Düstere Aussichten: Der Kreditversicherer Acredia geht davon aus, dass die weltweiten Unternehmensinsolvenzen stärker ansteigen als bisher angenommen.
„Anfang des Jahres haben wir für 2024 weltweit mit +9 Prozent mehr Firmenpleiten gerechnet. Das Insolvenzgeschehen hat aber so stark angezogen, dass wir die Prognose auf +11 Prozent korrigieren mussten“, erklärt Gudrun Meierschitz, Vorständin von Acredia.
Laut der aktuellen Studie von Kreditversicherer Acredia in Zusammenarbeit mit Allianz Trade droht Österreich nach 2005, 2006 und 2009 die vierthöchste Zahl an Unternehmensinsolvenzen. Bis zu 6.500 Firmen könnten bis Ende des Jahres insolvent werden. Das entspricht einem Anstieg von +20 Prozent. Besonders betroffen sind der Bau und das Hotelgewerbe.
„Wir gehen davon aus, dass damit der Höhepunkt der Insolvenzdynamik erreicht ist. Insolvenzen, die durch Corona-Hilfen verzögert wurden, sollten damit abgebaut sein. In den nächsten beiden Jahren erwarten wir wieder eine leichte Entspannung, wenn auch auf hohem Niveau“, informiert die Expertin.
Laut Prognose sollte die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Inland um -8 Prozent im Jahr 2025 und um weitere -11 Prozent im Jahr 2026 sinken.
Zuwachs vor der Erholung
International erwarten die Kreditversicherer 2024 ein Plus von 11 Prozent, in der EU sogar +14 Prozent. 2025 dürften die weltweiten Unternehmensinsolvenzen noch einmal um zwei Prozent zulegen, in der EU wird ein Rückgang von -5 Prozent erwartet. Erst 2026 kündigt sich eine globale Erholung an.
Haupttreiber der starken Insolvenzdynamik sind in diesem Jahr Kanada (+39 Prozent), Singapur (+39 Prozent) und Brasilien (+33 Prozent), in Europa sind es die Niederlande (+35 Prozent), Irland (+33 Prozent), Schweden (+29 Prozent) und Griechenland (+27 Prozent).
Für Österreichs wichtigsten Exportpartner Deutschland wird heuer ein Anstieg von +25 Prozent prognostiziert.
Auch 2025 zählt Deutschland (+4 Prozent) gemeinsam mit Portugal (+8 Prozent), Griechenland (+8 Prozent), Italien (+4 Prozent), Rumänien (+3 Prozent) und Spanien (+1 Prozent) zu den wenigen EU-Ländern, in denen die Zahl der Firmenpleiten weiter steigen dürfte.
„Der unerwartet starke Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen ist einerseits auf die gedämpfte Nachfrage, die anhaltende geopolitische Unsicherheit und ungleiche Finanzierungsbedingungen zurückzuführen. Andererseits spiegelt er die Normalisierung des globalen Insolvenzgeschehens wider“, unterstreicht Gudrun Meierschitz.
Rekordniveau an Großinsolvenzen
Besonders im Bauwesen, im Einzelhandel und im Dienstleistungssektor werden weltweit mehr Firmenpleiten verzeichnet und auch die Höhe der Passiva steigt.
Auffällig ist dabei das Rekordniveau an Großinsolvenzen, wobei Westeuropa besonders betroffen ist. Damit einher geht auch die Gefahr von Jobverlusten. Bis 2025 könnten in Europa und Nordamerika bis zu 1,6 Millionen Arbeitsplätze gefährdet sein, was den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt markiert.
Lockerung der Geldpolitik
Eine positive Entwicklung gibt es bei der Inflation. Sie nähert sich langsam dem Zielwert von zwei Prozent, damit werden weitere Zinssenkungen der Zentralbanken möglich. Eine allmähliche Lockerung der Geldpolitik könnte einigen Unternehmen eine Entlastung bringen, sie ist aber keine Wunderwaffe für angeschlagene Betriebe.
„Niedrigere Zinssätze reduzieren zwar die Kreditkosten und verbessern den Cashflow, sie lösen aber nicht die finanziellen Herausforderungen der Unternehmen“, ergänzt Gudrun Meierschitz abschließend.
Mehr Informationen zur vollständigen Studie finden Sie hier.