Die Feiertage waren gut. Sie hatten einen Vorteil: Es gab keine Pressemeldungen über die SIGNA. Also über das, was von ihr übrig ist. Die Trümmer werden jetzt sukzessive weggeräumt beziehungsweise wird zertrümmert, was noch gefunden wird.
„Hotel Mama“ für René Benko
Immer wieder tauchen in den Medien Artikel über neue Käufer, neue Insolvenzen, Kreditgeber oder neue Probleme auf – Benko muss jetzt bei seiner Mutter wohnen oder wo auch immer. Wenn jetzt selbst René Benko bei seiner Mutter wohnt – oder wo auch immer, dann wissen wir, wohin die Reise geht. Nein, nicht dass es ihm so schlecht geht – aber die desolate SIGNA wird in alle Richtungen ausgeschlachtet. In den Immobilienmedien ebenso wie in der Yellow Press. Jetzt taucht laut „Kronen Zeitung“ auch noch ein Safe mit Gold in Liechtenstein auf. Es ist eben für jeden etwas dabei.
Wobei ich den Schachzug, nach Hause zu ziehen und Insolvenz anzumelden, für genial halte, denn damit wird der Protagonist auch als Opfer dargestellt. So schlecht geht es ihm jetzt … na ja. Zuletzt hatte auch die Privatstiftung am Landesgericht Innsbruck einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahren eingebracht und nach außen symbolisiert, dass es eben auch René Benko erwischt hat.
Intransparenz und Seilschaften
Je mehr Artikel in den Medien auftauchen, desto mehr gewinnt man den Eindruck, dass es sich hier um ein Netz von Verbindungen in alle Richtungen handelt, die man so nicht mehr aufdröseln kann. Die „Krone“ schreibt von einem völlig undurchsichtigen internationalen Konzern. Bei jeder Nachricht, welche die SIGNA betrifft, weiß ich schon: wieder etwas Neues, das dieses Konglomerat noch undurchsichtiger macht. Dass da je Ordnung geschaffen wird, ist kaum anzunehmen. Es wird auch einige geben, die das gar nicht wollen.
Aufgrund der Verstrickungen und Seilschaften ist zu befürchten, dass es zu „Vermischungsprozessen“ kommt. Das heißt, es wird so lange prozessiert und Schuld zugewiesen, bis halt nichts mehr übrigbleibt oder sich nach einigen Jahren keiner mehr daran erinnern kann, worum es eigentlich gegangen ist.
Man darf jetzt schon gespannt sein, wer der Sündenbock sein wird, der dafür „haftet“ (wofür eigentlich und mit welchen Beträgen?), und dann war es das auch schon.
Trümmerfeld
Die Insolvenz der SIGNA erinnert weniger an eine Insolvenz als an den chaotischen Zusammenbruch eines Reiches, nach dem letztendlich nur mehr Trümmer übrig sind. Jeder rettet, was er retten kann, selbst wenn es nur er selbst ist.
Seit vergangenem Oktober melden immer mehr SIGNA-Unternehmen Insolvenz an, und jetzt verabschieden sich auch die Vorstände. Der aktuelle Vorstand Erhard Grossnigg hat angekündigt aus dem Management auszuscheiden – Gusenbauer, Sevelda, Riess-Hahn und Samstag haben ebenfalls vermeldet, sich zurückzuziehen.
Selbst auf den Baustellen hat man den Eindruck, dass die Firmen – meiner Meinung zu Recht – versuchen, den Schaden noch zu reduzieren, das gleiche gilt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Steuerzahler darf maximal nur den Dreck wegräumen und vielleicht auch für den Schaden aufkommen.
Nach und nach treten potenzielle Käufer für die Topimmobilien aus dem zerbröckelnden SIGNA-Reich auf den Plan. Für das Münchner Luxuskaufhaus Oberpollinger wurden 450 Millionen Euro geboten, und für die insolvente Warenhauskette GALERIA Karstadt Kaufhof sind nach Angaben des Unternehmens vier verbindliche Kaufangebote eingegangen. Selbst der heimischen Baumagnat Georg Stumpf hat ein Offert von einer Milliarde Euro abgegeben: Das Goldene Quartier, das Hotel Park Hyatt und das Gebäude des Verfassungsgerichtshofs in Wien sowie das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck stehen auf seinem Wunschzettel.
Eventuell eine Retourkutsche. Denn es hält sich weiterhin hartnäckig die Geschichte, dass der junge René einst mit einem Ferrari zum Millennium Tower fuhr und dort kundtat, wenn man ihm einen Preis nenne, dann würde er ihn auch schon kaufen. Stumpf agiert anders, er nennt gleich einen Preis.
„Der Tropfen auf dem heißen Stein“
Eine Milliarde ist gut, aber bei den Passiva halt auch nur eine Art Tropfen – wenn auch ein großer. Die 100 Millionen Euro Kredit, die jetzt der britische Vermögensverwalter Attestor der SIGNA zur Verfügung stellt, wird es auch nicht für mau geben.
Damit verfügt das Unternehmen über Liquidität, und der Masseverwalter Norbert Abel kann laut eigenen Angaben den Treuhandsanierungsplan umsetzen. Ich lehne mich jetzt weit hinaus, aber eine Quote von 30 Prozent, wie immer kolportiert wird, halte ich für sehr hochgeschätzt. Die SIGNA-Pleitenserie ist die mit Abstand größte Insolvenz der österreichischen Wirtschaftsgeschichte.
Nur damit man die Summen einordnen kann: Gegenüber der insolventen Luxus-Immobiliengesellschaft SIGNA Prime haben bisher 475 Gläubiger Forderungen in der Rekordhöhe von 12,8 Milliarden Euro angemeldet, derzeit sind rund 5,9 Milliarden Euro vom Insolvenzverwalter anerkannt. Die SIGNA Holding sieht sich im laufenden Insolvenzverfahren aktuell einer Forderungssumme von 7,8 Milliarden Euro gegenüber, wobei bisher nur gut 80 Millionen Euro anerkannt wurden. Gegen die SIGNA Development sind 2,3 Milliarden Euro an Forderungen angemeldet, wovon bisher 1,5 Milliarden Euro anerkannt sind.
Die Filetstücke werden aufgeteilt, der Rest soll bleiben, wo er ist. Der Rest sind allerdings die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Konzerns. Schade um die guten Immobilien-Profis, die in der SIGNA gearbeitet haben oder arbeiten.
Die SIGNA ist ein Trümmerfeld, und alles, was jetzt noch geschrieben wird, dient eigentlich der Bespaßung. Außer für die Betroffenen.
Autor: Walter Senk