Red Bull ist der größte Gewinner von Ibiza-Gate.
Dietrich Mateschitz feierte vor Kurzem seinen 75. Geburtstag.
Und wer soll eigentlich sein Nachfolger werden?
Ibiza-Gate – das heimlich gedrehte Video, das Ex-Vizekanzler Heinz Christian Strache und FPÖ-Parteifreund Johann Gudenus als negative Protagonisten zeigt – hat für ein Polit-Erdbeben in Österreich gesorgt. Auch wenn das ganze Ausmaß der Konsequenzen dieses Videos noch immer nicht absehbar ist, gibt es doch jetzt schon einen klaren Gewinner: Der starke Vodka-Red Bull-Konsum der beiden Politiker während ihres Treffens mit der vermeintlichen Oligarchennichte hat für Didi Mateschitz‘ Energydrink-Marke einen zumindest siebenstelligen Werbewert, hat eine Analyse der APA-DeFacto ergeben. Allein die Nennungen in den österreichischen Printmedien innerhalb der ersten Woche nach dem Platzen des Skandals ergaben einen Werbewert von 1,32 Millionen Euro. Dabei wurden audiovisuelle Erwähnungen sowie die zahllosen Memes auf den diversen Social Media-Plattformen noch gar nicht berücksichtigt.
Ein neuer Rekord
Im Vorjahr verkaufte Red Bull weltweit 6,79 Milliarden Dosen – so viele wie nie zuvor. Doch Firmengründer Dietrich Mateschitz hat um den Getränkekonzern herum längst ein Sport-, Medien-, Immobilien- und Gastronomie-Imperium aufgebaut – und in der Obersteiermark einem ganzen Tal zu neuen Impulsen verholfen.
Am 20. Mai 2019 feierte der Selfmade-Milliardär und reichste Österreicher seinen 75. Geburtstag. Der Energydrink war zwar nicht seine Erfindung, aber dass aus dem Aufputschmittel aus Asien ein modern verpacktes Genussmittel wurde, das, geschickt vermarktet, den globalen Siegeszug antrat, ist ohne Zweifel sein Verdienst. Mateschitz arbeitete vom Start weg massiv am Image seines Getränks, sponserte die alternative Club-Szene und Extremsportarten und reinvestierte konsequent beachtliche Summen ins Marketing. Mit wachsendem Erfolg stieg er sukzessive in den Breitensport ein: Heute betreibt Red Bull Eishockey-Mannschaften, Fußballvereine sowie Formel 1-Rennställe und unterhält Verträge mit mehreren Hundert Athleten.
Dabei hatte alles ganz klein begonnen. Auf der Wiener Hochschule für Welthandel, der heutigen Wirtschaftsuniversität, studierte der Sohn eines Lehrerehepaars einst Betriebswirtschaft („zwei, drei Jahre länger, als ich vielleicht hätte müssen“). Nach seinem Uni-Abschluss war der gebürtige Steirer – er wurde in St. Marein im Mürztal geboren – für Jacobs Kaffee und die damalige Unilever-Tochter Blendax tätig. Beim Zahnpasta-Hersteller stieg er bis zum Marketingdirektor auf. Während einer Dienstreise wurde er in Asien auf Aufputschgetränke aufmerksam. Er ahnte das Potenzial in genau diesem Produkt und beschloss, es in Europa auf den Markt zu bringen. Mateschitz erwarb die Lizenzrechte am thailändischen Energydrink „Krating Daeng“, auf Englisch „Red Bull“, und gründete gemeinsam mit der thailändischen Herstellerfamilie Yoovidhya das Unternehmen Red Bull.
Der Rest ist Geschichte
Heute ist Mateschitz nicht nur der reichste Österreicher, sondern einer der reichsten Menschen der Welt. Das US-Magazin Forbes listete ihn zuletzt mit einem Vermögen von 18,9 Mrd. US-Dollar (16,9 Mrd. Euro) auf Rang 53 in seinem Milliardärs-Ranking. Der bekennende Jeansträger stellt sich aber so gut wie nie selbst in den Mittelpunkt, sondern höchstens sein Produkt. „Didi“, wie ihn Freunde nennen, gilt als öffentlichkeitsscheu; Zeitungsinterviews sind selten, TV-Interviews gibt er grundsätzlich nicht.
(Auch) Ein Wohltäter
Mateschitz ist Mitbegründer der Stiftung „Wings for Life“, die Querschnittslähmung heilbar machen will. Und er stellte der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg für ein Forschungszentrum zu Rückenmarksverletzungen 70 Mio. Euro zur Verfügung – das ist eine der größten Spenden, die in Europa je von einer Privatperson an eine Universität gegangen ist!
Auch im Kleinen gibt sich der Red-Bull-Boss oft großzügig. Einem Burschen, der ihm – ohne ihn zu erkennen – einmal in einem Musikgeschäft etwas auf der Harmonika vorspielte, bezahlte er kurzerhand eine neue „Steirische“.
Doch der Mäzen und Menschenfreund hat auch eine zweite Seite und an seinen Launen hängen mitunter Schicksale. Als Mitarbeiter von ServusTV 2016 gegen seinen Willen einen Betriebsrat gründen wollten, drehte Mateschitz den Fernsehsender von einem Tag auf den anderen einfach ab; 264 Mitarbeiter standen vor dem Aus – bis sich der Red-Bull-Boss doch noch überzeugen ließ, den Sender weiterzuführen. Nach breiten Beteuerungen, dass es keinen Betriebsrat geben werde, wohlgemerkt.
Mateschitz besitzt zwar eine Insel im Südpazifik, fällt aber mit einer tiefen Verbundenheit zum alpinen Kulturraum auf. Davon zeugen nicht nur die Ausrichtung seines TV-Senders und der Zeitschriften- und Buchverlage. Er besitzt zahlreiche Wirts- und Gutshäuser, erwarb Schlösser, Hotels und eine Brauerei – und ließ sie liebevoll renovieren. Ihm gehören zudem Wälder, Weinberge und Fischteiche. Und die Heimatverbundenheit freut auch das Finanzamt: Red Bull zahlt seine Steuern in Österreich und bedient sich laut Mateschitz keiner windigen Konstrukte mit Sitz in Panama oder auf den Cayman Islands.
Sport machte die „Dose“ groß
2014 holte „Mr. Red Bull“ mit dem Grand Prix von Österreich die Formel 1 in die Steiermark zurück und ist dort Partner des Bundesheers bei der Flugshow Airpower. Damit sorgte er für Impulse in einer Region, die unter dem Niedergang der Schwerindustrie besonders gelitten hat. Von seiner Leidenschaft fürs Fliegen zeugen die „Flying Bulls“, eine Flotte historischer Flugzeuge und Hubschrauber, und der „Hangar 7“ am Salzburger Flughafen.
Mit seinen politischen Ansichten hielt sich Mateschitz lange zurück – bis er 2017 in der Kleinen Zeitung heftige Kritik am Umgang der Regierung mit der Flüchtlingskrise äußerte. Er kritisierte zudem die Scheinheiligkeit der „Wir schaffen das“-Rufer, teilte gegen die Grünen aus und lobte Sebastian Kurz, damals noch als Außenminister.
Offene Kritik an Mateschitz und seinem Unternehmen ist selten. „Er ist Herrscher über ein geschlossenes System, eine abgeschirmte Welt, aus der nur die Lust der Sportler, die Leidenschaft für das Risiko und die Gier nach Erfolg nach außen dringen sollen“, schrieb die deutsche Tageszeitung FAZ. Und er ist Herr eines Apparats, der den Mitarbeitern viel bietet, ihnen aber auch viel abverlangt. Mateschitz, der mit Langzeitfreundin Marion Feichtner in Salzburg lebt, meinte einmal, jeden Tag zehn bis zwölf Dosen Red Bull zu trinken. Wegbegleiter loben ihn als Visionär, der Ideen konsequent zu verwirklichen trachtet und dabei nichts dem Zufall überlässt.
Was kommt „danach“? Und wer?
Die wichtigen Entscheidungen im Konzern trifft der inzwischen 75-Jährige nach wie vor selbst. Als möglicher Nachfolger für das Firmenreich wird sein einziger Sohn Mark aufgebaut; der 27-Jährige entstammt einer früheren Beziehung von Mateschitz, hat mittlerweile dessen Nachnamen angenommen und im Haus als Geschäftsführer der Red-Bull-eigenen Brauerei „Thalheim“ Fuß gefasst.
Noch Fragen?
1) International groß ausgezeichnet!
Vor Kurzem wurde The Red Bulletin – das Lifestyle-Magazin aus dem Red Bull Media House – bei den ACE Newspaper & Magazine Awards in London gepriesen. Die Association of Circulation Executives (ACE) veranstaltet diese Preisverleihung seit 68 Jahren, die Awards sind die höchsten Auszeichnungen der Zeitungs- und Zeitschriftenbranche in Großbritannien. The Red Bulletin gewann die Rubrik „Free Publication of the Year“.
2) Wie investiert Mateschitz?
Die Start-up-Plattform brutkasten.com hat sich angeschaut, welche Investments Dietrich Mateschitz tätigt; demnach setzt dieser „primär auf die bekanntesten Fonds Österreichs“. Das einzige heimische Start-up, an der Red Bull-Chef direkt über seine Dietrich Mateschitz Beteiligungs GmbH investiert, ist das Paketdienstvergleichsportal Checkrobin.
3) Ein ganz wichtiger Tipp
Mehr über Dietrich Mateschitz lesen Sie auf den Seiten 60-63 in TOP LEADER Das Jahrbuch der österreichischen Wirtschaft, Edition 2019!