Sicherheit ist weiterhin die oberste Devise –nicht nur bei den Hygienevorschriften, sondern auch bei den Investitionen. „Das Sicherheitsbedürfnis ist auf allen Märkten gestiegen, auf denen wir tätig sind“, wirft Markus Arnold, CEO von Arnold Immobilien, einen Blick auf Europa: „Da sehen wir von Deutschland bis Portugal ein ähnliches Verhalten.“ Im Moment boomen vor allem Assetklassen, die von der Pandemie nicht betroffen sind oder gar davon profitieren, wie „Wohnen, Logistik, für Wohnbau geeignete Grundstücke sowie Lebensmittelmärkte“, meint Franz Pöltl, Geschäftsführer von EHL Investment Consulting. Zusätzlich sind noch Core-Büroobjekte gefragt, und „gute Lage, gute Mieterstruktur und stabile Erträge“ machen in diesem Segment die Sicherheit aus, erklärt Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in den letzten 18 Monaten vor allem in diesen Bereichen die Preise angestiegen sind. „Bei den Investmentaktivitäten sieht man einen eindeutigen Aufwärtstrend zwischen erstem und zweitem Quartal, das mit über 900 Millionen Euro um rund 26 Prozent stärker war als das erste“, so Georg Fichtinger. Die Aufteilung des Investmentvolumens auf die einzelnen Assetklassen ist zwar überraschend, lässt sich aber auf den Verkauf von 45 Prozent der Anteile an der SCS in Vösendorf zurückführen. Dadurch ist Retail im ersten Halbjahr 2021 mit 39 Prozent des Volumens die stärkste Assetklasse in Österreich, gefolgt von Wohnen mit etwa 30, Büro mit rund 13 und Industrie & Logistik mit etwa zwölf Prozent.
Nicht nur in Österreich, sondern „generell ist in ganz Europa zu beobachten, dass Investoren besonders stark in Büro, Logistik und Wohnen investieren“, meint Georg Fichtinger: „Die Risikofreude hat während der Pandemie abgenommen, und eben diese drei Sektoren versprechen aktuell die größte Sicherheit.“ Im ersten Halbjahr 2021 stieg das globale Investmentvolumen gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2020 bereits um rund 19 Prozent an. Georg Fichtinger: „Bis Ende des Jahres sollte ein Anstieg von ca. 23 Prozent möglich sein.“
Auch alternative Immobilieninvestments wie zum Beispiel Pflegeheime oder Datencenter spielen eine immer größere Rolle. Diese Trends beginnen in den größeren Ländern wie Großbritannien oder Deutschland und kommen nach und nach auch in anderen Ländern an. Es ist wohl auch Covid geschuldet, dass Gesundheitsimmobilien eine besonders starke Rolle spielen und die Investoren selbst Abschläge bei den Renditen in Kauf nehmen.
Family-Offices setzen seit einigen Jahren ebenfalls verstärkt auf den Immobiliensektor. Laut der Studie „Immobilienvermögen in Family Offices“ von Engel & Völkers Investment Consulting (EVIC) in Zusammenarbeit mit Famos Immobilien ist mit 75 Prozent ein Großteil des Vermögens in Immobilien angelegt – vor fünf Jahren waren es nur 36. 57 Prozent macht dabei die Assetklasse Wohnen aus. Das Geld wird in Sicherheit gebracht.
Das klassische Investitionsmotiv, nämlich die Absicherung des Vermögens gegen Inflation, ist in der Vergangenheit aufgrund der kaum vorhandenen Teuerung gegenüber dem niedrigen bzw. negativen Zinsniveau in den Hintergrund getreten. Doch die Zeiten haben sich geändert, sagt Franz Pöltl: „Mit dem Anstieg der Inflation geht wieder der Wunsch einher, sich mit Immobilien als Realveranlagung gegen die Geldentwertung abzusichern. Inflationsschutz wird damit wieder zu einem zentralen Veranlagungsmotiv.“ Das treibt die Nachfrage an, wie Georg Fichtinger erklärt: „Die Nachfrage wird sich weiter erhöhen, da die Indexanpassungen einen entsprechenden Inflationsschutz bieten.“ Allerdings gibt die fehlende Verzinsung des Verkaufserlöses bzw. die Geldentwertung durch die Inflation oft den Ausschlag, dass Eigentümer nicht verkaufen.
Trotz aller Sicherheitsbedenken sind die Investoren daher weltweit auch wieder bereit, ein höheres Risiko einzugehen, und investieren in jene Assetklassen – wie etwa Hotel oder Retail –, die von der Krise besonders getroffen wurden. In Wien zeichnet sich speziell in der Assetklasse Hotel wieder Bewegung ab. Die Corona-Pandemie hat längst fällige Umbrüche in der City-Hotellerie beschleunigt. „Käufer wollen meist mit neuen Konzepten durchstarten, die vielfach auch geringere Personalressourcen benötigen. Von Investoren werden derzeit eher City-Hotels mit rund 100 Zimmern gesucht“, so Markus Arnold, der zuletzt mit seinem Unternehmen schon einige Liegenschaften vermitteln konnte.
Bezüglich der Immobilienfinanzierung sind die Banken eher restriktiver als risikoaffiner geworden. Und das wird auch so bleiben. „Durch die Pandemie und die intensivere Regulierung im Zuge von Basel III/IV werden viele Banken in den nächsten Jahren zurückhaltender finanzieren“, blickt Markus Arnold in die Zukunft. Sie werden bei der Kreditvergabe grundsätzlich vorsichtig sein, insbesondere was die Eigenmittelanforderungen betrifft. Diese Lücke wird von alternativen Finanzierern gefüllt werden, wie Franz Pöltl bestätigt: „Entwickler nutzen oft Finanzierungskanäle wie Crowd- oder Mezzaninfinanzierungen, um nicht das gesamte Eigenkapital selbst stemmen zu müssen.“ Zusätzlich sind Versicherungen und Fonds als Geldgeber unterwegs. „Geld ist jedenfalls genug auf dem Markt“, erklärt Markus Arnold: „Und es will investiert werden.“
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