Europäische öffentliche Forschungseinrichtungen stärken Wettbewerbsfähigkeit

Patentanmeldungen öffentlicher Einrichtungen haben sich in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt.
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Europäische öffentliche Forschungseinrichtungen stärken Wettbewerbsfähigkeit
António Campinos, Präsident des Europäischen Patentamts.

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Europäische öffentliche Forschungseinrichtungen (PROs) haben zwischen 2001 und 2020 fast 63.000 europäische Patentanmeldungen generiert.

Die mit PROs verbundenen europäischen Patentanmeldungen stiegen jährlich von rund 2.000 zu Beginn des Zeitraums auf mehr als 3.500 bis 2020. Die Studie der Beobachtungsstelle für Patente und Technologie des Europäischen Patentamts (EPA) beleuchtet auch eine konzentrierte und dennoch diverse Landschaft: während einige Organisationen und Länder das europäische Patentsystem besonders aktiv nutzen, unterscheidet sich ihr Lösungsansatz bei Technologietransfer und Zusammenarbeit erheblich.

„Die öffentliche Forschung gehört zu den größten Stärken Europas. Diese Studie verdeutlicht die entscheidende Rolle unserer öffentlichen Forschungseinrichtungen und Krankenhäuser, deren Erfindungen die Wettbewerbsfähigkeit Europas erhöhen. Um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, müssen wir jedoch intensiver zusammenarbeiten und den Transfer von Forschungsergebnissen in praktische Technologien beschleunigen“, informiert António Campinos, Präsident des Europäischen Patentamts.

Dominanz weniger Institutionen

Die Patentierung durch PROs konzentriert sich auf einige wenige dominante Institutionen. Die Studie erfasste 250 PROs, die zwischen 2001 und 2020 jeweils mindestens 20 akademische Patente beim EPA angemeldet haben – allein zwei Drittel aller PRO-Einreichungen kamen von den 16 führenden Organisationen.

Europäische öffentliche Forschungseinrichtungen stärken Wettbewerbsfähigkeit
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Das französische Nationale Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) führt das Ranking mit mehr als 10 200 europäischen Patentanmeldungen in den zwei Jahrzehnten an, gefolgt von der französischen Kommission für alternative Energien und Atomenergie (CEA) und der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft.

Die Studie zeigt, welche große Rolle PROs in einigen Ländern spielen, in anderen dagegen sind mit öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen verbundene Hochschulen die Hauptakteure bei der Patentierung (z. B. in Italien, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich).

Verwertung der Forschung

Im vergangenen Jahr hat die Beobachtungsstelle des EPA festgestellt, dass viele Erfindungen von Hochschulen immer noch von Dritten patentiert werden – häufig von Unternehmen oder Partnern – anstatt von den Institutionen selbst.

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Die diesjährige Studie zu PROs und Forschungskliniken verdeutlicht den Unterschied: Während Hochschulen erst kürzlich Parität zwischen “direkten” (von der Institution eingereicht) und “indirekten” Patenten (von anderen eingereicht) erreicht haben, kommen bei PROs auf ein indirektes Patent mittlerweile fast sieben direkte Patente.

Die Botschaft ist klar: PROs haben die volle Kontrolle über ihr eigenes geistiges Eigentum. Die zunehmende Eigenverantwortung aller öffentlichen Forschungseinrichtungen deutet auf stärkere Strukturen für den Technologietransfer und eine steigende Leistungsfähigkeit bei der Wertschöpfung und Vermarktung von Forschungsergebnissen hin.

Kliniken und Kooperation der Institutionen

Im Laufe der beiden Jahrzehnte, die die Studie umfasst, waren europäische Forschungskliniken an rund 17 400 europäischen Patentanmeldungen beteiligt.

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Die Tätigkeit konzentrierte sich dabei auf die Bereiche Pharmazeutika, Biotechnologie, Medizintechnik und Diagnostik. Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich sind dabei mit mehr als der Hälfte aller Anmeldungen führend, wobei das Assistance Publique – Hôpitaux de Paris (AP-HP) als Europas aktivste Forschungsklinik hervorsticht.

Die Studie zeigt auch eine starke Zusammenarbeit der Hochschulen untereinander oder mit PROs, Forschungskliniken, der Industrie oder kleinen und mittelständischen Unternehmen, die zu einer großen Anzahl gemeinsam eingereichter Patentanmeldungen führt. Die wichtige Rolle großer öffentlicher Forschungseinrichtungen als Mitanmelder ist beispielsweise in Frankreich deutlich erkennbar.

Es ist ebenfalls klar erkennbar, dass sehr wenige dieser Kooperationen grenzüberschreitend sind, was wiederum die anhaltende Fragmentierung des EU-Binnenmarkts in den Bereichen Forschung und Innovation zeigt. Die Einführung des Einheitspatents im Juni 2023 war ein konkreter Schritt zur Bewältigung dieses Problems und ergänzt andere europäische Initiativen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschulen und zur finanziellen Unterstützung wissenschaftsbasierter Start-ups.

Start-ups

Die Studie zeigt, dass rund 2 800 europäische Start-ups, die in Verbindung zu öffentlicher Forschung stehen, einen besonders hohen Anteil an Investitionen anziehen.

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Dadurch tragen sie dazu bei, kapitalintensive Technologien in Bereichen wie Gesundheitstechnik, Energie oder Hardware voranzubringen.

Zeitgleich mit dem Start der Studie wurde der kostenlos verfügbare Deep Tech Finder des EPA erweitert und umfasst nun europäische PROs mit ausstehenden oder erteilten europäischen Patenten. Dadurch wird die Reichweite und Nutzerfreundlichkeit des Tools erhöht. Der Tool Deep Tech Finder ist ein hilfreiches Tool, um Investoren mit einigen der vielversprechendsten Start-ups in Europa zu verknüpfen. Es enthält Geschäftsprofile und Patentportfolios von über 10 400 solcher investitionsbereiten Start-ups. Das Tool erleichtert das Filtern der Start-ups nach Wachstumsphase, Industriebranche oder Fachgebiet oder zum Suchen von Start-ups, Hochschulen und Investoren nach deren Namen.

AIT, Joanneum Research und IMBA in Österreich führend

An der Spitze der österreichischen Forschungslandschaft stehen das AIT mit 227 Patentanmeldungen, Joanneum Research (91 Patentanmeldungen) sowie das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) mit 64 europäischen Patentanmeldungen im Untersuchungszeitraum.

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Damit verantworten diese drei Organisationen mehr als die Hälfte der Patente von öffentlichen Forschungseinrichtungen in Österreich.

Gemäß dem Katalog für Forschungsstätten der Statistik Austria gibt es derzeit 3.289 Forschungseinrichtungen in Österreich – also öffentliche oder private Forschungsstätten, die keiner Universität oder Fachhochschule angegliedert sind.

Ihre enge Zusammenarbeit mit Industrie und Start-ups ist laut der Studie ein zentraler Hebel, um österreichische Innovationen international sichtbarer zu machen und schneller in marktfähige Technologien zu überführen. 75 österreichische Start-ups mit mindestens einer europäischen Patentanmeldung sind mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen verbunden.

Nähere Informationen zur vollständigen Studie finden Sie hier.

https://www.epo.org

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