Wärme- und Kälteenergie machen den größten Anteil am Endenergieverbrauch und Treibhausgasausstoß in der EU aus: So entfallen mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs sowie ein Großteil der CO2-Emissionen auf Wärme, die vor allem in Gebäuden, Industrie und für Dienstleistungen benötigt wird.
Sie wird zum Beispiel als Raumwärme, für Klimatisierungszwecke, für Warmwasser und Prozesswärme oder zur Kälteerzeugung genutzt. Vor dem Hintergrund der angestrebten Dekarbonisierung – mit dem Ziel der österreichweiten Wärmeversorgung durch erneuerbare Energien bis 2040 – ist es daher wichtig, kohlenstoffarme Alternativen für die Wärmeversorgung zu erschließen.
Als vielversprechende Lösung erweist sich die Geothermie – also die Gewinnung und Nutzung von Wärmeenergie aus der Erde (Erdwärme) – wie eine neue Studie von PwC Österreich aufzeigt.
Dekarbonisierung und Klimaneutralität
Geothermie kann als fester Bestandteil der Energiewende dazu beitragen, Emissionen nachhaltig zu reduzieren und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Insbesondere für Gemeinden, Industriebetriebe und Energieversorgungsunternehmen bietet Erdwärme großes Potenzial, ihre Wärmenutzung zu dekarbonisieren.
Die Produktion von Wärme und Strom durch Geothermie zeichnet sich durch entscheidende Vorteile aus: Sie ist wetterunabhängig und grundlastfähig und liefert zuverlässige, erneuerbare und CO2-arme Energie.
Dank der Nutzung lokaler Ressourcen unter der Erde ist die Technologie auch unabhängig von Preisschwankungen auf den Energiemärkten. Zudem lässt sie sich dezentral und in vielfältigen Anwendungen sowohl in der Industrie als auch in privaten Haushalten nutzen.
In Europa und weltweit wird Geothermie bereits seit Jahrzehnten als CO2-neutrale und sichere Energieform zur Wärme- und Stromproduktion angewandt und in zahlreichen innovativen Projekten in der Industrie, bei Energieversorgungsunternehmen und Gemeinden erfolgreich umgesetzt. Zu den Vorreitern Europas zählen vor allem Länder wie Island, Italien, Türkei, Frankreich, die Niederlande, Deutschland und Schweden.
Österreichische Geothermie-Projekte
Auch in Österreich wurden bereits einige Geothermie-Projekte umgesetzt oder sind derzeit in Entwicklung. Allein im Jahr 2020 befanden sich bereits über 90.000 oberflächennahe Geothermieanlagen in Betrieb.
Oberösterreich gilt als Vorreiter mit sieben geothermischen Fernwärmenetzen, während die meisten weiteren Heizkraftwerke in der Steiermark zu finden sind. In Wien wird derzeit an einem großen Tiefengeothermie-Projekt gearbeitet. Insgesamt besteht somit erhebliches Potenzial, diese nachhaltige Energieform weiter auszubauen.
„Im Wiener Becken konnten in jüngster Zeit wichtige Fortschritte bei der Erschließung des Geothermie-Potenzials und der Dekarbonisierung der Fernwärme erzielt werden. Das Joint Venture zwischen OMV und Wien Energie ist ein gutes Beispiel und zeigt Entwicklern weiterer Projekte den Weg auf“, sagt Michael Sponring, Leiter des Bereichs Energie bei PwC Österreich.
Regulatorik und Investitionskosten
Obwohl in Österreich bereits einige Geothermie-Projekte erfolgreich umgesetzt wurden, gibt es noch zahlreiche regulatorische Hürden. So ist geothermische Energie per Gesetz bisher nicht als Rohstoff definiert und die Regelungen unterscheiden sich zum Teil zwischen den Bundesländern.
„Bislang gibt es keine ausreichenden Förderungen oder politischen Anreize. An ihnen wird derzeit jedoch gearbeitet, um zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen. Diese sollen ab 2024 über den Klima- und Energiefonds verfügbar sein und die weitere Entwicklung der Technologie ankurbeln. Dazu braucht es verbesserte regulatorische Rahmenbedingungen wie eine einheitliche und klare Gesetzes- und Datengrundlage sowie mehr politische Incentivierungen, staatliche Versicherungen oder Garantien,“ erklärt Michael Sponring.
Die hohen Investitionskosten, insbesondere für Bohrarbeiten, machen bei der Finanzierung von Geothermie-Projekten den wesentlichen Kostenfaktor aus. Hinzu kommt ein Fündigkeitsrisiko bei der Erschließung neuer Reservoire. Umfangreiche Vorplanung ist essenziell, um Daten zu erheben und Risiken durch interdisziplinäres Wissen zu minimieren. Nur so lässt sich das Investitionsrisiko bei der Nutzung dieser vielversprechenden Technologie begrenzen.
„Je genauer das Wissen um die Beschaffenheit des Untergrundes ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, ein Geothermie-Projekt erfolgreich umzusetzen. Die Geothermie etabliert sich zunehmend als integraler Bestandteil der Energiewende. Wegweisend sind dabei das Interesse aus der Wirtschaft sowie innovative Kooperationsmodelle über unterschiedliche Sektoren hinweg“, ergänzt Christian Rambousek, Co-Founder und Geschäftsführer von NIMBUC Geoscience, abschließend.
Mehr Infos zur vollständigen Studie finden Sie hier