Klassische Werbung, ob im TV oder Radio, hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Wirksamkeit verloren. Dafür gewinnen Online-PR und Online-Relations an Bedeutung – aufgrund von mehr Sichtbarkeit und Effizienz.
Unser aller Leben findet online statt: Einkäufe, Urlaubsbuchungen, Arzttermine oder sogar Beziehungen. Damit ist das Internet zum wichtigsten Kommunikationskanal der Menschheit geworden. Darauf müssen sich Unternehmen immer wieder neu einstellen und sich neu justieren:
Welche Entwicklung war in der PR rückblickend besonders wichtig?
Die Antwort ist klar: das Internet bzw. die digitale Revolution. Heutzutage ist Online-PR aus der Kommunikationsstrategie für die meisten Unternehmen und Marken nicht mehr wegzudenken. Mit Beginn der digitalen PR wurden die Möglichkeiten der bisherigen Pressearbeit gesprengt. Früher war Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oft separiert vom Rest des Marketings, heute ist sie ein wesentliches Element. Für mich ist PR die Königsdisziplin der Markenkommunikation.
Trotz allem wird das Thema Pressearbeit bzw. Public Relations oft unterschätzt. Woran kann das liegen?
Es gibt Menschen, die denken: Kann ja nicht so schwer sein, ein paar Zeilen über ein Unternehmen oder Produkt zu schreiben und es dann an Journalisten zu verschicken. Das handwerkliche Können, das fachliche Knowhow und das jahrelange Aufbauen von Kontakten, eben das, was wir als PR-Berater so leisten, wird oft unterschätzt.
Was ich dann bei Beginn einer Zusammenarbeit beim Kunden vorfinde, sind Werbetexte, die wahllos an Medien per E-Mail verteilt wurden, keine einzige Platzierung bzw. keine „Clippings“ in den Medien und ratlose Gesichter. Pressearbeit ist eben keine Werbung und einfach mal so nebenbei gemacht.
Wie sieht in so einem Fall Ihre Handlungsempfehlung aus?
Ich erzähle eine Geschichte. Drehen wir das Ganze nämlich einmal um. Versetzen wir uns in die Lage einer Journalistin. Diese ist jeden Tag auf der Jagd nach spannenden Geschichten oder den neuesten Trends – natürlich abhängig vom Medium, für das sie arbeitet.
Sie wird der Chefredakteurin kaum sagen können, dass ihr Artikel inhaltlich daraus besteht, dass Firma Meier ab sofort neue schwarze Socken auf den Markt gebracht hat. Und denken wir das nochmal einmal weiter: Wer will sowas von uns Sonntag früh am Frühstückstisch in der Zeitung lesen? Was aber, wenn die Firma Meier schon seit 100 Jahren besteht, ein Familienunternehmen mit ganz viel Charme und Tradition und diese sich zum ersten Mal in der Firmengeschichte traut, schwarze Socken zu produzieren? In so einer Story steckt Potenzial, in den schwarzen Socken weniger.
Im Gegensatz zur klassischen PR-Arbeit steht bei strategischer Online-PR das Internet als Kommunikationskanal im Vordergrund, oder?
Ja, das Internet hat alles verändert und ist heute für uns in der Agentur im Rahmen der PR-Arbeit unser wichtigstes Tool. Im B2B-Bereich spielen Printmedien noch eine etwas größere Rolle, aber im B2C konzentrieren wir uns zu 90 Prozent auf Online.
Gerade junge Marken bzw. Start-ups legen den Fokus fast ausschließlich auf Online-PR. Diese möchten und müssen ihre Zielgruppe gezielt auf sich aufmerksam machen, um schnell Geld zu verdienen. Das kann durch Online-Medien gelingen. Ich sage bewusst “kann”, denn der Wettbewerb hier ist groß. Redakteure werden überschwemmt von Pressemitteilungen. Ein Journalist erhält bis zu 500 Pressemitteilungen in seinem E-Mail-Postfach pro Tag.
Welche besonderen Stärken sehen Sie in der Online-PR?
Online-PR ist im Gegensatz zur klassischen PR weniger auf Unternehmensnachrichten fokussiert. Hier dreht sich vieles um Inhalte und wie sich das Unternehmen positionieren möchte.
Wie eben schon erwähnt, spricht vor allem die Schnelligkeit und Effizienz für Online-PR. Wir können innerhalb von Stunden eine Story kreieren, diese aufbereiten und an die Medien verschicken. Es passiert öfter, dass wenige Minuten nach dem Versand erste Platzierungen gemacht werden. Das ist dann der Best Case. Und nicht zu vergessen, dass Inhalte auch über Kanäle wie Social Media oder die eigene Website direkt an die Öffentlichkeit kommuniziert werden können. Aber auch Online-Testings oder Online-Reviews in der Produkt-PR durch Redakteure, Blogger oder Influencer sind unglaublich wertvoll. Sie haben einen hohen Informationsgehalt, sind im besten Fall positiv und haben einen enormen Trust-Faktor.
Wann sprechen Sie persönlich von erfolgreicher PR?
Ich habe in der Vergangenheit alles erlebt. Wir hatten einen Kunden, bei dem mich 3 Minuten nach dem Versand der Pressemeldung gleich 4 Nachrichtenagenturen angerufen haben, gefolgt von Radio- und TV-Produktionen und wir konnten uns nicht vor Print- und Online-Clippings retten.
Das Reporting hat Tage gedauert und der Mediendienst hat für den Kunden am Ende ein Vermögen gekostet. Sowas passiert nicht jeden Tag, aber es war ein großartiges Gefühl und ich wusste in dem Moment, warum ich meinen Job liebe. Sowas passiert aber nicht unbedingt in der B2B- oder Produkt-PR, sondern eher bei wirtschaftlichen oder politischen Themen, wenn die Story so gut ist, dass sie in der Tagesschau landet und quasi jeder darüber spricht.
Dennoch liegt Erfolg immer im Auge des Betrachters und wird oft vom Kunden definiert. Es gibt PR-Projekte, die ich als erfolgreich betrachtete, weil ich als Expertin weiß, was möglich ist, aber der Kunde das nicht so sah. Er hatte andere Vorstellungen und war nur schwer zufriedenzustellen. Meistens trennen sich dann die Wege und es wird eine neue Agentur gesucht, bei der es meistens ähnlich abläuft und erst dann kommt beim Kunden der Aha-Moment.
Welchen PR-Tipp würden Sie Start-ups oder klein- und mittelständischen Unternehmen mit auf den Weg geben?
Ich finde das Thema CEO-PR und Personal Branding im Moment superspannend. Menschen möchten Gesichter sehen, Geschichten lesen, Werte spüren und sich mit Marken verbunden fühlen. Daher empfehle ich vor allem Gründern “Gesicht zu zeigen”. Das gilt aber auch genauso für CEOs und Führungskräfte, die schon länger dabei sind.
Die meisten sind Experten bzw. Spezialisten auf ihrem Gebiet und können damit auch viel für die Außenwahrnehmung eines Unternehmens oder einer Marke tun. Zudem ist es wichtig heute als öffentliche Person, die jeder CEO ja nun mal ist, eine klare Haltung zu zeigen, sich auch mal zu gesellschaftlichen Themen zu äußern und nicht nur versteckt im Kämmerlein zu agieren. Gerade die jüngere Zielgruppe legt großen Wert auf Transparenz und engagiertes Handeln. Sie kaufen nicht mehr nur blind Produkte, sondern möchten die Nähe zum Unternehmen spüren.
Welche Themen sind 2023/2024 für PR-Verantwortliche relevant?
Es gibt verschiedene Entwicklungen, die uns in den kommenden Monaten begleiten werden. Ich sehe es als wichtig an, hier als PR-Agentur, aber auch als Pressestelle innerhalb eines Unternehmens mit dem Fortschritt zu gehen. Großes Potenzial liegt vor allem in der digitalen Technologie und Tools wie ChatGPT, welches mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) bereits Texte erstellen kann.
Zudem wird eine nachhaltige und sozialpolitische Positionierung von Unternehmen immer wichtiger. Dafür braucht es wirkungsvolle Kommunikation und natürlich genügend Substanz seitens des Unternehmens. Ein weiterer Aspekt: PR und Marketing müssen noch mehr an einem Strang ziehen. Ein integrierter Kommunikationsansatz ist wichtig, denn PR sollte kein Einzelgänger sein. Auf einer Party sollten alle tanzen dürfen. PR-Experten müssen weiterhin auf der Suche nach neuen kreativen Kanälen sein, um Botschaften zu platzieren, wie zum Beispiel Podcasts oder eigene YouTube-Formate. Unternehmen und Marken müssen agil bleiben und sich stets neu hinterfragen, um wirklich wahrgenommen zu werden.