In wirtschaftlich angespannten Zeiten wird Kapital gerne dorthin gelenkt, wo es sich am effizientesten zu vermehren scheint. Das ist nachvollziehbar. Zahlen zählen. Aber gerade wer über Jahre gelernt hat, Geld nicht nur zu verwalten, sondern auch zu verstehen, weiß:
Es ist ein Unterschied, ob Kapital einfach nur rotiert – oder ob es strukturell etwas zurückgibt.
So fließen Jahr für Jahr Milliarden aus Österreichs Werbeetats an jene großen Plattformkonzerne, die einst unter dem Kürzel GAFA zusammengefasst wurden – heute heißen sie Meta, Alphabet, Apple, Amazon, manchmal auch Microsoft oder Netflix. Sie agieren global, automatisieren alles, was sich automatisieren lässt. Aber das hat einen Schönheitsfehler: Die Wertschöpfung findet nicht bei uns statt.
Datenverwertung statt Journalismus
Weder entsteht in Österreich relevante Wertschöpfung noch Beschäftigung noch Investition in gesellschaftliche Infrastruktur. Kein Journalismus, keine Inhalte, keine redaktionelle Einordnung. Stattdessen: Datenverwertung, Aufmerksamkeitsvermarktung, Plattformökonomie. Gesichtslos.
Jetzt ist der Moment, anders zu denken. Denn der Druck auf Medienhäuser im Land wächst – ökonomisch, technologisch, politisch. Redaktionen schrumpfen, Geschäftsmodelle erodieren, Fachkräfte wandern ab.
Und dennoch: Österreichs Medien leisten jeden Tag mehr, als bloß Content auszuspielen. Sie erklären, ordnen ein, machen sichtbar, was sonst untergehen würde. Sie schaffen Öffentlichkeit – eine der knappsten Ressourcen unserer Zeit.
Medien sind kein „nice to have“. Sie sind Grundstruktur. Standortfaktor. Identitätsraum.
Was oft übersehen wird: Die Medienbranche ist nicht nur Trägerin demokratischer Funktionen, sondern auch selbst Teil der Realwirtschaft. Sie schafft Arbeitsplätze mit kollektivvertraglichen Standards, bildet aus, investiert in Technologie, zahlt Abgaben. Sie steht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, der weit über Print oder Online hinausgeht: zu Druckereien, Agenturen, Logistikunternehmen, Technologieanbietern, freien Kreativen.

Kurz: Jeder Euro, der in österreichische Medien fließt, erzeugt Wirkung im Land – nicht bloß auf dem Screen.
Natürlich sind die Angebote von Meta & Co verlockend. Ihre Tools sind bequem, skalierbar, global. Und dennoch: Wer als Unternehmen oder Organisation Wert auf langfristige Wirkung legt – auf Markenstärke, auf gesellschaftliche Verankerung, auf kulturelle Anschlussfähigkeit –, kommt an regionalen Medien nicht vorbei.
Denn Reichweite ist nicht gleich Relevanz. Eine Werbebotschaft, eingebettet in einen glaubwürdigen medialen Kontext, hat ein anderes Gewicht als ein flüchtiges Banner, welches zwischen Videos und „Doomscrolling“ (exzessive Konsumation negativer Nachrichten im Internet mit möglichen psychophysiologischen Folgen – Anm. d. Red.) durchrutscht.
Wer heute auf Plattformen wirbt, bezahlt Sichtbarkeit – wer in Medien wirbt, erwirbt und erntet Vertrauen.
Die entsprechende Kampagne des Verbands Österreichischer Zeitungen bringt es auf den Punkt: Dem Geld selbst ist es egal, wohin es fließt. Aber den Menschen, die davon leben, ist es eben nicht egal. Und auch der Gesellschaft sollte es nicht gleichgültig sein, welche Kommunikationsräume sie mitträgt – und welche sie zunehmend sich selbst überlässt.
Klares Bekenntnis
Denn die Entscheidung für oder gegen österreichische Qualitätsmedien ist keine rein ökonomische. Sie ist auch ein Bekenntnis. Zum Standort. Zur Sprache. Zur demokratischen Öffentlichkeit.
Sie ist ein Zeichen, dass man verstanden hat, dass Wirtschaft nicht nur in Quartalen, sondern auch in Zusammenhängen gedacht werden muss. Dass lokale Verankerung ein Vorteil ist, kein Relikt. Und dass es sich lohnt, mit dem Werbebudget mehr zu tun, als bloß die günstigsten KPIs zu erfüllen.
Kapital kann viel. Aber gesellschaftliche Verantwortung tragen – das kann es nicht allein. Wer hier lebt, hier arbeitet, hier profitiert, sollte auch hier investieren: In Medien, die mehr leisten als nur Reichweite. In Journalismus, der nicht bloß kommuniziert, sondern Bedeutung und Vertrauen schafft und der die Gemeinschaft und gegenseitiges Verständnis fördert. In ein Österreich, das sich nicht aus der Hand geben lässt.
Autor: Markus Mair
 