Herr Schmidbauer, die Biogena Group ist ein österreichisches Unternehmen, welches 2006 gegründet wurde. Sie sind immer noch mit etwas mehr als 95% Mehrheitseigentümer – ungefähr 4% gehören der Biogena Group Invest AG, die im KMU-Segment der Wiener Börse notiert ist. Biogena entwickelt, produziert und vertreibt heute Vitamine und Mineralstoffe und bietet Dienstleistungen wie Biohacking und Medical Diagnostics an – zum Beispiel in der BIOGENA Plaza in Wien. Welche unmittelbaren, aber auch langfristigen Ziele haben Sie sich nun gesetzt?
Biogena versteht sich als Gesundheitscompany, und unser Ziel ist relativ einfach beschrieben: „Good Health“ und „Wellbeing“ weltweit vorantreiben – unsere Mission ist also gleichlautend mit dem 3. Nachhaltigen Entwicklungsziel (SDG) der Vereinten Nationen und verfolgt damit ein weltweit anerkanntes Entwicklungsziel.
Sie haben sich schon während ihrer Schulzeit unternehmerisch betätigt, sind mit dem Moped zu kleineren Unternehmen gefahren, um Fakturierungs-, Buchhaltungs- und Lohnverrechnungssoftware einzuführen. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft sind Sie, nach einem Abstecher im Finanzbereich, in die Selbstständigkeit als Unternehmensberater zurückgekehrt. Dabei sind Sie bei Ärzten auf Biogena gestoßen, und haben die Firma übernommen. Heute beschäftigt die Gruppe rund 400 Mitarbeiter:innen und erwirtschaftet über 81 Millionen Euro Umsatz. Welche spezifischen Erfahrungen haben Ihnen, retrospektiv betrachtet, speziell geholfen, um ein so großes Unternehmen zu führen?
Die Erfahrungen aus meiner frühen Beratertätigkeit, während der Schul- aber auch der Studienzeit, wo ich wirklich viele KMUs von innen gesehen habe, waren wahrscheinlich in Summe hilfreicher als die Universität, welche ich mir mit meiner Beratertätigkeit selbst finanziert habe.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen Nahrungsergänzungsmittel zur Geschäftsgrundlage zu machen und wie stark war der Wettbewerb zur Zeit der Übernahme?
Vor zwanzig Jahren waren Nahrungsergänzungsmittel noch ein Nischenthema, aber der Megatrend Gesundheit hat sich auch damals schon abgezeichnet und gesundheitliche Erfolge mit unseren Produkten in meinem Umfeld haben mich motiviert.
Am Markt tummelten sich bereits viele Anbieter, in Österreich haben wir bei über hundert Mitbewerbern zu zählen aufgehört. Aber wir haben mit unserer Qualitätsschiene und der Konzentration auf therapiebegleitende Produkte und den Beratungskanal Ärzte und Therapeuten unseren eigenen Markt definiert und geschaffen. Heute bietet sich ein ähnliches Bild, aber die Spreu hat sich vom Weizen getrennt. Neben Biogena als klaren Marktführer gibt es ganz wenige relevante Unternehmen in unserer Branche.
Wir unterscheiden uns durch unsere eigene Forschung und Entwicklung, unsere eigene österreichische Produktion in Salzburg und unsere überragenden Qualitätssicherung. „Be the best, take the best“ ist also kein Schlagwort für uns.
Energiewende, Bio-Diversität oder generell Nachhaltigkeit sind Themen, die bei Unternehmen weit oben auf der Agenda stehen. Generell herrscht hierbei der Konsens, dass die „grüne Transformation“ als Chance betrachtet werden sollte. Wie sieht die strategische Vision von Biogena für die nächsten fünf Jahre aus, und welche Rolle spielen dabei Nachhaltigkeit aber auch soziale Verantwortung?
Wir verfolgen ein People-Planet-Profit Geschäftsmodell, das bedeutet, dass wir danach trachten, Wirtschaft im Einklang mit der Umwelt sowie den Menschen zu sehen und dabei auch profitabel zu sein. Profit ist bei uns eine notwendige Rahmenbedingung, eine Leitplanke, die wir vor allem aus Gründen der Unabhängigkeit für wichtig halten.
Aber genauso wichtig ist das Ziel, unsere Tätigkeiten so umweltverträglich wie möglich zu gestalten. Das hat bei uns bereits vor einiger Zeit dazu geführt, dass wir CO2 neutral agieren. Wir sind insgesamt wertgetrieben: Verantwortung, Vertrauen, Respekt, Mut und Leistung – darum geht´s bei uns – das macht unsere Kultur aus. Davon ist unser Unternehmen geprägt.
Wie geht das genau bei Biogena und wie misst der Betrieb den Erfolg seiner Aktivitäten?
Wir bringen seit 2021 einen Nachhaltigkeitsreport heraus. Wir versuchen CO2 mit vielen Maßnahmen zu vermeiden beziehungsweise zu reduzieren. Was am Ende an nicht vermeidbaren Emissionen übrig bleibt, wird mit anerkannten zertifizierten Umweltprojekten ausgeglichen und Klimaneutralität hergestellt.
Unsere Maßnahmenliste ist lang, aber auf einige Projekte sind wir besonders stolz, zum Bespiel auf unsere ÖKO-Dose, in die wir unsere Kapseln packen. Diese wird aus Zuckerrohrderivaten hergestellt und bindet damit – ähnlich wie Holz – CO2, was wiederum bedeutet, je mehr Dosen wir verkaufen, desto mehr CO2-Bindung erfolgt. Heuer werden das bereits über 150 Tonnen CO2-Äquivalente sein.
Die größte Fahrzeugflotte an e-Minis gehört auch dazu, die werden natürlich mit eigenem Strom von den hauseigenen Photovoltaik-Anlagen betankt. Besonders stolz sind wir aber auch auf unsere Mehrweg-Transport-Behälter, mit denen unsere Produkte in unser Logistik-Zentrum in Oberösterreich reisen.
Herr Schmidbauer, die „Mission“ des Unternehmens ist es, Gesundheit und Wohlbefinden für möglichst viele Menschen weltweit zu ermöglichen. Sie erwähnten auch, dass Biogena ein wertegetriebenes Unternehmen sei, wo Verantwortung, Mut, Respekt, Vertrauen und Leistung den Alltag bestimmen. Orientiert sich die Innovationskultur bei Biogena entlang dieser Schlagwörter und wie werden Mitarbeiter:innen dazu ermutigt, neue Ideen einzubringen?
Wir haben Mitarbeiter:innen für die es selbstverständlich ist, neue Ideen einzubringen. Wir bieten das Spielfeld und den Rahmen und erwarten, dass die Freiräume genutzt werden und halten Fehler und Rückschläge für Lernchancen.
Wie hat sich die Forschungs- und Entwicklungslandschaft, bei Nahrungsergänzungsmitteln, im Vergleich zur Vergangenheit, verändert, und auf welche Innovationen ist Biogena besonders stolz?
Bei Biogena hat sich das Thema Forschung und Entwicklung stark weiterentwickelt. Wir haben über 20 akademisch ausgebildete Experten angestellt, die unsere Arbeit vorwärtstreiben.
Besonders stolz sind wir, dass wir die größte Studie zum Thema Mikronährstoffe mit fast 1.400 Teilnehmer:innen durchgeführt haben und dabei neben wissenschaftlich standardisierten Befragungen auch zig Blutparameter gemessen haben. Das gab´s in dieser Form noch nie. Wir wissen damit genau, was den Menschen fehlt und wie krass die Unterversorgung in der Bevölkerung ist. Allein bei Vitamin D zeigt sich, dass 90 Prozent der Menschen nicht im optimalen Bereich sind – und welche positiven Auswirkungen zu erwarten wären, würde eine optimale Versorgung erreicht werden.
Auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht – allein für Deutschland wurde in einer Studie (Zimmermann, A., The estimated benefits of vitamin D for Germany) bereits vor mehr als 10 Jahren ein Nutzen von über 37 Milliarden Euro pro Jahr errechnet. Wir setzen diese Erkenntnisse für optimierte Präparate und für Präventionsangebote wie kostenlose Knochendichtemessungen ein, und bieten Firmen an, beratend tätig zu sein. Gesunde Mitarbeiter sind das A und O in einem Unternehmen.
Inwiefern trägt Biogena zur Förderung der Gesundheitsbildung und des Bewusstseins für eine ausgewogene Ernährung bei?
Die Biogena Academy leistet bei der Wissensverbreitung sehr gute Dienste, vor allem auch online. Wir geben Wissen leidenschaftlich gern weiter.
Das ist auch unseren über 700.000 Kunden sehr wichtig und erklärt auch die hohe Öffnungsrate unserer Newsletter. Mit manchen erreichen wir mehr als 45%. Zudem engagieren wir uns mit laufenden Vorträgen und Fortbildungen wie in unserer GOOD HEALTH World in Koppl oder in der BIOGENA Plaza Wien, wo wir mit Kampagnen wie „fight osteoporosis“ und „fight tinnitus“ viel Basisinformationen anbieten.
Seit der Übernahme des Unternehmens konnten Sie unzählige Erfolge feiern. Sei es die Gründung des ersten Biogena Stores 2009 in Wien, erste Exporterfolge, die Etablierung an der Wiener Börse oder die Eröffnung des Produktionsstandortes in Koppl bei Salzburg – man könnte meinen es gab bis jetzt faktisch keine Rückschläge. Wie gestaltet sich aktuell die Auftragslage – wo läuft es gut, wo eher schlecht und worauf legen Sie, bei den Produkten, den Hauptfokus?
Wir wachsen aktuell mit rund 30% im Vergleich zum Vorjahr und liegen damit über dem langjährigen Schnitt von rund 25%.
Wie sich das allgemeine Wachstum in Österreich und Deutschland darstellt ist bekannt. Gerade eben wurden wir in die 100 innovativsten Unternehmen Österreichs eingereiht – in der Kategorie Handel und E-Commerce sind wir sogar in den TOP 3. Im November haben wir einen neuen Standort in Linz in der Schillerstraße eröffnet – Düsseldorf und London folgen kommendes Jahr. In Mailand haben wir soeben die Biogena Italy gegründet. Unsere Expansion geht also weiter.
Produktseitig geht es wie immer um Verbesserung der Wirksamkeit und um noch konkretere Berücksichtigung von spezifischen Interessengruppen – wie mit Biogena Sports oder Biogena Aesthetics.
In der Gesundheitsbranche gibt es faktisch keine Wachstumskritik – sie selbst geben bei künftigen Zielen die Richtung vor. Wachstum, Wachstum und Wachstum soll in den kommenden Jahren die prioritäre Orientierung sein. Helfen sollen dabei die gleich drei erfolgreich gezeichneten 7,5% Fixzinsanleihen 2024-2029 – die letzte mit einem Volumen von 10 Millionen – wo auch Kleinanleger:innen durch den People-Planet-Profit-Management-Ansatz die Möglichkeit erhalten, am Wachstum des Unternehmens teilzuhaben. Was können Sie uns über Erfolg, oder Misserfolg, von Finanzierungs-Projekten in den letzten Jahren berichten und mit welchen weiteren Projekten, abseits von Crowdfunding, plant Biogena seine Marktposition in den kommenden Jahren zu stärken und weiter auszubauen?
Wir verfolgen seit 2015 eine Politik des ausgewogenen Finanzierungsmixes aus eigener Cash-Flow-Finanzierung, Bankenfinanzierung und alternativen Finanzierungsinstrumenten. Das ist uns aus Unabhängigkeitsgründen wichtig, und auch, um unserer Investorencommunity attraktive Zinsmöglichkeiten zu bieten, womit sie von unserem Wachstum profitieren können.
Mit den gesamt 22 Millionen Euro, die wir mit unseren letzten drei Anleihen erzielt haben, können wir unser Wachstum gut finanzieren, dazu kommt ein Geschäftsmodell mit guten EBITA Margen von rund 20%. Wir stehen erst am Anfang einer langen Reise, die als nächsten Meilenstein die Vollauslastung unserer Produktion in Salzburg vorsieht. Das wird bei ungefähr 300 Millionen Euro Umsatz sein.
Das Umsatzwachstum kommt aus der zunehmenden Internationalisierung (derzeit etwas mehr als 50% des Umsatzes in über 70 Ländern mit der Zielsetzung 80%) und weiteren Produktfeldern und Divisionen. Die nächste Division wird Biogena Pets sein, mit der wir uns um die Gesundheit von Haustieren kümmern werden.
Welche Rolle spielen Partnerschaften und Kooperationen in der Wachstumsstrategie von Biogena?
Wir verstehen uns seit jeher als Unternehmen, dem Partnerschaften und Kooperationen sehr wichtig sind. Forschungskooperationen mit Universitäten genauso wie die praktische Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten, wo wir mit über 23.000 Partnern sehr gut aufgestellt sind.
Gibt es bereits jetzt, oder künftig, Produkte, mit denen sich Biogena von der Konkurrenz abhebt, beziehungsweise abheben wird?
Wir heben uns mit unseren 3 wichtigsten Prinzipien praktisch von jedem Konkurrenzprodukt ab.
- Wissenschaftlicher Hintergrund: Es gibt kein einziges Produkt ohne wissenschaftlichen Hintergrund. Dosierungen, Einnahmeempfehlung, Rohstoffwahl, Wechselwirkungsauslobung – alles basiert auf Wissenschaft, die durch unser über 20-köpfiges Expertenteam erfolgt und natürlich komplementär dazugehörige Wissensvermittlung über unsere Akademie.
- Made in Austria: Mit höchsten Ansprüchen an Arbeitsplatzsicherheit, Ergonomie, Fairness und Gleichberechtigung am Arbeitsplatz, was zur Biogena „Great Place To Work“-Auszeichnung seit zehn Jahren in Folge geführt hat.
- Transparenz: Wir zeigen allen Menschen in unserer BIOGENA GOOD HEALTH WORLD wie wir arbeiten und was uns wichtig ist. Jeder kann, zu den Öffnungszeiten, zu uns nach Koppl bei Salzburg kommen und sich selbst ein Bild machen – mehr Transparenz ist nicht möglich.
Themenwechsel: Herr Schmidbauer, sie sind ein „Self-made man“ der trotzdem noch immer mit beiden Füßen fest am Boden steht und haben einstweilen auch sicher Höhen und Tiefen in Wirtschaft und Industrie miterlebt. Wie beurteilen Sie die wirtschaftlichen, aber auch wirtschaftspolitischen Entwicklungen Österreichs der letzten zwanzig Jahre?
Österreich ist als Wirtschaftsstandort noch immer attraktiv, vor allem durch Rechtssicherheit, engagierten, fleißigen Menschen mit Verantwortungsbewusstsein, intakter Umwelt und hohem Ansehen in der Welt. Das sind alles Faktoren, die man nicht unterschätzen darf.
Bei Bürokratie, Lohnnebenkosten, zielgerichteten Förderungen, Venture Capital Markt und Internationalisierung gibt es allerdings Luft nach oben. Uns ist es wichtig, unsere Produkte in Österreich herzustellen, wenngleich wir uns sonst sehr international orientieren und vor allem international wachsen wollen.
Hatten die jüngsten globalen wirtschaftlichen Entwicklungen auch Auswirkungen auf Biogena, falls ja, wie hat das Unternehmen darauf reagiert?
Nein, für unsere Kunden spielt Gesundheit eine wichtige Rolle und der Großteil beginnt keinesfalls, bei Gesundheit zu sparen. Was meiner Meinung nach auch falsch wäre.
Wir möchten Sie gerne auch als Privatperson etwas näher kennenlernen, abschließend daher noch ein paar persönlichen Fragen:
Stimmt es tatsächlich, dass ihr Vater durch Einnahme von einem Biogena-Präparat seine Knieprobleme unter Kontrolle gebracht hat und selbst jetzt im Alter von 84 Jahren noch wandern geht?
Ja das stimmt, mit ein Grund für mich damals, Biogena zu übernehmen, neben vielen weiteren positiven Fallstudien im privaten Umfeld.
Mit welcher Person, aus der Gegenwart oder Vergangenheit, würden Sie gerne einen Tag verbringen und wie würde sich dieser Tag gestalten?
Ich hole mir viel Inspiration von Menschen, die außergewöhnliche Weg gegangen sind. Es wäre also eher eine Liste von Menschen, mit denen ich gerne einen Tag verbringen möchte.
Aber Arnold Schwarzenegger ist vielleicht ganz oben auf der Liste, und ich würde wahrscheinlich ein Training mit ihm machen wollen.
Wie schöpfen Sie abseits Ihres Berufes Kraft?
Leichte Frage: Durch Zeit mit meiner Familie und aus der Kunst.
Was inspiriert, was entspannt Sie und worauf sind Sie besonders stolz?
Ich kann mich wunderbar beim Schwimmen und beim Hundespaziergang entspannen, und bei einem guten Essen.
Inspiration hole ich mir durch das Lesen von Zeitschriften, Büchern oder beim Entdecken neuer Kunstwerke. Stolz bin ich darauf, dass ich andere Menschen gut sein lassen kann.
Was ist das Verrückteste, das Sie je in Ihrem Leben getan haben?
Meine Rottweiler-Hündin auf die Expopharm (Pharmazeutische Fachmesse – Anm. d. Red.) hineinzuschmuggeln und diese dann dort den ganzen Tag am Stand zu verstecken.
Was war der größte berufliche Stolperstein? Wie haben Sie ihn überwunden?
Da gab es viele – aber wichtig ist nicht, wie oft man oder warum man hinfällt, sondern dass man wieder aufsteht und weitermacht. Wie heißt es so schön: entweder man gewinnt oder man lernt.
Sie können EIN globales Problem lösen – welches wäre das?
Kriege – es ist niederschmetternd, dass immer wieder Menschen wegen kriegerischer Auseinandersetzungen leiden oder gar sterben müssen.
Herr Schmidbauer, wir wünschen Ihnen viel Erfolg für die Zukunft und herzlichen Dank für das Interview.
Danke Ihnen.