Das Streben nach umweltfreundlichen Mobilitätslösungen ist zweifellos einer der relevantesten Trends unserer Zeit. Einerseits gibt es dahingehend eine immer höhere Nachfrage von Konsument:innen, andererseits zwingen regulatorische Vorgaben Unternehmen zum Handeln.
Ob klassische Automarken deswegen ausgedient haben, und wie sich eine zuletzt kolportierte Neubewertung von E-Autos durch die EU als nicht automatisch schadstofffrei auf den Markt auswirken würde, hat sich die Investmentgesellschaft Freedom Finance näher angesehen.
Wachstum des Sektors
E-Mobilität ist nicht nur gefühlt im Kommen, auch wirtschaftlich legt der Markt signifikant zu. Weltweit wurden 2023 14,2 Millionen neue E-Autos und Hybrid-Autos verkauft, was einen Anstieg um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Zudem wurden E-Autos mit einem Marktanteil von 14,6 Prozent am europäischen Gesamtmarkt zum drittbeliebtesten Autotyp, womit die E-Fahrzeuge Diesel-Autos im Ranking überflügelten. Als prominenter Geldgeber im Bereich europäischer Mobility Start-ups hat etwa EIT Urban Mobility, allein im Vorjahr, mit 62 Finanzierungsrunden und einem Portfolio-Gesamtwert von einer Milliarde Euro, das Ranking angeführt.
„All diese Daten deuten auf eine steigende Dynamik im Bereich der Elektromobilität weltweit und Europa hin. Wir erwarten, dass der Sektor in den kommenden Jahren weiterhin starkes Wachstum und Investoreninteresse erfahren wird“, erklärt Hans Selleslagh, Österreich-Sprecher der Investmentgesellschaft Freedom Finance Europe.
Traditionelle Automarken mit Potenzial
Private Investoren, die Unternehmen im Bereich Mobilität in ihr Portfolio einfließen lassen wollen, oder den bereits vorhandenen Anteil stärken wollen, sollten dabei nicht nur an neue Player auf dem Markt denken, sondern durchaus auch bewährte Unternehmen auf dem Zettel haben.
„Potenzielle Investitionsziele umfassen ein breites Spektrum. Chancen bieten traditionelle Automobilhersteller wie Volkswagen, General Motors und natürlich auch Tesla, da sie nicht nur führend bei Innovation und in der Produktion von E-Autos sind, sondern auch Investoren ansprechen, die Wert auf Stabilität und Branchenkenntnis legen. Neue Akteure wie BYD, Li Auto, NIO, Rivian oder Lucid Motors punkten wiederum mit Spitzentechnologien sowie attraktiven Produktangeboten und ziehen tendenziell Investoren an, die nach Möglichkeiten für schnelles Wachstum suchen“, unterstreicht der Finanzexperte.
Abgesehen von Einzelaktien bieten sich interessierten Anleger:innen auch im Fondsbereich Chancen, um vom Wachstumspotenzial des dynamischen Sektors zu profitieren. Fonds wie der Global X Autonomous & Electric Vehicles ETF (DRIV) oder iShares Electric Vehicles and Driving Technology ETF (IDRV) konzentrieren sich auf Unternehmen, die an elektrischen und autonomen Transporttechnologien beteiligt sind.
Wie sauber ist E-Mobilität?
So vielversprechend diese Aussichten auch klingen, gilt es für Anleger:innen natürlich stets auch Risiken und potenziellen Gegenwind für eine Branche zu bedenken und richtig einzuordnen. Erst kürzlich sorgten Berichte für Aufregung, wonach E-Autos seitens der EU nicht länger automatisch als CO2-frei eingeordnet werden sollen, sogar von einer Kehrtwende beim bereits beschlossenen Aus für neue Verbrenner-Motoren ab 2035 war zu lesen.
Selbst wenn eine etwaige neue Klassifizierung der E-Autos durch die EU nicht automatisch eine Rückbesinnung auf Verbrenner-Motoren bedeutet, hätte sie doch das Potenzial, die Branche gehörig durcheinander zu wirbeln.
„Aus Investorensicht könnte dies schwerwiegende Folgen haben, weil so die vermeintlichen Umweltvorteile von Elektrofahrzeugen untergraben werden würden und die Verbrauchernachfrage sowie die Stimmung der Investoren gegenüber diesem Sektor beeinträchtigt werden würde. Infolgedessen könnten Unternehmen, die erhebliche Mittel in die Elektromobilität investiert haben, bei europäischen Investoren an Attraktivität verlieren“, verdeutlicht Hans Selleslagh.
Tesla, das für seine Pionierrolle auf dem Markt für Elektrofahrzeuge bekannt ist, könnte einer verstärkten Prüfung ausgesetzt sein, wenn die Produkte nicht mehr als klimaneutral eingestuft werden. Europäische Autohersteller wie Volkswagen, BMW und die Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz, die erhebliche Ressourcen für die Elektrifizierung bereitgestellt haben, könnten ebenfalls darunter leiden, so die Investmentgesellschaft, da sich diese Unternehmen darauf verlassen würden, Elektrofahrzeuge als saubere Alternative zu herkömmlichen Autos mit Verbrenner-Motoren verkaufen zu können.
„Eine Änderung der EU-Klassifizierung könnte Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Produkte aufkommen lassen, was das Vertrauen der Anleger untergraben und die Dynamik der Aktien beeinträchtigen könnte“, konstatiert der Experte.
E-Mobilität – EU will Reduktion der Abhängigkeiten
Während manche Politiker fordern, dass die EU mit Verboten und Selbstbeschränkungen Schluss machen müsse, und dies nur den EU-Ländern und den hier ansässigen Unternehmen schaden würde, analysiert Freedom Finance Europe die verstärkten Bemühungen in Richtung mehr E-Mobilität als Versuch, die europäische Wettbewerbsfähigkeit am globalen E-Mobility-Markt zu stärken und die Abhängigkeit von Exporten, insbesondere aus China, zu reduzieren.
„Darüber hinaus steht das Engagement der EU für die Elektromobilität im Einklang mit umfassenden wirtschaftlichen und geopolitischen Zielen, wie dem Erreichen von Energieunabhängigkeit, der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums“, ergänzt Hans Selleslagh.
Insgesamt würden Investitionen in den Mobilitätssektor attraktive Perspektiven für Anleger bieten, die vom Übergang zu nachhaltigen Transportlösungen und technologischen Innovationen profitieren wollen.