diese nicht nur auf Unternehmensebene, sondern auch in den individuellen Zielvorgaben für Führungskräfte verankert. Aktuell hat der Zielerreichungsgrad noch kaum finanzielle Konsequenzen im Rahmen von Bonuszahlungen – das wird sich in den nächsten Jahren aber noch deutlich ändern“, so Unger.
Vor allem Vorgaben des Headquarters als Treiber von Nachhaltigkeit
Österreichs Betriebe sehen sich vor allem durch die Vorgaben der Konzernzentrale zu mehr Nachhaltigkeit verpflichtet. Bereits auf Rang zwei der Liste mit den wichtigsten Einflussfaktoren befinden sich die Wünsche und Bedürfnisse der Konsument:innen, gefolgt von gesetzlichen Regularien und Vorgaben (Rang 3). Österreichs Führungskräfte sehen in Nachhaltigkeit aber auch eine Möglichkeit für mehr Wachstum (Rang 4) oder wollen aufgrund persönlicher Motive und für ihre Kinder oder Enkelkinder ihre Unternehmen nachhaltiger gestalten (Rang 5).
„Nicht nur regulatorische Bestimmungen und Richtlinien, sondern auch unternehmensinterne Vorgaben scheinen einen starken Einfluss darauf zu haben, warum Unternehmen nachhaltiger werden wollen. Die Einschätzung der österreichischen Führungskräfte zeigt zudem, dass Nachhaltigkeit für viele auch aufgrund intrinsischer Motivation und Wertvorstellungen ein Thema von Relevanz ist“, so Stefan Uher, Co-Lead EYCarbon in Österreich.
Nachhaltigkeit für viele regulatorische Notwendigkeit und auch Differenzierungsfaktor
Für drei Viertel (76 %) der österreichischen Top-Betriebe ist Nachhaltigkeit trotzdem vor allem notwendig, um regulatorischen Vorschriften zu entsprechen. Besonders groß wird der Druck seitens der Gesetzgeber vonseiten der Automobil-, Transport-, Verkehr- und Energiebranche empfunden (87 %).
„Das ist ganz klar“, sagt Uher, „gerade der gesamte Mobilitätssektor ist von den Klimazielen extrem betroffen – Unternehmen aus der Branche sind intensiv gefordert, ihre Produktlinien anzupassen und Geschäftsmodelle zukunftsfähig zu machen, um die Reduktionsziele hinsichtlich Emissionen zu erfüllen. Weil zurzeit die Lösung vor allem in elektrifizierten Antriebsarten liegt, ist in weiterer Folge auch der Energiesektor betroffen. Er muss die entsprechenden Stromkapazitäten zur Verfügung stellen“.
Überraschend ist aber auch, dass beinahe gleich viele Unternehmen (74 %) Nachhaltigkeit als möglichen Differenzierungsfaktor gegenüber dem Wettbewerb sehen. „Das ist eine wichtige Einschätzung – denn es bedeutet, dass Unternehmen nicht nur aufgrund des regulatorischen Drucks auf Nachhaltigkeit setzen, sondern diese auch als Möglichkeit zur Stärkung der eigenen Marke nutzen“, erklärt Unger. Besonders hoch ist der Anteil hier bei Unternehmen im Handel (80 %) und im Konsumgüterbereich (79 %), die auch klassischerweise sehr markenabhängig sind. Aber auch im Maschinenbau bzw. der Metallerzeugung (81 %) und der Industrie (81 %) sind die Werte deutlich über dem Durchschnitt.
Zunehmender Einfluss von Nachhaltigkeit auf Unternehmensagenden
Klimaschutz und Nachhaltigkeit wirken sich immer stärker auf die Unternehmensagenden von Österreichs Top-Betrieben aus. Auf einer Skala von 1 (gar keinen Einfluss) bis 10 (sehr stark) beeinflusst Klimaschutz und Nachhaltigkeit mit einem Wert von 7,5 schon jetzt das Handeln und Agieren heimischer Top-Unternehmen. Besonders trifft das auf die Konsumgüter- und Handelsbranche (8,2) sowie größere Unternehmen mit einem Umsatz über 200 Millionen Euro zu (7,8). Der Einfluss wird nach Ansicht der befragten Entscheider:innen in den nächsten Jahren weiter steigen (8,4).
EY im Überblick
EY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter:innen an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2019/2020 einen Umsatz von 157 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt rund 300.000 Mitarbeiter:innen der internationalen EY-Organisation betreut EY Kund:innen überall auf der Welt.
EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung.
Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at
*Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.