Terezija Stoisits, Vorstandsvorsitzende des VWI: „Mit Jochen Böhler haben wir einen herausragenden Wissenschaftler nach Wien geholt, der über fundierte internationale Erfahrung in der Holocaust-Forschung verfügt. Er bringt praktische Kenntnisse mit, um wissenschaftliche Forschung im Sinne von Public History breitenwirksam zu diskutieren, ein zentrales Anliegen unseres Instituts. Seine Expertise zur Geschichte Osteuropas wird den Forschungsbereich und die Bedeutung des VWI zusätzlich stärken. Wir sind überzeugt, dass er besondere Akzente setzen wird, um das Erbe und Vermächtnis Simon Wiesenthals zu wahren und anhand aktueller Herausforderungen zu reflektieren.“
Jochen Böhler, der neue Direktor: „Information ist Abwehr, meinte Simon Wiesenthal in ‚Recht, nicht Rache‘. In diesem Sinne möchte ich die Sichtbarkeit des VWI noch erhöhen, sein institutionelles und internationales Netzwerk weiter ausbauen und sein thematisches Profil in Anlehnung an die Ikone Wiesenthal schärfen. Das heißt für mich eine besondere Orientierung am Habsburger Judentum in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, an den NS-Verbrechen in Österreich und den besetzten Ländern Ostmittel- und Südosteuropas sowie der Aufarbeitung und den Folgen des Holocaust. Dabei setze ich auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Partnern des VWI in der österreichischen Forschungs-, Kultur-, Medien- und politischen Landschaft.“
Jochen Böhler, geboren 1969, ist international anerkannter Experte für Gewaltgeschichte in Osteuropa im 20. Jahrhundert. Studium der Geschichte, Ethnologie und Volkswirtschaft an der Universität zu Köln. Während seines Aufenthalts am Deutschen Historischen Institut Warschau von 2000 bis 2010 baute er als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Forschungsabteilung „Krieg und Fremdherrschaft im Zeitalter der Extreme“ auf, wirkte an TV-Dokumentationen mit, gab mehrere Bücher mit heraus und kuratierte eine deutsch-polnische Ausstellung, die ab 2004 in ganz Polen und Deutschland zu sehen war.
2010 ging er an das Imre Kertész Kolleg Jena; 2019 erschien seine Monographie „Civil War in Central Europe. The Reconstruction of Poland 1918–1921“ (Oxford University Press), mit der er sich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena habilitierte. Nach Stationen am Centre for Advanced Holocaust Studies des United States Holocaust Memorial Museum in Washington, am International Institute for Holocaust Research, Yad Vashem, in Jerusalem und einer Gastprofessur an der Pariser Sorbonne-Universität, vertrat er zuletzt von 2019 bis 2022 die Professur für Osteuropäische Geschichte in Jena.