Strategische Neuordnung im Top-Management: Der CIO als künftiger CEO?

Viele „IT-Masterminds“ werden immer noch nur auf Abteilungs- oder Bereichsleiterebene eingesetzt, was eine nicht zu unterschätzende Gefahr für viele Unternehmen darstellt.
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Strategische Neuordnung im Top-Management: Der CIO als künftiger CEO?
Martin Giesswein, Digitalisierungsexperte und Program Director des Kompaktprogramms AI Transforming Business an der WU Executive Academy.

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Je digitaler eine Firma, desto bedeutender die Rolle ihres CIO: Pandemie, neue Technologien und laufende Markttransformationen haben viele traditionelle Firmen in den letzten Jahren zu stark digitalisierten Unternehmen gemacht. Dennoch ist die Rolle des Chief Information Officers (CIO) oft nicht im selben Ausmaß mitgewachsen.

Oliver Strasser (Chief Operating Officer der WU Executive Academy) und Martin Giesswein (Digitalisierungsexperte und Program Director des Kompaktprogramms AI Transforming Business an der WU Executive Academy) analysieren, wie es in der Praxis gelingen kann, damit CIOs – gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten – ihre Qualitäten als digitale Mittelfeld-Aufbauspieler voll ausspielen und möglicherweise zu den heimlichen CEOs vieler Unternehmen avancieren können.

Auf der Suche nach dem „C“

Glücklich sind jene IT-Verantwortlichen, die mit einem „C“ am Beginn ihres Titels gleichberechtigt im Top-Management die Geschicke des zunehmend digitalisierten Unternehmens mitgestalten.

Ob Chief Information Officer, Chief Digital/Digitalisation/Transformation Officer – die Wahrnehmung als Top-Mitgestalter der heutigen und zukünftigen Wertschöpfung auf Augenhöhe mit CEO, CFO, CMO, CSO, CHRO und anderen ist entscheidend.

„Die Realität in vielen Unternehmen sieht jedoch anders aus: Nach wie vor finden sich viele IT-Masterminds als Abteilungs- oder Bereichsleiter wieder. Nicht selten wurden sie historisch auch in wenig schmeichelhafte Rollen gedrängt: Costcenter, Neinsager, Verzögerer. Der sichere Betrieb der gewachsenen, personalintensiven IT-Landschaft scheint hier den täglichen Spieltakt vorzugeben“, erörtert Martin Giesswein.

CIO: Vom indirekten Ermöglicher zum direkten Wertschöpfer

„Beschreibt man aber die dringend notwendige Rolle der CIOs in der heutigen Wirtschaft, so sind sie das genaue Gegenteil von statischen Verwaltern: Sie sind nicht nur die Ermöglicher von Wertschöpfung in allen anderen Bereichen, sondern auch direkte Gestalter der Profitabilität und Bestandsicherheit des Unternehmens geworden“, sagt Oliver Strasser.

Zur Verdeutlichung:

  • Sie teilen sich mit den CEOs die Verantwortung für strategische Langfristplanung, Transformation und die öffentliche (digitale) Reputation des Unternehmens.

  • Kein CFO kann analysieren, steuern und den immer größer werdenden Berichtspflichten nachkommen, ohne die Unterstützung des CIO.

  • Die HR-Abteilung kann keine Organisationsentwicklung, Weiterbildung oder KI-Kompetenzvermittlung ohne digitale Partner planen oder umsetzen.
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Das Kooperationsnetz des CIO
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  • Marketing und Sales – sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich – arbeiten eng mit dem CIO-Team zusammen, wenn es um Digital Customer Experience, ePayment-Lösungen und Datawarehouses geht, um ihre Ziele zu erreichen.

  • Ganz zu schweigen von einer automatisierten und bald robotisierten Produktion und Logistik, die nicht mehr von Fließbandarbeitern, sondern über Dashboards von IT-Experten gesteuert wird.

Kommunikation auf Augenhöhe – aber wie?

So weit, so klar. Wäre da nicht die Altlast einer gewachsenen und oft heterogenen Applikations- und Datenlandschaft, die den CIO täglich in die Defensive drängt. Wie kann die Mittelfeldrolle der CIOs, die die digitalen Spielbälle für praktisch alle betriebswirtschaftlichen Tore liefern, weiter ausgebaut werden?

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Hilfestellung liefert hier das Modell der „drei Ebenen der Digitalisierung“: Es besagt, dass Amazon, Google und Co. seit 25 Jahren die digitale Wirtschaft der westlichen Welt deshalb dominieren, weil sie sich von Anfang an eine ideale IT für ihren Geschäftszweck geschaffen haben.

„Google hat sich in seinen Anfängen zunächst billige Hardware (CPUs) beschafft und diese dann mit eigener Software verbunden. Diese speziell entwickelte, „purpose-driven IT“ für den Suchmaschinenbetrieb und Online-Werbung war so effizient, dass das Unternehmen schrittweise begonnen hat, eigene Systeme als Cloud-Infrastrukturen für andere Firmen anzubieten. Amazon Web Services mit einer ähnlichen Entstehungsgeschichte erwirtschaftet heute große Teile des gesamten Amazon-Umsatzes“, unterstreicht Martin Giesswein.

Schlüssel zum Erfolg: „von Oben“ denken

Zusätzlich denken die großen Plattformfirmen wie Apple, Microsoft, Meta, Netflix und Co. immer von oben – also vom Geschäftsmodell her – und nicht von einem einzelnen Produkt aus.

Datenexzellenz und neuerdings aggressive Expansionsschritte in die KI-Welt zementieren die wirtschaftliche Dominanz der Digitalgiganten auch in Zukunft ein. Smarte Start-ups wie WhatsApp, Instagram oder LinkedIn werden aufgekauft und kommerziell und IT-technisch integriert. Alle Eigentümer, Gründer und Entscheider dieser Unternehmen vereinen technologische Expertise mit großem Geschäftserfolg.

Was müssen CIOs ändern?

Was CIOs auf jeden Fall tun können: Raus aus der Abhängigkeit der unteren Schicht der IT – Basis-IT und Infrastruktur. Oft sind es kostenintensive Standardsoftwares in eigenen Rechenzentren, die mit großem Aufwand an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden. Dies führt zu einer langfristigen „Geiselhaft“ durch Wartungsverträge und Release-Wechsel und binden wertschöpfungsorientierte Transformationen. Das heißt nicht, dass das Budget dort absolut geringer wird, der Fokus muss aber auf die beiden oberen Ebenen verlegt werden.

Notwendige CIO-Kompetenzen

Vielleicht muss der CIO nicht gleich zum CEO ernannt werden, aber seine Rolle wird in Zukunft noch stärker die eines Spielmachers für das gesamte Führungsteam sein.

Doch sind CIOs gut auf diese Aufgaben vorbereitet?

Laufende Kompetenzentwicklung ist eine klare Voraussetzung.

„Wenn wir CIOs, in unseren Programmen an der WU Executive Academy, nach den wichtigsten Kompetenzfeldern fragen, die sie mit Weiterbildungen stärken möchten, dann kommt am häufigsten: tieferes Kundenverständnis, betriebswirtschaftliches Know-how, strategische Kompetenzen, Führungstechniken, ESG-Wissen und das neueste KI-Know-how. Diesen Weiterentwicklungsdruck spüren aber auch die Mitarbeiter im CIO-Team“, konstatiert Martin Giesswein.

„Und genau das wollen wir mit unseren Weiterbildungsprogrammen wie dem Executive MBA Digital Transformation & Data Science oder unserem Kompaktprogramm AI Transforming Business tun. Knowhow und praktische Skills zur Verfügung stellen, die ein grundlegendes Verständnis für die Technologien und die darauf aufbauenden Management-Werkzeuge schafft. Damit können unsere Studierenden wirtschaftswissenschaftliches Wissen mit dem konkreten Bezug zur Digitalisierung verknüpfen und generelle Prinzipien, Mechanismen und Logiken im Hintergrund besser verstehen“, ergänzt Oliver Strasser.

Bedrohung für den CEO?

„Keine Sorge, die CEOs dieser Welt und anderen Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglieder brauchen sich nicht von erstarkten CIOs bedroht fühlen. Vielmehr wären Sie klug beraten, ihnen proaktiv die Hand zu reichen und den digitalen Partner aus der IT so gut es geht zu unterstützen“, resümiert Martin Giesswein.

Und seien wir ehrlich: Trotz langjähriger Digitalisierung und Transformation unserer Unternehmen geht einem starken Führungsteam die Gestaltungs- und Verwirklichungsmöglichkeiten nie aus – dafür sorgt schon die aktuelle Wirtschaftslage.

Allerdings: Eine starke CIO-Rolle als Verbündeten in der Wertschöpfung Richtung Markt zu haben, ist für jedes erfolgreiche Leadership-Team unbedingt ratsam.

https://executiveacademy.at

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