Alle reden über KI. Rund um Künstliche Intelligenz ist ein regelrechter Hype entstanden. Währenddessen nimmt im Bauwesen die Digitalisierung und die damit verbundene Automatisierung zahlreicher Planungs- und Bauprozesse weiter an Fahrt auf.
Welche Rolle wird KI hierbei künftig spielen? Welche Vor- aber auch Nachteile ergeben sich aus ihrem Einsatz in der Ziviltechnik und Generalplanung, und welche KI-Anwendungen werden bereits eingesetzt? Diesen Fragen geht Christian Lorenz nach:
„Da KI sehr stark auf die Auswertung von Daten und Bildern setzt, sehen wir das meiste Potenzial in der Planung und Ausführungsvorbereitung. Aber auch in der Dokumentation des Baufortschrittes und daraus abgeleitet in der Erstellung der As-built Dokumentation liegt viel Potential in der KI“, ist Christian Lorenz überzeugt.
Einsatz bei Bestandsobjekten
Eine Herausforderung bei Bestandsobjekten liegt in der oft fehlenden oder unvollständigen beziehungsweise ungenauen digitalen Dokumentation des Bestands.
„Um dies zu verbessern, setzen wir schon seit vielen Jahren die Methode der 3D-Scans bei Bestandsgebäuden ein. Insbesondere in der Industrie ist das ein entscheidendes Element, da viele Einbauten sichtbar sind und somit digital erfasst werden können. Die so erzeugten und zusammengesetzten Punktwolken dienen als Grundlage für die Erstellung von digitalen 3D-Modellen des Bestands. Hier lässt sich dann die KI recht gut einsetzen, in Form der Generierung von Bauelementen auf Basis der Punktwolken. Die ersten Ansätze und Programme dazu gibt es schon“, erklärt Christian Lorenz.
Darüber hinaus lässt sich KI auch dafür verwenden, Modellierungsvorschläge für jene Bereiche zu generieren, die im Zuge des 3D-Scans aufgrund von fehlender Zugänglichkeit nur teilweise erfasst werden konnten. Diese KI-generierten Modellierungsvorschläge könnten den Planungsprozess deutlich beschleunigen und die Effizienz steigern.
Künstliche Intelligenz in der Ziviltechnik
KI lässt sich im Zuge der Erstellung des digitalen Gebäudemodelles (Building Information Modeling, BIM) für die Weiterentwicklung der Kollisionsprüfung von Bauelementen einsetzen. Die Künstliche Intelligenz könnte bei erkannten Kollisionen automatisiert Lösungsvorschläge anbieten, was zu erheblichen Zeitersparnissen führen würde. Auch kann Künstliche Intelligenz bei der Ermittlung der Kosten von Bauwerken im Zuge der Planungsphase unterstützen, indem die Kostendaten aus zahlreichen abgewickelten Projekten ausgewertet und verarbeitet werden, um so bessere Prognosen treffen zu lassen.
Im Zuge der Ausführung kann KI bei der Qualitätskontrolle helfen. So lässt sich mit KI der lagerichtige und vollständige Einbau von Bauelementen wie Bewehrungsstahl oder Rohrleitungen überprüfen und dokumentieren. Ebenso kann die Umsetzung der geforderten Ebenheit von Bauelementen auf Basis von 3D-Scans mittels KI ausgewertet werden.
„Diese Möglichkeit gibt es schon und wird von uns in einem laufenden Projekt zu Testzwecken schon eingesetzt,“ so Christian Lorenz.
Ein weiteres Einsatzgebiet ist die digitale Abrechnung, wo die KI wiederum auf Basis von 3D-Scans das digitale Aufmaß und somit die Rechnung erstellen kann. Auch bei der Erstellung von Bestandsdokumentationen kann KI helfen. Wird ein Gebäude mehrmals im Zuge des Baufortschrittes gescannt, lässt sich daraus mittels KI ein Bestandsmodell generieren.
Vor- und Nachteile von KI
KI kann sicher besser und rascher wahrscheinlichkeitsorientierte Auswertungen und Vorschläge aus einer großen Menge an Daten herausarbeiten. Da sie aber auf Wahrscheinlichkeiten basiert, ist die Korrektheit und Fehlerfreiheit des Ergebnisses immer noch sorgfältig zu überprüfen
KI ist ebenso nur so gut wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird und auf denen KI aufbaut. Im schlechtesten Fall würde das bedeuten, dass schlechter Input zu schlechtem Output führt. Künstliche Intelligenz basiert gleichsam, wie bereits erwähnt, auf Wahrscheinlichkeiten. Daher ist ein Einsatz von KI für die statische Berechnung und somit zur Sicherstellung der Tragfähigkeit der Konstruktion auf Basis von Wahrscheinlichkeiten auszuschließen.
Generell basiert KI auf Informationen aus der Vergangenheit und versucht diese neu zusammenzusetzen. Das Unbekannte lässt sich somit nur schwer damit generieren. Daher ist es wichtig, dass der Mensch weiterhin eine zentrale Rolle spielt, insbesondere bei kreativen und innovativen Prozessen – denn KI fehlt eine wesentliche menschliche Komponente, nämlich die Emotion.
„Die Sprache der Architektur ist zutiefst emotional orientiert. Daher besteht noch viel Freiraum für den Menschen, sich zu entfalten. KI kann den Menschen unterstützen, aber nicht ersetzen, wenn es um das emotionale und kreative Gestalten von Architektur geht“, ergänzt Christian Lorenz abschließend.