Kurt Seinitz: Papst Leo XIV. hat ein Trump-Problem – zwei Amerikaner, zwei Welten

Die doktrinären Katholiken im Lager von Donald Trump sind „päpstlicher“ als der Papst.
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Kurt Seinitz: Papst Leo XIV. hat ein Trump-Problem – zwei Amerikaner, zwei Welten
Kurt Seinitz, österreichischer Journalist und Buchautor.

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Es hatte geheißen, die Kardinäle würden niemals einen Papst aus den USA wählen: das Land sei zu mächtig, die Katholiken zu glaubensschwach. Noch dazu hatte sich Präsident Trump kurz zuvor blasphemisch selbst als Papst dargestellt.

Es kam anders. Die Kirche denkt in anderen Kategorien. Person und Lebensgeschichte des US-Amerikaners Robert Francis Prevost (bürgerlicher Name von Papst Leo XIV. – Anm. d. Red.) überstrahlten alle Bedenken. Papst Leo XIV. steht für alles, was der Welt eines Donald Trump widerspricht, sei es das Vorgehen gegen Ausländer, sei es die Obsorge für den Planeten, sei es der Sozialdarwinismus. Liberale hoffen sogar, dass Leo XIV. zum Gegenpol der MAGA-Ideologie (Make-America-Great-Again-Ideologie – Anm. d. Red.) wird, so wie es Papst Johannes Paul II. zum Kommunismus gewesen war.

US-Katholiken: Aufstieg aus der Unterschicht

Worauf müssen sich Papst und Präsident aus dem gleichen Land bei ihrer ersten Begegnung gefasst machen? Leo XIV. scheut, wie er bereits gezeigt hat, keine offenen Worte, allerdings mit diplomatischem Geschick. Er ist nicht der „Spontifex“ wie sein Vorgänger Franziskus und kein Polterer wie Trump. Er hört zu, überlegt, wägt ab, legt sich dann fest und trifft eine Entscheidung – nachhaltig.

Die Katholiken in den USA sind zwar mit etwa 24 Prozent die größte Religionsgruppe, hatten früher aber wenig gesellschaftliches Gewicht. Es war die Unterschicht: Latinos, Iren, Italiener, philippinische Dienstmädchen. Sie waren in der Republik, die aus einem Unabhängigkeitskrieg entstand, stets von gesellschaftlichem Argwohn begleitet, da ihr „Chef“ im Ausland sitzt, in Rom. Erst mit Präsident John F. Kennedy gelangte ein Katholik ins Weiße Haus, und das war damals eine Sensation.

Mit dem Aufstieg des Trumpismus erleben die US-Katholiken einen erstaunlichen gesellschaftlichen Durchbruch. Sie erlangten im Weißen Haus Schlüsselpositionen. Im Trump-Regime hat sich eine Gesellschaftsschicht von „Elite-Katholiken“ breit gemacht: ultrarechts, doktrinär, religiös fundamentalistisch. In ihren Augen ist der falsche Amerikaner Papst geworden.

Besonderer Eifer der Trump-Katholiken

Das besondere Phänomen sind dabei die Konversionen zu diesem MAGA-Katholizismus, repräsentiert durch Vizepräsident JD Vance, dem Chefideologen des Trumpismus:

„Es gab eine Stimme in meinem Kopf, die Besseres von mir verlangte“, begründet er seine Konversion. Konvertiten wie er zeichnen sich durch besonderen Eifer aus: „Ohne christliche Renaissance stirbt Amerika. Unser Land muss zu Gott zurückfinden.“

Kurt Seinitz Papst Leo XIV. hat ein Trump-Problem – zwei Amerikaner, zwei Welten
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Der erst seit 2019 bekennende Katholik bringt es fertig, die katholische Soziallehre von Papst Leo XIII. heranzuziehen, um die Abschiebepolitik zu verteidigen. Er ordnet die katholische Welt in Rangfolgen: erst Liebe zur Familie, dann zur Nation, und zuletzt erst zur Welt. Das hatte bei Papst Leo, damals noch Kardinal, auf der sozialen Plattform X offenen Widerspruch geweckt: „Jesus fordert uns nicht auf, unsere Liebe zu anderen in eine Rangfolge zu bringen.“

Rechtskatholiken gehören zu den verlässlichen Wählern Trumps. Eine Reihe von amerikanischen Promis hat ihre Konversion zum Katholizismus öffentlich gemacht und auch mit einem Bekenntnis zu Trump verbunden. Das ist eine erstaunliche neue Entwicklung, weil „Rechts“ in den USA traditionell eigentlich mit anti-katholisch verbunden war.

„Konservative Katholiken, die oft traditionalistischen Richtungen der katholischen Kirche nahestehen, haben Mitschuld an der religiösen Überhöhung Trumps und er hat sie sich mit dem ihm eigenen Machtinstinkt übergestülpt“, beklagt die in Chicago, der Geburtsstadt von Papst Leo, an der dortigen Loyola-Universität lehrende deutsche Theologin Hille Haker.

Sie ortet darin einen Missbrauch der Religion für politische Zwecke. Nicht zuletzt die Aussage von Papst Franziskus, so die Theologin, Katholiken sollten sich bei der Wahl 2024 für das „kleinere Übel“ entscheiden, habe die katholische Kirche zum Komplizen des christlichen Trump-Nationalismus gemacht.

Trump ein neuer Christen-Kaiser Konstantin?

Fanatische Trump-Katholiken vergleichen ihr Idol, das bekanntermaßen ein unchristliches Leben führt, mit dem römischen Kaiser Konstantin dem Großen, der zwar nicht getauft war, seine halbe Familie umgebracht hat, aber das Christentum befreite. Er gilt daher als Werkzeug Gottes.

So ein Erweckungserlebnis hatte auch der katholische Gesundheitsminister Robert Kennedy Junior. Der Impfgegner und Verschwörungsmystiker erklärt, eine tiefe spirituelle Erleuchtung habe ihn von seiner Drogenabhängigkeit gerettet.

Auf besondere Weise öffentlich gemacht hat seinen Katholizismus Außenminister Rubio. Er trugt am Aschermittwoch ein Aschenkreuz auf der Stirn. Sein religiöser Fanatismus äußerte sich auch in einer Anweisung, Angehörige des Außenministeriums sollen künftig „antichristliche Voreingenommenheit“ von Kollegen melden.

In den USA formiert sich ein neuer mächtiger Neokatholizismus, der Trump treu ergeben ist. Sein früherer ultrakonservativer Weggefährte und Online-Publizist Steve Bannon („Breitbart News“) sagt es geradeheraus:

„Die Wahl von Leo XIV. war die schlechteste Entscheidung für die MAGA-Katholiken. Es war ein Anti-Trump-Votum der Globalisten in der Kurie.“

Erstveröffentlichung Kronen Zeitung

Autor: Kurt Seinitz

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