Pro Einwohner stehen, laut RegioPlan, derzeit etwa 1,56 Quadratmeter Handelsfläche zur Verfügung. Im Jahr 2014 waren es noch 1,77 Quadratmeter gewesen. 0,21 Quadratmeter weniger machen pro Person nicht viel aus, aber in der Masse schon.
„Nicht nur die aktuellen Insolvenzen und Rückzüge aus der Fläche verändern den österreichischen Einzelhandel, dieser Trend besteht schon seit zehn Jahren“, so Romina Jenei, CEO RegioPlan Consulting.
Es ist mit hoher Sicherheit zu erwarten, dass die Verkaufsflächen insgesamt weiterhin schrumpfen werden. Dieser Rückgang wird sich langsam, aber kontinuierlich fortsetzen und sich in etwa auf 1,5 bis 2,0 Prozent pro Jahr belaufen. Derzeit stehen durch Insolvenz, den Rückzug der Unternehmen aus Österreich oder einfach nur Filialreduktion weit über 550.000 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Disposition. Das sind vier Prozent der gesamten Verkaufsfläche in Österreich. Rechnet man den weitgehend stabilen Lebensmittelhandel heraus, sind es sogar mehr als fünf Prozent. Die Grundtendenz Flächenrückgang bleibt somit bestehen, auch wenn die Verschiebung von Umsätzen aus dem stationären Handel zum Onlinehandel zumindest vorerst gestoppt ist.
Veränderung am Retail Markt
„Aktuell gibt es einen deutlichen Trend zu Flächenverkleinerungen unter der Voraussetzung, dass diese für die Konzepte umsetzbar sind“, sagt Stefan Braune, Head of Retail bei der ÖRAG.
In den klassischen Handelskonzepten wie beispielsweise der Textilbranche ist eine Flächenverkleinerung über einen höheren Onlinehandel möglich, „andere Marktteilnehmer wie Mobilitätskonzepte, Entertainment oder ähnliche haben diese Möglichkeit natürlich nicht“, so Stefan Braune, der aber generell einen erneuten Aufwind im Handel feststellt:
„Die Konzepte suchen wieder aktiv nach Flächen, und es ist branchenabhängig auch ein Expansionszuwachs zu bemerken. Internationale Brands sind dabei ebenfalls am österreichischen Markt interessiert.“
Platz dafür gäbe es, denn eine Reihe von Insolvenzen – an der Spitze die der Kika/Leiner-Gruppe – sowie Rückzüge internationaler Retailer (etwa von XXL Sports) vom österreichischen Markt „sorgen für viel Bewegung in etablierten Einkaufsstraßen und -zentren sowie für eine leicht steigende Leerstandsrate“, meint Mario Schwaiger, Leiter Einzelhandelsimmobilien der EHL Gewerbeimmobilien.
Steigende Leerstandsraten betreffen aber nicht die Toplagen: „Die Nachfrage nach absoluten Spitzenlagen ist ungeachtet der herausfordernden Lage im Gesamtmarkt ungebrochen stark.“ Für freiwerdende Flächen gibt es fast immer mehrere Interessenten, und die Mieten sind auf ein Rekordniveau geklettert. Vor allem das Luxussegment zeigt sich weiterhin krisenresistent. Die Neuvermietungen an Graben und Kohlmarkt in den vergangenen acht Monaten sprechen eindeutig dafür. „Wien ist für die führenden globalen Luxusmarken eine der wichtigsten Destinationen in Europa“, so der EHL-Experte.
Im krassen Gegensatz zum Luxus suchen auch verstärkt Soziallebensmittelmärkte nach neuen Flächen, was die aktuelle Lage in der Bevölkerung widerspiegelt. Grundsätzlich kann man sagen, dass die hohe Inflation und hohe Kreditzinsen die Perspektiven des österreichischen Einzelhandels belasten, denn die Rückgänge der realen Kaufkraft respektive frei verfügbarer Einkommen resultieren in einer Konsumzurückhaltung.
„Diskonter profitieren von der schwierigen Lage und dem sich verändernden Konsumverhalten und expandieren laufend“, konstatiert Andreas Ridder, Managing Director CBRE Österreich.
Gesucht werden Flächen zwischen 300 und 1.000 Quadratmeter, teilweise auch bis 1.500 oder 2.000 Quadratmeter für neue Diskontkonzepte, etwa aus Deutschland und Frankreich.
Trends
Ein Trend zeigt sich für Stefan Braune nicht unmittelbar im Einzelhandel, sondern in einer Branche mit ähnlichen Anforderungen – im Entertainment-Bereich: „Immer mehr interaktive Entertainment-Konzepte versuchen den österreichischen Markt zu erobern.“
Da die Sichtbarkeit im Erdgeschoß sowie die Synergie mit dem klassischen Einzelhandel für die Konzepte entscheidend sind, werden vornehmlich Geschäftslokale gesucht. Die neue Ergänzung in den Einkaufsstraßen belebt in der Folge die Vielfalt und schafft Abwechslung, wodurch langfristig auch die Händler profitieren sollten.
Die Investoren haben sich ebenfalls an die aktuelle Marktsituation angepasst, stellt Mario Schwaiger abschließend fest:
„Sicherheit ist aktuell das Um und Auf für Immobilieninvestoren. Wichtigste Voraussetzung und oft „conditio sine qua non“ für ein Engagement sind lange Restlaufzeiten und starke Mieter. Am gefragtesten sind Fachmarktzentren und gute Stand-alone-Objekte.“
Autor: Walter Senk