Etablierung neuer Zollstrukturen gefährdet Stabilität globaler Lieferketten

Bietet „Friendshoring“ die nötige Sicherheit und wie kann Österreichs Wirtschaft davon profitieren?
© Acredia / M.Draper
Etablierung neuer Zollstrukturen gefährdet Stabilität globaler Lieferketten
Gudrun Meierschitz, Vorständin von Acredia.

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Der Welthandel befindet sich in einer Phase tiefgreifender Umbrüche. Neue Zölle, geopolitische Spannungen und die Folgen des Klimawandels belasten internationale Lieferketten und verschieben globale Handelsströme.

Eine aktuelle Studie von ACREDIA gemeinsam mit Partner Allianz Trade zeigt: Das durch Handelsbeschränkungen betroffene Volumen hat sich seit 2024 nahezu verdreifacht.

„Effizienz war lange das Leitmotiv internationaler Lieferketten – heute steht Stabilität im Vordergrund. Unternehmen haben gelernt, dass resiliente Strukturen wichtiger sind als kurzfristige Kostenvorteile“, erklärt Gudrun Meierschitz, Vorstandsmitglied der ACREDIA Group.

Etablierung neuer Zollstrukturen gefährdet Stabilität globaler Lieferketten
© Allianz Research

Inzwischen sind rund 20 Prozent der weltweiten Importe im Wert von schätzungsweise 2,7 Billionen US-Dollar betroffen. Haupttreiber sind neu eingeführte Zölle – bis Oktober 2025 wurden weltweit 309 neue Zollmaßnahmen erlassen, fast doppelt so viele wie im gesamten Vorjahr.

„Friendshoring“ im Aufwind

Mit wachsender geopolitischer Unsicherheit gewinnt die Tendenz zu Friendshoring – also der Verlagerung von Produktion und Handel in politisch ähnlich ausgerichtete oder geografisch nahe Länder – stark an Bedeutung.

Europa profitiert dabei von stabilen Rahmenbedingungen, klarer Regulierung und seiner zentralen Lage zwischen den großen Wirtschaftsräumen. Für Österreich eröffnet sich daraus eine strategische Position: Als Drehscheibe zwischen Mittel-, Ost- und Südosteuropa kann die heimische Wirtschaft von der zunehmenden Regionalisierung profitieren.

Etablierung neuer Zollstrukturen gefährdet Stabilität globaler Lieferketten
© Allianz Research

„Gerade in Zeiten globaler Unsicherheit stärkt Nähe das Vertrauen. Wer lokale Netzwerke und stabile Partnerschaften nutzt, verschafft sich einen echten Wettbewerbsvorteil“, betont Gudrun Meierschitz.

Laut Studie wird das globale Handelswachstum 2025 mit +2 Prozent deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt liegen. Für 2026 und 2027 erwarten die Ökonom:innen sogar nur +0,6 bzw. +1,8 Prozent. Mehr als die Hälfte dieses geringen Wachstums beruht laut Allianz Trade auf der Umleitung bestehender Handelsströme – etwa durch die Verlagerung von US-Importen weg von China oder eine stärkere Diversifizierung der Lieferketten.

„Österreichs Exportwirtschaft steht damit vor einem strukturellen Wandel. Strategische Anpassung und Risikostreuung werden zu zentralen Erfolgsfaktoren. Unternehmen, die frühzeitig auf regionale Partner und abgesicherte Zahlungsstrukturen setzen, sind langfristig widerstandsfähiger“, unterstreicht die Expertin.

Klimarisiken und neue Handelszentren

Neben geopolitischen Spannungen wird der Klimawandel zunehmend zu einem entscheidenden Risiko für globale Lieferketten. Dürreperioden, Niedrigwasser und Extremwetter beeinträchtigen bereits heute zentrale Transportwege wie den Suez- und Panamakanal, aber auch Binnenflüsse wie Rhein und Donau. Das erhöht den Druck auf die Logistik und macht internationale Handelsrouten anfälliger für Störungen.

Etablierung neuer Zollstrukturen gefährdet Stabilität globaler Lieferketten
© Allianz Research

„Politische und klimatische Risiken treten immer häufiger gleichzeitig auf. Das stellt Unternehmen und Transportnetzwerke vor neue Herausforderungen“, warnt Gudrun Meierschitz.

Gleichzeitig verschiebt sich das globale Zentrum des Handels. Das aktuelle Allianz-Trade-Ranking zeigt, dass sich Volkswirtschaften neu positionieren, um von veränderten Strömen und Zollstrukturen zu profitieren.

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© Allianz Research

An der Spitze liegen die Vereinigten Arabischen Emirate (Platz 1), Vietnam (Platz 2) und Malaysia (Platz 3) – dank moderner Hafeninfrastruktur und wachsender Exportdynamik. Saudi-Arabien verbessert sich um elf Plätze auf Rang 4, während Kasachstan mit seinen Knotenpunkten Khorgos und Nur Zholy als eurasischer Logistikstandort auf Platz 16 vorrückt. Trotz leistungsfähiger Terminals – etwa in Laem Chabang oder Tanger-Med – bleiben Thailand, Indien und Südafrika bei der Konnektivität zurück. Indonesien und Bangladesch kämpfen zudem mit erheblichen Investitionslücken.

Für Österreichs Exportwirtschaft bedeutet das: Neue Märkte entstehen, globale Routen verändern sich – und wer Risiken frühzeitig absichert, kann vom Wandel profitieren.

„Risikomanagement ist heute kein Kostenfaktor mehr, sondern ein zentraler Bestandteil nachhaltiger Wachstumsstrategien“, ergänzt Gudrun Meierschitz abschließend.

Nähere Informationen zur vollständigen Studie finden Sie hier.

https://acredia.at

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