Markus Mair: Brückenschlagen als wertvolles Mittel in volatilen Zeiten

Der CEO der Styria Media Group über Herausforderungen des Wissenschaftsjournalismus.
© Marija Kanizaj
Markus Mair: Brückenschlagen als wertvolles Mittel in volatilen Zeiten
Die TOP LEADER-Stimme der Medien: Markus Mair.

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Was wollen wir, die wir für Medien und deren Produkte verantwortlich sind, vom Berufsbild der Journalistin und des Journalisten, was erwarten wir uns? Sie müssen – egal welches Ressort und, so ist es gewünscht, egal welche Medienmarke, egal welche Plattform – Haltung und Handwerk mitbringen und leben. Haltung in Hinblick auf die moralische Ebene dieser Branche, als hehrer Anspruch und als wichtiger Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft sowie deren breit gefächertes Informationsangebot. Verantwortungsbewusstsein für ihr Tun und dessen Auswirkungen auf unser Publikum.

All das steht für Haltung. Handwerk braucht es in Hinblick auf Sensibilität für die Macht der Sprache, der Wortwahl, der Stilistik in Wort und Schrift. Das gilt für Print, Digital und jegliche Form der Kommunikation.

Daneben wollen wir möglichst breit gefächertes Wissen in unseren Redaktionen versammeln, auch Quasi-Quereinsteigerinnen und -Quereinsteiger mit spezifischen Ausbildungen abseits der schreibenden Zunft. Eine Rechtswissenschafterin, die zugleich auch Affinität für Medien und journalistische Neugier mitbringt. Einen Biologen, dessen besonderes Anliegen es ist, „seine“ Materie der breiten Gesellschaft näherzubringen, eine Brücke zu sein zwischen Fachsprache und Medienangebot.

Markus Mair: Brückenschlagen als wertvolles Mittel in volatilen Zeiten
© PantherMedia/VadimVasenin

Herausforderungen des Wissenschaftsressorts

Besonders wichtig ist dies meiner Meinung nach in den Wissenschaftsressorts. Nicht zuletzt Corona hat uns gezeigt, wie bedeutend es ist, die oft komplizierten Sachverhalte aus der Wissenschaft dem breiteren Publikum verständlich näherzubringen. Nicht belehrend zu sein, aber erklärend all das darzulegen, was Sache ist. Ordnung in vermeintliches Informationschaos zu bringen. Kompliziertes nicht zu vereinfachen – damit würde man es sich zu leicht machen –, aber möglichst so aufzubereiten, dass möglichst viele die Zusammenhänge nachvollziehen und verstehen können. Ein sehr, sehr hoher Anspruch an Journalistinnen und Journalisten, der täglich neu fordert. Auch in Post-Corona-Zeiten oder in Zeiten des Klimawandels.

Was ausgezeichneter Wissenschaftsjournalismus kann und leistet, zeigt sich oft besonders aus der Retrospektive. So hat etwa der preisgekrönte deutsche Wissenschafter und Redakteur Uwe George in einer Ausgabe der Zeitschrift „GEO“ im April 1984 bereits beängstigend zutreffende Prognosen bzgl. Klimawandel präsentiert und Phänomene beschrieben, die heute tatsächlich das Weltenklima prägen. Er führte dies in den frühen Achtzigern u. a. auf die Zerstörung des tropischen Urwaldes, den ständig steigenden Kohlendioxidgehalt in der Luft und damit auf den Raubbau und die Verbrennung fossiler Brennstoffe zurück.

Generell spricht Uwe George, laut seinen Recherchen, von der „Summe menschlichen Fehlverhaltens“, die zu klimatischen Konsequenzen führe. Ebenso sind da von wachsenden Ozeanen aufgrund des schmelzenden Polareises die Rede, dereinst brechenden Deichen und Sturmfluten. Was 1984 für die meisten vielleicht noch nach George Orwell klang (und nicht nur wegen der Jahreszahl), das ist heute erschreckende Realität geworden.

An diesem Beispiel zeigen sich die große Bedeutung des Wissenschaftsjournalismus und die immense Verantwortung jener, die in diesen Ressorts tätig sind.

Das gilt für die Arbeit in klassischen Medienhäusern ebenso wie für all jene, die in Podcasts und auf Social Media Wissenschaftsjournalismus betreiben. Allenfalls gilt: Die journalistische, sehr oft auch ressortübergreifende Berichterstattung über wissenschaftliche Erkenntnisse und Diskurse vermittelt im Idealfall wie eine Art Brücke zwischen den Experten und der Öffentlichkeit. So werden wissenschaftliche Erkenntnisse in einen größeren Rahmen eingeordnet – fernab von Wissenschafts-PR – und dienen der Orientierung und Horizonterweiterung.

Die Bedeutung dieses Ressorts ist unverändert groß und wird vermutlich noch weiter steigen, weil es gerade in einer Zeit der Überinformation gilt, sich auf verlässliche Quellen stützen zu können. Als Schreibende wie als Lesende. Die wachsende Anzahl an Preisen und Auszeichnungen für Journalistinnen und Journalisten im Wissen-Ressort ist Beweis für die seit den 1980ern, steigende Wertschätzung und Bedeutung der Brückenfunktion hin zu all jenen, die neugierig sind auf all das, was unsere Welt heute und morgen prägt.

Autor: Markus Mair

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