Mit Beginn der Pandemie Anfang 2020 war die Verunsicherung groß, ob die diversen Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen auch die Investitionen in Immobilien zum Versiegen bringen würden. Zum Glück war teilweise sogar das Gegenteil der Fall. Hervorzuheben ist hier einerseits das Wohnsegment, da sich auch die berufliche Betätigung stark in die eigenen vier Wände, das Homeoffice, verlagerte und Wohnen als wenig konjunkturabhängige Assetklasse wahrgenommen wird. Andererseits trifft das noch stärker auf Logistikimmobilien und innerhalb dieses Segments auf die sogenannte „Last Mile Logistik“ zu, da sich im Zuge der Lockdowns die stationären Handelsumsätze mit unheimlicher Dynamik ins Internet verlagerten und damit die Nachfrage nach den für die Abwicklung der Warenströme erforderlichen Lagermöglichkeiten durch die Decke ging.
Die gegen Ende des vergangenen Jahres einsetzende Diskussion, wann das Ende der Nullzinspolitik der EZB eingeleitet werden solle und die Frage, wie viele Zinsschritte im Jahr 2022 erfolgen sollen, hat zwar leichte Verunsicherung ausgelöst, aber kein Nachlassen der starken Immobiliennachfrage nach sich gezogen. Auch vom Ausbruch der Ukrainekrise zeigten sich sowohl die Nachfrage als auch die Immobilienpreise bis Mai weitgehend unbeeindruckt.
Mit Einsetzen der Teuerung und dem enormen Preisanstieg vor allem bei Energie und Rohstoffen kam es allerdings auch im Immobilienbereich zu einer Abkühlung der Nachfrage.
Aufgrund der vielen, für den Kapitalmarkt negativen, Entwicklungen bildete sich die Marktmeinung, dass sich die Situation am Investmentmarkt ändern und die Nachfrage zurückgehen werde. Was das für die Renditen bedeutet, das war und ist aber nicht absehbar. Wie immer, wenn Kapitalmärkte reagieren, kommt es zuerst zu einer Überreaktion. Vor allem am europäischen Markt wurden viele Transkationen „on hold“ gesetzt bzw. versucht, bereits erzielte Vereinbarungen nachzuverhandeln.
Das Problem dabei ist aber, dass niemand weiß, wie stark sich die Situation eintrübt und die Renditen steigen werden. Im Laufe des Sommers ist es deswegen zu einem merkbaren Rückgang der Transaktionstätigkeit gekommen.
Andererseits bewirkte die stark angestiegene Inflation, dass die Investoren die Bindung der Mieterträge an die Inflationsentwicklung als Motiv für Immobilieninvestitionen quasi neu entdeckten. Die gestiegenen Zinskosten werden bei Bestandsobjekten durch die an die VPI-Entwicklung geknüpften Mieterträge überkompensiert und bieten den Investoren eine gute Absicherung gegen die voranschreitende Geldentwertung. Die Immobilie als Sachwertveranlagung beginnt sich gegen die Zinsängste durchzusetzen.
Deswegen wird der Immobilieninvestmentmarkt in der traditionell stärkeren zweiten Jahreshälfte unseres Erachtens einen „Rebound“ zeigen. Natürlich muss man die Situation differenziert sehen und es wird vor allem davon abhängen, wie bonitätsstark die jeweiligen Mieter:innen sind und ob sie sich das gestiegene Mietniveau nachhaltig leisten können.
Daher unser Fazit: Obwohl die Immobiliennachfrage über den Sommer durch ein Tief gegangen ist, gibt es gute Gründe, warum Investoren auch im Herbst und in weiterer Folge im kommenden Jahr verstärkt in Immobilien investieren werden.
Autor: Michael Ehlmaier